Julia Exklusiv 0180
bisher verdrängten Gedanken sie erneut.
Was haben Yorkes Eltern sich wohl gedacht, als sie mich in Begleitung eines anderen Manns gesehen haben? fragte Sabina sich besorgt. Und Chris hatte ihr auch noch den Arm um die Schultern gelegt. Ach, du lieber Himmel. Sollte sie Chris vielleicht in die Angelegenheit mit der vermeintlichen Verlobung einweihen, damit er gewarnt wäre, falls sich nochmals eine so heikle Situation ergab? Oder sollte sie eher Yorke informieren, dass seine Eltern sie mit einem Kollegen im Theater gesehen hatten?
Warum eigentlich? Und wie? Sicher würden seine Mutter oder sein Vater ihm ohnehin berichten, dass seine sogenannte Verlobte mit einem anderen Mann ausgegangen war.
Und Yorke war alt genug, um für sich selbst zu sorgen, oder? Außerdem, nach seiner letzten vernichtenden Bemerkung verdiente er nicht die geringste Rücksichtnahme … Trotzdem, es wäre nur fair, wenn sie, Sabina, ihn irgendwie warnte, damit er auf der Hut wäre und notfalls eine passende Antwort bereit hätte. Vor allem da er seine Eltern nicht anlügen wollte.
Sabina beschloss, Yorke tatsächlich zu benachrichtigen. Plötzlich fiel ihr siedendheiß ein, dass er einen Brief frühestens am Montag erhalten konnte. Was jetzt? Sie blickte auf die Uhr. Es war spät, achtbare Leute lagen um diese Zeit im Bett. Na ja, dann musste sie ihn eben wecken. Das gefiel ihr sogar. In dem Moment kam ihr der Gedanke, dass seine Eltern ihn ebenfalls anrufen konnten – oder ihn womöglich schon vor Stunden angerufen hatten.
Vielleicht aber auch nicht. Also entschied Sabina, doch gleich jetzt mit Yorke zu telefonieren. Nachdem sie die Visitenkarte mit seiner Privatadresse gefunden hatte, wählte sie die Nummer. Sabina spürte ein flaues Gefühl im Magen, während sie darauf wartete, dass Yorke abhob.
Am anderen Ende klingelte das Telefon scheinbar endlos. Bei dem Getöse konnte er doch sicher nicht weiterschlafen? Sabina nahm an, dass Yorke ohnehin einen leichten Schlaf hatte. Schließlich legte sie den Hörer auf, nahm ihn aber fast sofort wieder ab und drückte die Wahlwiederholungstaste. Auch jetzt meldete sich niemand.
Ob Yorke ins Ausland gereist ist? fragte Sabina sich. Eigentlich glaubte sie es nicht, obwohl es dafür keinen logischen Grund gab. Allerdings war es viel wahrscheinlicher, dass Yorke in der Stadt unterwegs war. Schließlich ist es Freitagnacht, und Yorke ist ein sehr dynamischer Mann, überlegte Sabina mürrisch.
Nein, dass er mit einer Frau ausgegangen war, daran wollte Sabina lieber nicht denken. Sie hoffte vielmehr, er wäre bei einem Grillfest, und es würde bald einen Wolkenbruch geben. Immerhin war es den ganzen Tag lang drückend heiß und schwül gewesen und hatte nach Gewitter ausgesehen.
Rastlos ging Sabina im Apartment hin und her. An Schlafen war gar nicht zu denken.
Verdammt! Yorke verdiente es gar nicht, dass sie sich seinetwegen Sorgen machte und ihn vor möglichen Unannehmlichkeiten warnen wollte. Er machte sich einen schönen Abend, und sie? Na ja, sie fühlte sich doch verpflichtet, Yorke von dem Vorfall im Theater zu berichten. Bevor seine Mutter es tat …
„Ach, zur Hölle mit dem verflixten Ring“, rief Sabina. Wenn es den nicht gäbe, würde sie jetzt friedlich im Bett liegen.
Aber sie konnte ohnehin nicht schlafen. Bei ihrem ruhelosen Streifzug durch das Apartment ging Sabina schließlich in Natalies Zimmer, um einen Blick auf den Ring zu werfen, der so viele Probleme und so viel Kummer verursacht hatte.
Er war wirklich wunderschön. Wenn er doch nur … Sabinas Gedanken schweiften ab. Träumerisch malte sie sich aus, sie wäre tatsächlich mit Yorke verlobt – und ihre schmerzliche Sehnsucht endlich gestillt.
Als Sabina aus diesem Traum sozusagen aufwachte, stand sie im Wohnzimmer – und der Ring steckte an ihrer Hand. Dort schien er hinzugehören, auch wenn er ihr nicht gehörte. Und sie wollte ihn nicht abnehmen.
Seufzend ging Sabina zum Telefon und drückte erneut die Wahlwiederholungstaste. Offensichtlich war Yorke noch immer nicht nach Hause gekommen. Egal – von ihr aus konnte er ihr den Buckel runterrutschen.
Nein, das stimmte nicht. Es war ihr durchaus nicht egal, dass Yorke womöglich in eine peinliche Lage geriet, wenn er demnächst mit seinen Eltern sprach.
Plötzlich hatte sie den Einfall, Yorke eine kurze Nachricht zu schreiben, zu seinem Haus zu fahren und den Brief in den Postkasten zu stecken, damit Yorke ihn fand, wenn er dann endlich nach Hause kam.
Sie
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