Julia Exklusiv 0227
erbebte und verzog das Gesicht, als wäre die Zitronenscheibe im Tee daran schuld. „Ich sollte mich auf den Weg machen, sonst läuft bald gar nichts mehr.“
„Geht es dir wirklich wieder gut?“ Er betrachtete sie prüfend.
„Ja, bestimmt.“ Sie klang so munter, dass sich jeder hätte täuschen lassen. „Musst du noch ins Badezimmer?“
„Nein, es gehört dir.“ Er fuhr sich mit der Hand übers Kinn. „Rasiert habe ich mich schon nach dem Duschen.“
Einer Eingebung folgend stellte sie den Becher hin und ging auf Ryan zu. „Lass mich mal riechen.“ Betont unbekümmert stellte sie sich auf die Zehenspitzen.
Es war eine der kleinen Intimitäten, die sie miteinander geteilt hatten. Der Duft seiner Haut war Kate so vertraut, dass sie Ryan daran wie blind unter hundert anderen Männern erkannt hätte. Schon gleich zu Anfang ihrer Beziehung hatte diese kleine Geste ihr Freude gemacht.
„Du duftest wunderbar“, hatte sie jedes Mal gesagt, sich an ihn geschmiegt und mit den Zähnen zärtlich seine Haut berührt. Sie hatte nie genug von ihm bekommen können.
Und immer hatte er sie in die Arme genommen, sie zärtlich gestreichelt und mit heiserer Stimme geantwortet: „Du auch, Kate … Katie …“
Oft führten diese kleinen Spielchen dazu, dass sie wieder aufs Bett sanken und sich nicht um ihre Termine kümmerten. Sie hatten alles um sich her vergessen, nur ihr gegenseitiges Verlangen und dessen Erfüllung waren wichtig gewesen.
In jeder Ehe lässt die überschwängliche Begeisterung der ersten Jahre früher oder später nach, dachte Kate. Aber es konnte nicht schaden, Ryan daran zu erinnern, wie es zwischen ihnen gewesen war – und wie es noch sein könnte.
Sie atmete tief ein und drückte die Nase an seine Wange. Plötzlich merkte sie, dass er anders duftete als sonst.
Kate trat einige Schritte zurück. „Du benutzt ein neues Aftershave.“
„Ja, ich habe es auf meiner letzten Reise am Flughafen gekauft. Gefällt es dir?“
„Ich … weiß es nicht.“ Sie wusste es wirklich nicht, denn es roch lieblicher und blumiger als das andere. Mochte vielleicht Mrs X, wie sie seine unbekannte Freundin insgeheim nannte, diesen Duft?
„Vielleicht passt es eher zu jungen Leuten“, erklärte sie rasch.
Ryan lächelte spöttisch. „Du verstehst es, Komplimente zu machen. Geh und zieh dich an, während ich mein Ego aufrichte.“
Sie errötete. „So habe ich es doch gar nicht gemeint. Ich hatte nur das Gefühl, dass du … nicht mehr derselbe bist.“
„Ah ja. Vielleicht fange ich wirklich an, ein ganz anderer zu werden.“
Genau davor habe ich Angst, überlegte Kate, als sie die Treppe hinaufging.
Es kann auch sein, dass ich mich zu wenig verändert habe, dachte Kate, während sie sich im Spiegel betrachtete. Für den vor ihr liegenden Arbeitstag hatte sie einen kurzen marineblauen Rock angezogen, dazu eine weiße Seidenbluse und einen roten Blazer. Es wirkte beinah schon wie eine Uniform, denn sie war stets im selben Stil gekleidet. Nicht zu elegant fürs Büro, aber elegant genug für Kundenbesuche. Es war jedenfalls überhaupt nicht aufregend.
Sie rechnete nicht damit, dass Ryan sie bewundernd betrachten würde. Und sie hatte recht. Er war am Telefon, als sie nach unten ging, und bemerkte sie nicht einmal.
„Okay, um ein Uhr“, sagte er munter. „Ich freue mich.“ Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, schrieb er etwas auf den Notizblock neben dem Telefon. Dann riss er den obersten Zettel ab und steckte ihn in die Tasche.
„Chatsworth Blair?“ Kate blickte ihn fragend an.
Er nickte geistesabwesend. Offenbar war er in Gedanken schon ganz woanders, wohin Kate ihm nicht folgen konnte. „Es ging um den Lunch. Bis später.“ Er nahm seinen Aktenkoffer und eilte zur Tür.
„Einen schönen Tag!“, rief sie hinter ihm her. „Grüß Joe von mir.“
Doch er schloss schon die Tür hinter sich und hatte es wohl nicht mehr gehört.
Kate holte auch ihren Aktenkoffer und ihre Umhängetasche und wollte den Anrufbeantworter einschalten. Dabei fiel ihr der Notizblock auf. Sie erinnerte sich an eine Szene aus einem Hitchcockfilm. Der Held hatte eine Notiz auf einem leeren Zettel sichtbar gemacht, indem er mit einem Bleistift über die Buchstaben fuhr, die sich durchgedrückt hatten.
So langsam, als würde sie neben sich stehen, nahm sie den Bleistift in die Hand und fuhr mit der Spitze leicht über die Spuren, die Ryans Handschrift hinterlassen hatte.
„Amaryllis“ las sie dann laut. Auf
Weitere Kostenlose Bücher