Julia Exklusiv 0180
hin. „So, und nun trockne deine Tränen, und sag mir, was du getan hast!“
Mit dankbarem Lächeln nahm sich das Mädchen gleich eine Hand voll Tücher, wischte sich die Tränen ab und putzte sich geräuschvoll die Nase.
„Ich habe mich wie der letzte Idiot benommen“, gestand sie mit schwankender Stimme, als Lois sich wieder neben sie setzte und ihr mitfühlend einen Arm um die dünnen Schultern legte. „Dad war ja echt lieb und verständnisvoll, aber auch er findet, dass ich ziemlich unüberlegt gehandelt habe.“ Sie schniefte erneut.
„Mach dir nichts draus“, versuchte Lois sie zu trösten. „In deinem Alter haben wir alle Dummheiten begangen. Bestimmt auch dein Vater – selbst wenn er es jetzt vielleicht nur ungern zugibt. Das gehört nun einmal zum Erwachsenwerden. Und falls es dich tröstet, mir wird noch heute heiß und kalt, wenn ich daran denke, was ich in deinem Alter so alles verbrochen habe.“
„Sie sind so schrecklich nett zu mir. Dabei habe ich das nicht verdient“, murmelte Emily und putzte sich erneut umständlich die Nase. „Ich habe nämlich mein Versprechen gebrochen, niemandem etwas von dem Baby zu sagen. Aber …“
„Du hast es deiner Mutter erzählt, stimmt’s?“, fragte Lois sanft, die sich allmählich zusammenreimen konnte, wie sich alles ungefähr abgespielt hatte.
„Ja“, flüsterte Emily, bedeckte das Gesicht mit den Händen und fing erneut zu weinen an.
„Das ist in Ordnung.“ Lois drückte das Mädchen beruhigend an sich. „Sie ist schließlich deine Mutter. Es war falsch von mir, dir ein solches Versprechen überhaupt abzunötigen.“
Emily schüttelte den Kopf. „Nein, Sie haben mich missverstanden. Mom und ich haben uns schrecklich gestritten. Sie hat wieder mit der alten Leier angefangen, dass sie zu Dad zurückgehen möchte. Und dann hat sie schlecht über Sie geredet.“ Das Mädchen schniefte erneut. „Dabei waren Sie doch immer so nett zu mir. Ich weiß, dass ich Ihnen die Rolle in dem Film verdanke. Na ja, und als Mom weiter auf Ihnen herumhackte und sagte, Sie wären die Einzige, die ihr im Weg stehen würde, da ist mir schließlich der Kragen geplatzt!“
„Auseinandersetzungen mit den Eltern sind in deinem Alter völlig normal. Auch wenn man momentan denkt, die Welt würde einstürzen, ist doch alles immer nur halb so schlimm, glaub mir.“ Sanft strich Lois dem Mädchen das Haar aus der Stirn.
„Ja, sicher. Wahrscheinlich wäre ich gar nicht ausgerastet, wenn Joe mir nicht so leidgetan hätte“, bekannte das Mädchen. „Mom scheint sich nichts mehr aus ihm zu machen. Dafür hat sie behauptet, dass Sie hinter Dad her seien und scharf darauf wären, die neue Lady Ratcliffe zu werden. Da reichte es mir endgültig, und ich habe Mom gesagt, sie soll nicht so dummes Zeug reden. Sie würden nämlich ein Baby bekommen und wären bestimmt nicht an Dad interessiert, den Sie ja erst vor wenigen Wochen kennengelernt haben.“
Oh nein! dachte Lois und überlegte verzweifelt, was sie in dieser verfahrenen Situation noch sagen oder tun konnte.
Es bedrückte sie, sich eingestehen zu müssen, dass letztendlich sie an allem schuld war. Aber woher hätte sie ahnen sollen, welches Unheil sie mit ihrer Ankunft auf Ratcliffe Hall heraufbeschwören würde? Zweifellos hätte es mit einer anderen Hauptdarstellerin in diesem Film diese ganzen Komplikationen nicht gegeben. Rob hätte sich in aller Ruhe um seinen Besitz kümmern können, und Emilys Aufenthalt hier wäre ohne unangenehme Zwischenfälle verlaufen. Vor allem aber hätte Martina – die mit untrüglichem weiblichem Instinkt sofort gespürt hatte, dass zwischen Rob und Lois eine gewisse Anziehungskraft bestand – keinen Grund gehabt, die Nerven zu verlieren und sich derart aufzuführen.
Irgendwie muss ich versuchen, die Dinge wieder ins Reine zu bringen, nahm Lois sich vor. Wie sie das anstellen sollte, wusste sie noch nicht, aber erst einmal wollte sie Emily von ihren Schuldgefühlen befreien.
„Jetzt hör mir mal zu, Emily“, begann sie energisch. „Es gibt nicht den geringsten Grund, dir irgendwelche Vorwürfe zu machen. Du hast deiner Mutter schließlich nur die Wahrheit gesagt, mehr nicht.“ Sie nahm ein Papiertuch und tupfte dem Mädchen sanft die Tränen ab. „So, und nun Schluss mit dem Weinen, versprochen?“
Emily nickt. „Danke, dass Sie so verständnisvoll sind. Ich bin nur weggelaufen, weil ich mich so geschämt habe, Sie im Stich gelassen zu haben.“
„Das hast du nicht“,
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