Julia Collection Band 62
Alices Zukunft nicht aus Suzannes Blickwinkel sehen. Ich wollte sie nicht verstehen, wollte sie nicht so stark begehren oder erkennen, wovor sie sich fürchtet.
Es musste eine Möglichkeit geben, sicherzustellen, dass Alice die Dinge bekam, die sich Suzanne für sie wünschte. Liebe und Einfachheit und die Chance, natürlich aufzuwachsen.
Doch vielleicht hatte Suzanne recht. Vielleicht konnte er das nicht garantieren, wenn er gleichzeitig wollte, dass Alice Aragovia diente.
Während ihn diese Zweifel plagten, dachte er auch daran, dass die Anhörung über das Sorgerecht für die kommende Woche angesetzt war.
„Ich mache einen kleinen Spaziergang mit ihr, das ist alles“, sagte Rose zu Suzanne. „Wir werden mit keinen Fremden sprechen, nicht wahr, meine Süße? Wir werden dir keine Bonbons geben und auch sonst nichts, was nicht gut für dein kleines Bäuchlein ist, Engelchen!“
„Nicht einmal zu viel von der Flasche auf einmal, Mom, denn dann spuckt sie alles wieder aus. Und nicht länger als anderthalb Stunden, denn dann muss ich sie wieder an das Sauerstoffgerät anschließen.“
„Honey, das hast du mir alles schon erklärt. Eine Mutter vergisst so etwas nicht, okay? Ärzte geben viel zu viel auf Statistiken und Zahlen. Sie hängt jetzt ja auch nicht an dem Sauerstoff, und es geht ihr wunderbar.“
„Mom …!“
„Ich bringe sie rechtzeitig zurück. Natürlich. Vielleicht kaufe ich ihr etwas zum Anziehen oder so.“ Rose wirkte so aufgeregt wie ein Kind, dem man einen Zoobesuch versprochen hatte.
„Der Arzt meint, sie soll sich nicht in geschlossenen Räumen mit vielen Menschen aufhalten“, warnte Suzanne ungeduldig.
„Okay, okay, kein Einkaufsbummel“, gab ihre Mutter sofort nach. „Nun entspann dich, Honey!“
Suzanne half Rose dabei, das Baby mit dem Kinderwagen nach unten auf die Straße zu tragen, ermahnte sich krampfhaft, sich zu beruhigen, während sie den beiden nachwinkte, und ging dann in die Wohnung zurück, um etwas Sinnvolles zu tun. Ein Nickerchen? Nein, sie würde nicht schlafen können. Den Abwasch? In fünf Minuten erledigt. Dann die Wäsche. Es gab genug davon, seit sie Alice zu Hause hatten.
Der Waschsalon auf der Neunten Straße war laut und überheizt. Während sie auf die schleudernden Kleidungsstücke blickte, wirbelten Suzannes Gedanken fast genauso rasant.
Es war wahrscheinlich, dass die Anhörung nächste Woche einige Antworten bringen würde, doch nicht sicher. Wenn Feldmans Entscheidung zugunsten von Rose ausfiel, wusste sie nicht, ob sie das akzeptieren könnte. Würde sie seine Empfehlung anfechten und das Ganze vor ein offizielles Gericht bringen?
Das könnte ich Alice nicht antun. Ich würde es nicht über mich bringen, eine solche Unsicherheit über ihre Zukunft zu legen. Ich würde eher Mom gewinnen lassen und hoffen, dass sie zu ihrem Wort steht und mich die Kleine weiter sehen lässt. Das hat sie versprochen, aber ich traue ihr nicht.
Würde Stephen allerdings einen Zuspruch für Rose akzeptieren? Nein. Wenn er müsste, würde er die Sache zu einer diplomatischen Angelegenheit Aragovias machen.
Und vielleicht war das der einzige Punkt, der wirklich zählte. Nicht sie oder ihre Mutter. Bei dem, was Stephen wollte, gab es keine Kompromisse. Selbst wenn sie seine Sichtweise nun besser verstand, gab sie sich niemals dieser Illusion hin.
Als sie sich auf den Rückweg zu ihrer Wohnung machte, dachte sie, dass Rose mit Alice schon zurück sein müsste, denn die Kleine musste bald wieder an ihr Sauerstoffgerät. Doch die beiden standen weder vor der Tür noch im Treppenhaus. Suzanne schaute auf die Uhr. Alice war jetzt seit einer Stunde und fünfunddreißig Minuten ohne ihre Atemhilfe.
Die Schritte, auf die sie wartete, kamen fünf Minuten später, als sie die noch feuchte Wäsche über Stuhllehnen und Heizkörper hängte. Ihre Hände zitterten allmählich vor Angst, und sie lief voller Erleichterung zur Tür.
„Mom! Gott sei Dank! Du warst zu lange …“ Doch sie erstarrte, als sie die Tür öffnete und erkannte, dass es sich gar nicht um ihre Mutter handelte. Stephen wollte gerade den Schlüssel ins Schloss stecken. „Oh!“
Sie trat zurück, und ihre ganze Enttäuschung überflutete sie.
„Du hast Rose erwartet?“, fragte er. Er trug wieder den teuren dunklen Anzug, in dem er wie der geborene Gewinner aussah. Er schwenkte eine große Brieftasche in seiner Hand, und auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Strahlen ab, für dessen Erkundung sie keine
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