Julia Exklusiv Band 0194
einschlug, war ihm gegenwärtig. Er sprach erregt von den Augenblicken, in denen er sich über die Valentinova geworfen hatte, ehe das Dach einstürzte.
Alles war klar und deutlich in seiner Erinnerung, bis auf seine Verbindung zu Anita. Als Ann einmal beiläufig Anita erwähnte, fragte er, ob sie zur Theatergruppe gehört habe. „Ich kann mich an den Namen nicht erinnern“, fügte er hinzu.
Es war vorbei.
Anita wusste es schon, bevor sie die Einladung von Hugh Strathern erreichte, mit ihm in der Mühle zu Abend zu essen. Sie kleidete sich besonders sorgfältig, wählte ein fließendes, zart olivfarbenes Seidenkleid, halblang, das mit einer Brokatkordel in der Taille gehalten war. Sie legte auch ein wenig Teint und Lippenstift auf.
Niemand sollte sehen, wie betroffen sie war und wie sie litt. Sie, die ihn vielleicht am meisten liebte, war ihm eine Fremde geworden. Sie war ausgeschaltet aus seiner Erinnerung und aus seinem Leben.
Anita hatte Dr. Strathern bisher immer nur im Arztkittel gesehen. Heute Abend trug er grauen Flanell, das dicke rote Haar war glatt gebürstet.
„Sie sehen bezaubernd aus, junge Dame“, begrüßte er Anita. „Ich fühle mich fünfzehn Jahre jünger, wenn ich mit einem so hübschen Mädchen essen gehe. Was trinken Sie? Ich bin ein Gin-Tonic-Fan. Das möbelt mich auf nach einem anstrengenden Tag.“
„Ich nehme bitte dasselbe“, erwiderte Anita. „Es war nett von Ihnen, Mister Strathern, extra von London herzukommen, um mich zum Essen auszuführen.“
„Es ist mir ein Vergnügen.“
Er bestellte die Drinks. Dann sah er sie forschend an.
„Sie haben nicht geweint, Kleines? Es würde Ihnen helfen.“
„Ich gehöre nicht zu den Heulsusen.“ Anita zwang sich zu einem Lächeln. „Tarquin gekannt und geliebt zu haben, war ein Wunder für mich.“
„Sie dürfen nicht glauben, dass er Sie nicht auch geliebt hat. Im Gegenteil, mein Kind, es sind oft die tiefsten Gefühle, die man verschließen und ausschalten muss, sonst bringen sie einen um den Verstand.“
„Glauben Sie, dass – nach gewisser Zeit …“ Sie blickte ihn flehend an.
„Möglich, dass er sich eines Tages wieder an Sie erinnert, Anita. Doch jetzt müssen Sie akzeptieren, dass Sie eine Fremde für ihn sind. Haben Sie über meinen Vorschlag nachgedacht?“
Anita zögerte, denn der Ober brachte gerade die Aperitifs. Strathern bestellte gleich das Essen. Dann blickte er sie erwartungsvoll an.
„Ich wollte eigentlich nach London“, antwortete Anita, „um eine ständige Arbeit zu finden.“
„Sie brauchen doch erst einmal Urlaub.“
„Die vergangenen zwei Wochen waren mein Urlaub.“
„Das war wohl kaum eine Zeit der Entspannung. Hören Sie, Anita, ich brauche wirklich jemanden, der sich im Sommer um meine Tochter kümmert. Ich habe Ihnen den Vorschlag nicht aus Mitleid gemacht. O nein, ich bin stolz auf meine Menschenkenntnis und weiß genau, wem ich das gesagt habe.“ Hugh Strathern schwenkte sein Glas, dass die Eisstückchen klirrten.
„Acht Wochen an der See und die Freundschaft meiner Tochter Kim, ist das nichts?“
„Sie können einen Menschen gut überreden, Professor“, Anita lachte und nahm einen Schluck aus ihrem Glas.
„Ich habe das Gefühl, Sie müssen überredet werden“, meinte er offen. „London ist eine laute, hektische Stadt. Man kann dort sehr allein sein. Am Meer könnten Sie sich ein Reservepolster zulegen, um die Großstadt besser ertragen zu können. Kim wird Ihnen helfen, die Aufregungen der letzten Wochen zu überwinden.“
„Glauben Sie, Kim wird mich mögen?“
„Sie ist meine Tochter, Anita, und ich mag sie. Ah, da kommt das Essen. Ich sterbe vor Hunger, hatte einen schweren Tag.“ Er blickte über seinen Teller auf Anita.
„Haben Sie schon einmal daran gedacht, Krankenschwester zu werden?“
„Dazu habe ich zu viel Phantasie“, lächelte Anita, „Antiquitäten faszinieren mich. Seelenlose Dinge, die keinen Schmerz fühlen, wenn sie zerbrechen.“
„Sie sind sehr verletzlich, mein Kind. Sie brauchen eine starke Hand, die Sie leitet, jemanden, der Sie beschützt. Jemanden, der anders ist als dieser Schauspieler. Einen älteren, weniger romantischen Mann, der mit beiden Beinen auf der Erde steht.“
Anita schüttelte den Kopf. „Ich will mich nicht wieder verlieben. Zuerst ist immer alles wunderbar, und dann ist es wieder vorbei. Dann ist die Einsamkeit viel größer als vorher.“ Sie nahm sich schnell wieder zusammen.
„Diese Melone ist
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