Julia Exklusiv 0227
sich oft vorgenommen, wieder einmal hinzufahren.
Aber kommt es bei den vielen Vertrauensbrüchen auf diesen Verrat überhaupt noch an? fragte Kate sich verbittert. Das, was er in der vergangenen Nacht mit ihr gemacht hatte, war sowieso das Schlimmste, was er ihr antun konnte.
Wie hatte er überhaupt mit ihr schlafen können, wenn er vorhatte, am nächsten Tag mit seiner Geliebten für einige Tage zusammen zu sein? Oder war es etwa eine Abschiedsvorstellung gewesen, damit sie, Kate, sich immer an ihn erinnerte?
Und ich habe ihn weggeschickt, dachte sie schmerzerfüllt. Sie hatte ihn praktisch aufgefordert zu gehen.
Sie ging ruhelos im Zimmer hin und her und schlang die Arme um den Körper, wie um sich zu schützen. Ihr schwirrte der Kopf.
Jetzt musste sie auch noch vierundzwanzig endlose Stunden warten, ehe sie nach Yorkshire fahren und ihn zur Rede stellen konnte. Wenn sie es überhaupt wollte. Aber hatte sie eine andere Wahl? Sie hatte sich lange genug an der Nase herumführen lassen. Es war Zeit, zu handeln.
Sie wärmte sich eine Tomatensuppe aus der Dose auf, nur um etwas zu essen. Und da sie nicht im Ehebett schlafen wollte, nahm sie sich ihr Kopfkissen und eine Decke und legte sich aufs Sofa. Eine Schlaftablette half ihr einzuschlafen.
Am nächsten Morgen wachte sie mit leichten Kopfschmerzen auf. Sekundenlang überlegte sie, im Büro anzurufen und sich zu entschuldigen. Schon allein die Vorstellung, Louise und Debbie gegenüber so tun zu müssen, als wäre alles in Ordnung, verursachte ihr Übelkeit.
Doch da sie nicht noch einen Tag allein in der großen Wohnung verbringen und sich mit allen möglichen Gedanken herumquälen wollte, nahm sie eine Kopfschmerztablette und fuhr mit dem Taxi in die Firma.
„Louise kommt heute nicht, es geht ihr nicht gut“, begrüßte Debbie sie. „Sie hat die Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen.“
Entschlossen setzte Kate sich an den Schreibtisch und stürzte sich in die Arbeit, die ihr half, auf andere Gedanken zu kommen. Erst am späten Nachmittag rief sie wieder im Allengarth Centre an und bat, mit Mr Lassiter verbunden zu werden. Das Herz klopfte ihr zum Zerspringen, während sie wartete.
„Es tut mir leid, in der Suite nimmt niemand ab“, erklärte man ihr.
„Aber sie sind eingetroffen?“
„Mr Lassiters Name ist eingetragen. Versuchen Sie es später noch einmal. Oder wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?“
„Nein“, antwortete Kate ruhig.
Dann sagte sie Debbie Bescheid, dass sie früher gehen würde, kaufte Blumen im Laden um die Ecke und eine Flasche Wein im Geschäft nebenan. Sie wollte Louise besuchen. Mit wem konnte sie sonst reden? Sie konnten sich in ihrem Kummer gegenseitig trösten.
Die Straße mit den hübschen Reihenhäusern lag relativ ruhig da im Sonnenschein. Kate bezahlte den Taxifahrer und ging zur Haustür. Dabei lächelte sie die Frau, die im benachbarten Garten Pflanzen in große Töpfe setzte, kurz an.
Nachdem sie geläutet hatte, wartete sie geduldig. Aber niemand öffnete. Vielleicht ist Louise wirklich schlimmer krank, überlegte Kate und zog die Augenbrauen hoch.
Sie bückte sich und rief durch den Briefkastenschlitz: „Louise, ich bin’s. Ist alles in Ordnung? Mach bitte die Tür auf.“
„Ich glaube, sie ist nicht da“, sagte die Nachbarin über den Zaun hinweg. „Sie ist gestern mit einem Koffer im Taxi weggefahren. Seitdem ist alles ruhig im Haus.“
„Aber das kann doch gar nicht sein“, wandte Kate ein. „Sie hat doch angerufen und erklärt, sie sei krank.“
„Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen, so klar und deutlich, wie ich Sie jetzt auch sehe.“ Die Frau war ein bisschen beleidigt. „Vielleicht braucht sie etwas Erholung. Sie selbst sehen auch nicht besonders gesund aus. Sie sind ganz blass geworden. Werden Sie etwa ohnmächtig?“
Nein, ich werde nicht ohnmächtig, ich schreie auch nicht und weine nicht, dachte Kate und biss sich so fest auf die Lippe, dass sie blutete.
„Es tut mir leid, dass ich sie verpasst habe“, antwortete sie schließlich. „Aber ich kann mir vorstellen, wo sie ist.“ Kate reichte den Blumenstrauß, den sie für Louise gekauft hatte, über den Zaun. „Vielleicht können Sie etwas damit anfangen.“
„Danke, sehr freundlich.“ Die Frau betrachtete den Strauß unschlüssig. „Sind Sie sicher, dass Sie ihn nicht selbst behalten wollen?“
Kate lächelte krampfhaft. „Rosen und Freesien sind nicht meine Lieblingsblumen.“ Jedenfalls jetzt nicht mehr,
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