Julia Exklusiv 0227
Tagung zu Ende ist, nahm sie sich vor. Jedes neutrale Thema war ihr recht, wenn es half, Ryan wieder versöhnlich zu stimmen. Dann hätte sie die Chance, alles wieder in Ordnung zu bringen. Und sie würde ihn überzeugen können, sie mitzunehmen. Wir müssen uns unterhalten. Das eisige Schweigen ist unerträglich, überlegte sie.
Langsam stand sie auf, band sich den Gürtel des Negligés fester um die Taille und machte sich Mut.
Plötzlich hörte sie, dass die Wohnungstür zugeschlagen wurde.
„Ryan!“, rief Kate aus. Sie war außer sich und eilte die Treppe hinunter. Inständig hoffte sie, sie habe sich verhört und Ryan sei noch nicht weg.
Aber die Wohnung war leer. Ryan war gegangen. Zum ersten Mal war sie sich nicht sicher, dass er zurückkommen würde.
Kate verbrachte den längsten Tag ihres Lebens, so kam es ihr jedenfalls vor. Stundenlang saß sie in sich gekehrt auf dem Sofa und blickte ins Leere. Oder sie ging in die Küche und machte sich noch einen Kaffee, den sie dann doch nicht trinken konnte. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt.
Sie musste mit jemandem reden. Sie brauchte einen Menschen, der ihr versicherte, alles würde wieder gut. Deshalb wählte sie Louises Nummer. Aber es meldete sich nur der Anrufbeantworter.
Dann rief sie Ryans Mutter an. Wenn sie ihr erzählte, sie sei allein, würde Mrs Lassiter sie vielleicht einladen, hoffte Kate. Sie wollte in Ryans Elternhaus sitzen inmitten seiner Familie. Die Harmonie, die dort herrschte, würde ihrer gequälten Seele guttun. Doch auch da meldete sich niemand.
Alle sind weg. Nur ich sitze allein herum, dachte Kate und fing an, die Uhr, wie von einer fixen Idee besessen, zu beobachten. Sie rechnete sich aus, wann Ryan in Yorkshire eintreffen und sich vielleicht bei ihr melden würde.
Er hatte zu dem Veranstalter am Telefon gesagt, er würde ungefähr zum Lunch dort sein. Sie musste ihm natürlich Zeit lassen, das Zimmer zu beziehen und seine Sachen auszupacken. Und dann würde er sie anrufen … oder doch nicht? Bestimmt würde er die Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, nicht ernst nehmen.
Sie war verletzt und enttäuscht gewesen. Aber trotzdem war ihre Reaktion überzogen gewesen. Das musste auch Ryan wissen. Vielleicht würde er Verständnis haben.
Erst am späten Nachmittag gestand sie sich ein, dass ihr Optimismus unbegründet war und Ryan wahrscheinlich nicht anrufen würde.
„Okay“, stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Dann muss ich eben den ersten Schritt tun.“
Sie hatte die Unterlagen gesehen und kannte den Namen des ehemaligen Landhauses, wo die Tagung stattfand. Über die Auskunft erfuhr sie die Telefonnummer.
„Allengarth Centre“, meldete sich eine freundliche weibliche Stimme. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich möchte mit Ryan Lassiter sprechen, bitte.“
Nach einer kurzen Pause erklärte die Frau: „Es tut mir leid, er ist noch nicht da.“
„Aber er wollte doch schon heute Mittag eintreffen, oder nicht?“, fragte Kate angsterfüllt.
Die Frau lachte. „Nein. Die Tagung beginnt erst morgen Abend mit einem Dinner. Früher kommen Mr und Mrs Lassiter nicht an.“
Kate war schockiert. „Ich wusste nicht, dass Mrs Lassiter ihn begleitet“, sagte sie heiser.
„O ja, das hat er extra betont, als er seine Teilnahme zusagte. Wir haben eine behagliche Suite für Ehrengäste, die ihre Partner mitbringen.“ Die Frau zögerte kurz. „Wollen Sie für Mr Lassiter eine Nachricht hinterlassen?“
„Nein, danke. Es hat Zeit.“
Nachdem das Gespräch beendet war, hielt Kate noch sekundenlang den Hörer in der Hand, ehe sie auflegte. Jetzt wundert es mich gar nicht mehr, dass er mich nicht mitnehmen wollte, dachte sie wie betäubt. Er hatte ganz andere Pläne. Ohne Hast fuhr er in den Norden und übernachtete in einem der gemütlichen Pubs irgendwo auf dem Land, die ihnen beiden immer so gut gefallen hatten.
Das „Royal Oak“ in Stretton Hulme ist Ryans Lieblingspub, erinnerte Kate sich. Wahrscheinlich war er jetzt schon da und wanderte am Fluss entlang. Er beobachtete vielleicht die Schwäne und Teichhühner, ehe er zurückging in das große Zimmer mit dem breiten Bett und dem angrenzenden altmodischen Badezimmer. In der Badewanne war genug Platz für zwei …
Sie presste die Faust auf die Lippen, um den schmerzlichen Aufschrei zu unterdrücken. Nein, nur das nicht, er hat sie bestimmt nicht dahin mitgenommen, dort waren wir doch so glücklich, dachte sie verzweifelt. Sie hatten
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