Julia Exklusiv 0227
etwas zu erkennen. Aber es war unmöglich.
„Kann ich Ihnen helfen?“
Kate hatte den Oberkellner nicht gesehen. Sie erschrak und wollte sich zurückziehen. Dabei stieß sie so heftig an den schmiedeeisernen Ständer mit der Speisekarte, dass er schwankte.
„Es tut mir leid“, sagte sie entsetzt und hielt zusammen mit dem Kellner den Ständer fest. So hatte sie ihren Auftritt nicht geplant. „Ich möchte hier essen.“
Der Mann hob bedauernd die Hände. „Wir haben leider keinen Tisch frei. Vielleicht möchten Sie für einen anderen Tag reservieren?“, schlug er wenig begeistert vor.
Vielleicht befürchtete er, dass ihr noch mehr Missgeschicke passierten und sie den roten Teppich beschädigte oder irgendetwas umwarf.
Kate biss sich auf die Lippe. „Mein Mann hat hier einen Tisch reserviert“, erklärte sie nachdrücklich.
„Ah ja. Auf welchen Namen?“
„Wahrscheinlich auf Chatsworth Blair.“
Der Mann sah in dem Terminkalender nach, der so groß war wie eine Familienbibel. Dann schüttelte er den Kopf. „Nein, wir haben keine Reservierung unter diesem Namen.“
Kate war ihm ins Innere gefolgt, wo gedämpftes Licht herrschte. „Dann eben unter Joe Hartley.“
„Auch nicht“, antwortete er irgendwie zufrieden. „Vielleicht verwechseln Sie das Restaurant.“
„Nein, bestimmt nicht“, erwiderte Kate kühl. „Und auch nicht den Tag und die Uhrzeit“, fügte sie rasch hinzu, um weiteren Fragen vorzubeugen. „Ich sehe lieber selbst nach, ob ich ihn finde.“
An den Tischen mit den weißen Decken in der Mitte des großen Raums entdeckte sie Ryan nicht. Aber wer in den Nischen saß, konnte man nicht erkennen.
Der Oberkellner war über ihre Bemerkung so entsetzt, als hätte sie vorgeschlagen, in der Küche Kakerlaken zu jagen.
„Was soll das? Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass Mr Hartley nicht hier ist.“
„Mein Mann heißt nicht Hartley, sondern Lassiter“, erklärte Kate und errötete leicht, als der Mann die Augen verdrehte.
Sekundenlang schwieg er. Dann gab er zögernd zu: „Wir haben eine Reservierung auf diesen Namen, aber nur für zwei Personen. Die Gäste sind schon da.“
„Das ist in Ordnung. Führen Sie mich bitte hin“, forderte Kate ihn ruhig, aber entschlossen auf und dachte schon, er würde sich weigern.
Doch er zuckte nur fatalistisch die Schultern und ging ihr voraus ans andere Ende des Raums.
Um die erste Verlegenheit zu überbrücken, denn immerhin störte sie bei einem Geschäftsessen, hatte Kate sich einen flotten Spruch zurechtgelegt. Aber als sie sah, dass Ryan nicht mit Joe Hartley am Tisch saß, sondern mit einer attraktiven Rothaarigen, war sie erst einmal sprachlos. Die Frau trug ein kleines Schwarzes, und mit ihren langen Locken berührte sie Ryans Schulter, als sie sich lächelnd zu ihm hinüberbeugte und ihn auf irgendetwas auf der Speisekarte aufmerksam machte.
Schöne Zähne hat sie auch, eigentlich schade, weil ich sie ihr gleich einschlagen werde, ging es Kate durch den Kopf. Zorn und Wut breiteten sich in ihr aus. Zugleich empfand sie einen tiefen, quälenden Schmerz.
Jetzt konnte sie nicht mehr so tun, als wäre das alles nur ein Missverständnis oder ein schrecklicher Irrtum. Sie musste sich damit auseinandersetzen, dass Ryan tatsächlich eine Freundin hatte.
„Kate.“ Ruhig und gelassen stand Ryan auf. Er fühlte sich offenbar in keiner Weise schuldig. „Du hast dich also doch entschlossen, mit uns zu essen.“
„Ja“, antwortete sie. Ihre Stimme klang etwas unsicher. „Aber ich störe wahrscheinlich nur.“
„Nein, überhaupt nicht. Ich lasse noch einen Stuhl bringen.“
Kate schüttelte den Kopf. „Nicht nötig, mein Liebling.“ Sie lachte auf. „Ich will euch doch nicht die wunderbare Freundschaft verderben. Ich werde das Schloss von unserer Wohnungstür austauschen lassen. Aber vielleicht hast du gar nicht vor, heute Abend nach Hause zu kommen.“ Ihre Stimme wurde immer lauter. Von den Nebentischen warf man ihr schon neugierige Blicke zu.
Ryan packte sie am Handgelenk. „Du setzt dich jetzt hin“, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „sonst denkt Penny noch, ich sei mit einer Verrückten verheiratet.“
„Glaubst du etwa, es würde mich interessieren, was deine … Penny meint?“ Kates Wangen waren vor Zorn gerötet, und sie versuchte, sich aus Ryans Griff zu lösen. „Vermutlich ist sie Schriftstellerin wie du, obwohl sie offenbar auch gern Briefe schreibt.“
„Das ist ihr Job“,
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