Julia Exklusiv 0227
männlich. Mari befeuchtete sich die Lippen.
Nikos lächelte noch immer. „Ich benehme mich also schlecht?“
„Sehr schlecht“, stimmte Mari zu. „Meine Tante meint, ich sollte es mit dem Rohrstock versuchen.“
Nikos zog eine Augenbraue hoch. „Ihre Tante hat aber seltsame Neigungen.“
Mari spürte, dass sie errötete. „Sie ist eine sehr anständige einundachtzigjährige Frau mit strengen Ansichten über Kindererziehung.“
Nikos hörte nicht auf zu lächeln. „Ich würde sie gern kennenlernen.“
„Nur über meine Leiche! Sind Sie mit dem Frühstück fertig?“
„Ja, aber ich konnte das Tablett wegen der Krücken nicht herbringen.“
„Das brauchen Sie auch nicht. Ich hole es gleich. Sie sollten im Bett bleiben.“
„So krank bin ich nicht.“
„Nein, aber Sie haben letzte Nacht nicht viel Schlaf bekommen.“
Nikos sah sie erstaunt an. „Woher wissen Sie das?“
„Ich habe das Telefon gehört. Als ich abnahm …“ Mari verstummte. Sie wollte nicht zugeben, dass sie die verführerische Frauenstimme mit dem britischen Akzent gehört hatte.
„Ach, Claudia.“ Nikos lächelte ironisch. „Sie ist der Meinung, ich würde unter Schlaflosigkeit leiden, und kümmert sich nicht um die Uhrzeit, wenn sie anruft.“
Also war Claudia seine Freundin. Offenbar handelte es sich um eine sehr innige Beziehung, wenn die junge Frau Nikos Tag und Nacht anrufen durfte. „Und Claudia ist …?“, begann Mari, in der Hoffnung, Nikos würde eine Erklärung abgeben.
„Wichtig“, sagte er eindringlich. „Wenn sie anruft, holen Sie mich sofort.“
Mari wunderte sich über seinen Ton. Sie schluckte und nickte. „Selbstverständlich.“
„Selbst wenn ich unter der Dusche bin. Insbesondere wenn ich unter der Dusche bin.“ Nikos lächelte schalkhaft.
Mari errötete. Wie konnte er es wagen, ihr gegenüber solche Andeutungen zu machen, während er von einer anderen Frau sprach!
Das Telefon klingelte, und Mari sagte kühl: „Wenigstens muss ich Sie jetzt nicht holen.“ Sie wandte sich um und überließ es Nikos, den Hörer abzunehmen.
„Costanides“, meldete er sich grimmig und sagte nach kurzem Schweigen: „Fahr zur Hölle!“, und legte auf.
„War es nicht Claudia?“, fragte Mari im Gehen.
„Nein, Ihr geschätzter Arbeitgeber“, erwiderte Nikos gereizt.
Das Telefon klingelte wieder.
Nikos ignorierte es, aber der Anrufer ließ nicht locker. „Ich werde nicht abnehmen.“ Nikos stützte sich auf die Krücken und entfernte sich vom Telefon. „Er ist Ihr Boss, nicht meiner.“
Mari blickte von Nikos zum Telefon. Sie hatte auch keine große Lust, den Anruf anzunehmen und sich von Stavros Vorträge über Respekt anzuhören. Außerdem wollte sie nicht, dass er ihr ständig über die Schulter sah. Allerdings kannte sie Stavros schon gut genug, um zu wissen, dass er nicht aufgeben würde, bis jemand den Hörer abnahm.
Mari ging zum Telefon. „Ja, bitte?“
„Hallo, Miss Lewis“, sagte Stavros mit seiner unverwechselbaren rauen Stimme. „Wie läuft es denn heute?“
„Bisher lief es gut“, antwortete Mari ärgerlich.
Nikos drehte sich um und sah sie an.
„Benimmt er sich etwa schlecht?“, fragte Stavros aufgebracht. „Das hätte ich nicht gedacht. Er hat Frauen immer gut behandelt und wenigstens ihnen Respekt entgegengebracht. Aber Ihnen gegenüber …“
„Es ist alles in Ordnung, Mr Costanides“, unterbrach ihn Mari. „Aber ich kann mich nicht um ihn kümmern, wenn Sie ständig anrufen. Ich brauche mehr Zeit für ihn. Allein. Ohne Ihre Einmischung.“
Am anderen Ende der Leitung herrschte verblüfftes Schweigen.
Nikos lächelte amüsiert, aber Mari sah ihn nur wütend an.
„Respekt ist …“
„Respekt muss sich mit der Zeit entwickeln, Mr Costanides“, erklärte Mari so ruhig wie möglich. „Vor allem, wenn man frühere Chancen nicht wahrgenommen hat.“
„Ich …“
„Ich weiß Ihre Besorgnis zu schätzen, aber lassen Sie mich bitte meine Arbeit tun.“
„Ja, natürlich, Ihre Arbeit. Sie …“
„Sie müssen uns etwas mehr Freiraum lassen. Und mehr Zeit.“
„Privatsphäre“, sagte Nikos leise und lächelte ironisch.
Mari drehte ihm den Rücken zu. „Sie schenken ihm zu viel Beachtung. Wenn Sie uns ständig kontrollieren und Wirbel um jede Kleinigkeit machen …“
„Wirbel machen? Ich?“
„Sich um alles kümmern“, verbesserte sich Mari. Offenbar widersprach es der Selbstanschauung eines sechzigjährigen griechischen Patriarchen, „Wirbel“ um
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