Julia Exklusiv 0227
den Raum.
An der Haustür legte er ihr die Hand auf die Schulter. „Begleite mich bitte zum Taxi.“
Sie spürte die Wärme seines Körpers und seinen warmen Atem auf ihrer Wange. Sogleich bekam sie Herzklopfen. „Okay.“ Ihr war alles recht, wenn er nur möglichst rasch verschwand.
„Nachdem ich deine Mutter kennengelernt habe, verstehe ich dich viel besser, Julia.“ Er blieb stehen, packte sie an den Schultern und zwang sie, ihn anzusehen.
Sie hob den Kopf und erwiderte seinen Blick.
„Deine Mutter ist eine starke Frau. Ich glaube, sie hat Carlos sehr geliebt. Aber sie kann ihm nicht verzeihen, dass er sie betrogen hat. Jahrelang hat sie ihren Groll in sich hineingefressen. Traurig ist, dass Carlos sie auch geliebt hat, soweit ich es beurteilen kann. Beide haben nicht wieder geheiratet. Vielleicht kann Liz jetzt, nach Carlos’ Tod, ein neues Leben beginnen.“
„Meine Mutter liebt das Leben“, entgegnete Julia. „Ich weiß, sie war etwas kühl und zurückhaltend. Das liegt aber nur daran, dass es schon spät ist. Außerdem ist sie müde. Vergiss nicht, sie hat eine schwere Krankheit hinter sich.“
„Ja, natürlich. Aber genießt sie das Leben wirklich?“
Julia zögerte. Hatte Randolfo vielleicht recht?
„Lass dich nicht davon beeinflussen, was zwischen deinen Eltern geschehen ist. Daraus kannst du nicht auf die ganze Familie schließen. Bleib mit Sanchez und Donna in Verbindung. Sie würden sich freuen. Du hast meine Nummer. Ruf mich an, sobald du bereit bist, Ester in Italien zu besuchen. Warte bitte nicht zu lange.“ Er senkte den Kopf und küsste sie zärtlich auf die Lippen. Dann stieg er ein, und das Taxi fuhr davon.
Julia ging ins Haus zurück und setzte sich vor ihre Mutter auf den Teppich. „Was für ein Abend, Mom. Und was für Neuigkeiten. Ich habe einen Onkel. Was hältst du davon?“
„Ich freue mich sehr für dich, Julia. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sich zwischen dir und Randolfo Carducci mehr abgespielt hat, als du mir erzählt hast.“
Julia wollte ihrer Mutter nicht verraten, dass sie eine Affäre gehabt hatten. „Na ja, ich habe dir nicht die ganze Wahrheit gesagt, was das Erbe meines Vaters betrifft. Er hat mir auch etwas Geld hinterlassen, und davon bezahlen wir jetzt die Behandlung in der Privatklinik“, erwiderte sie deshalb nur.
Zu ihrer Überraschung rief ihre Mutter aus: „Oh, das ist ja wunderbar. Ich hatte schon befürchtet, die Kosten würden uns in finanzielle Schwierigkeiten bringen.“
„Du hast bisher ganz anders geredet“, hielt Julia ihr vor.
„Stimmt. Aber warum hättest du die Einzige der Familie deines Vaters sein sollen, die nichts erbt?“
Bei einer heißen Schokolade kam Julia auf Randolfos Vorschlag zurück, Ester in Italien zu besuchen. „Was hältst du davon, Mom?“
„Dasselbe wie immer. Wenn du deine Verwandten väterlicherseits besuchen möchtest, dann tu es. Doch sei bitte vorsichtig.“
Ich bin froh, dass meine Mutter jetzt Bescheid weiß, dachte Julia später, als sie im Bett lag. Zu gern würde sie Ester besuchen. Wahrscheinlich würde sie es jedoch nicht tun, denn sie wollte Randolfo nicht noch einmal begegnen. Nachdem sie sich endlich eingestanden hatte, dass sie ihn liebte, schmerzte der Gedanke sehr, niemals zu ihm gehören zu können. Er würde wieder mit ihr schlafen, wenn sie es zuließ. Mehr wollte er jedoch nicht von ihr. Es bestand nicht die geringste Chance, dass er sie heiraten und ihr treu sein würde. Eine unverbindliche Beziehung, die früher oder später zu Ende wäre, kam für Julia nicht infrage. Es würde sie zerstören.
Der Samstag kam Julia endlos lang vor. Sie stand seit dem frühen Morgen hinter der Theke und wünschte, es wäre schon vier Uhr. Dann könnte sie endlich Schluss machen. Ihre Mitarbeiterinnen hatte sie um halb drei nach Hause geschickt, weil erfahrungsgemäß danach nur noch wenige Kunden kamen, besonders bei so schönem Wetter wie an diesem Tag. Wie immer, wenn sie allein war, dachte sie an Randolfo. Vor fünf Wochen hatte sie ihn zum letzten Mal gesehen. Sie hatte Sanchez und Donna geschrieben, und die beiden hatten ihr sehr nett geantwortet. Zu einem Besuch bei Ester hatte Julia sich noch nicht entschließen können. Zu groß war ihre Angst, Randolfo zu begegnen. Es wäre zu schmerzlich.
Als sie am Abend zuvor nach Hause gekommen war, hatte sie zu ihrem Entsetzen feststellen müssen, dass ihre Mutter Besuch hatte. Noch entsetzter war sie gewesen, als ihr das Ehepaar als
Weitere Kostenlose Bücher