Julia Exklusiv Band 0194
und hatte die Interessenten durch Turret House geführt. In letzter Zeit hatte übrigens kaum jemand danach gefragt. Irgendwie wurden sie es nicht los. Und genau deshalb musste sie jetzt ihre persönlichen Gefühle zurückstellen, überlegte Portia. Vielleicht gelang so ja doch der Verkauf des alten Hauses.
„Sind Sie noch da, Mademoiselle?“
„Aber ja, Monsieur Brissac. Es ist nur alles sehr kurzfristig, und ich habe gerade über meine anderen Termine nachgedacht. Es wird sich arrangieren lassen, Ihren Besuch noch dazwischenzuschieben.“
„Sie werden doch sicher selbst kommen, oder?“
„Aber natürlich“, sagte Portia und verdrehte die Augen.
„Meine Assistentin wird mich begleiten.“
„Ist mir recht. Ich habe übrigens nicht angenommen, dass Sie gleich nach London zurückfahren. Da das Ravenswood Hotel ganz in der Nähe ist, habe ich für Sie ein Doppelzimmer reservieren lassen unter dem Namen Ihrer Firma. Bitte machen Sie Gebrauch davon.“
„Aber das war doch nicht nötig“, sagte Portia betroffen.
„Das glaube ich doch, denn ich will mir Turret House noch ein zweites Mal am Sonntagmorgen ansehen, bevor ich zurückfliege.“
„Tut mir leid, aber das wird wohl nicht gehen.“
„Aber so war es mit Mr. Parrish abgesprochen, Mademoiselle. Für Sonntag sollte jemand zur Verfügung stehen, der mich bei Tageslicht noch einmal herumführt.“
Ben Parrish mochte der Chef sein, aber Portia würde ein Wörtchen mit ihm reden, wenn er von der Piste zurück war. „Wie ich schon sagte, ich werde es irgendwie einrichten können. Wir sehen uns dann am Turret House , Monsieur Brissac“, gab Portia nach. „Es wäre aber wirklich nicht nötig gewesen, ein Zimmer zu reservieren, denn ich bin es gewöhnt, lange Strecken zu fahren.“
„Aber in diesem Fall wäre das sehr unklug, da ich Sie schon früh am Sonntagmorgen benötige.“
„Wie Sie wollen, Monsieur Brissac.“
„Danke, Mademoiselle, aber wie war noch Ihr Name?“
„Grant.“
„Bis morgen, Miss Grant.“
Ja, bis morgen wiederholte Portia leise, als sie auflegte. Dabei hatte sie für Samstag doch ganz andere Pläne gehabt. Sie schüttelte den Kopf, sah nach, dass die Türen von Whitefriars Estates überall abgeschlossen waren und fuhr dann nach Hause.
Ihre Wohnung lag in Chiswick, auf einem wunderschönen Grundstück, mit Blick auf die Themse. Das Apartment hatte Portia erst kürzlich bezogen. Die großen Räume waren noch nicht eingerichtet. Doch dafür entschädigte der Panoramablick und dass es sicher in dieser Wohngegend war. Bisher hatte sie stets mit anderen Leuten zusammengelebt. Seit ihrem Einzug erlebte sie täglich die gewonnene Freiheit neu, von der sie zuvor nicht gewusst hatte, dass sie ihr fehlte. Sie hatte derart in Arbeit gesteckt, dass ihr diese Seite der Lebensqualität gar nicht bewusst gewesen war.
Außer dass ihr der Ton von diesem Monsieur Brissac nicht passte, kollidierte dessen Besuch mit keinem weiteren Termin. Portia hatte frei. Sie wollte sich eigentlich ein paar Videos ausleihen und wirklich ausspannen, allein.
Einige ihrer männlichen Kollegen sahen diese Haltung als äußerst exzentrisch an. „Eine Frau wie Sie“, hatte Ben Parrish einmal gesagt, „sollte das Leben eines glücklichen Mannes erhellen.“
Portia hielt dies für einen typisch männlichen Standpunkt. Sie zumindest liebte ihr Leben so, wie es gerade war. Außerdem hatte sich Ben Parrish inzwischen darauf eingerichtet, dass sie die Wochenenden frei hatte, um betuchten Käufern die teuren Objekte von „Whitefriars Estates“ zu zeigen.
„Du verhältst dich unnatürlich“, hatte sich Portias Freundin Marianne eines Tages beschwert. Sie arbeitete für eine Illustrierte und hatte eine Affäre nach der anderen. Jedes Mal, wenn eine Liebesgeschichte zu Ende war, kam sie zu Portia gerannt, um sich bei ihr auszuweinen. Trotzdem kritisierte sie Portia. „Du kümmerst dich wohl nur um diesen verdammten Job, oder? Am besten kaufst du dir eine Katze und wirst zur alten Jungfer.“
Doch Portia war davon ganz unberührt geblieben. „Ich mag keine Katzen. Und der Ausdruck alte Jungfer ist längst überholt.“
„Und er passt auch gar nicht zu dir, Liebes. Doch wenn du nicht aufpasst, ist es eines Tages so weit!“
Als Portia endlich zu Hause war, nahm sie ein ausgiebiges Bad. Danach bereitete sie sich ein leichtes Abendbrot und machte es sich dann mit ausgestreckten Beinen gemütlich. Aus der Aktentasche hatte sie den Prospekt über Turret
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