Julia Exklusiv Band 0194
etwas darunter, Anita, das Sie für mich tragen können.“
Anita beugte sich über die Truhe, an der Kim bereits kniete und sorglos wie ein Kind darin herumwühlte.
„Ist das nicht phantastisch“, rief sie. Sie sprang auf und legte sich einen schimmernden, seegrünen breiten Schal um die Hüften.
„So drapiert man keinen Sari.“ Die Zigarre zwischen den Zähnen, begann Eduard den indischen Schal in der richtigen Weise um Kim zu schlingen. „Da, jetzt siehst du aus, wie eine wunderschöne Tempeltänzerin.“
Kim freute sich und tanzte durch den Raum. Vor jedem der goldgerahmten Spiegel blieb sie einen Moment stehen und betrachtete sich. Dann blieb sie vor Eduard stehen.
„Könnte ich nicht auch ein Modell für Sie sein?“, fragte sie.
„Ach, Kim, du würdest nicht lange genug stillsitzen können. Meine Arbeit hätte wahrscheinlich vier Gesichter und viele Arme und Beine.“ Lässig drehte er seine Zigarre zwischen den Fingern.
Anita hatte inzwischen eine feine Seide gefunden, die sie hochhielt.
„Hieraus könnte ich eine Art griechisches Gewand herstellen“, rief sie. „Ist das nicht eine wunderschöne Farbe, wie eine silbergraue Wolke mit einem rosa Schimmer.“
Eduard sagte nichts, obwohl Anita ihn angesprochen hatte, um seine Reaktion zu sehen. Sie erschrak ein wenig über seinen intensiven Blick, mit dem er sie über den Raum hinweg beobachtete. Sie konnte nicht erkennen, was er dachte. Vielleicht fand er sie nicht so attraktiv wie die Mädchen, die er in den Innenhöfen fernöstlicher Pagoden hatte tanzen sehen.
„Ja, nehmen Sie diesen Stoff“, sagte er endlich, „drapieren Sie ihn so, dass die Bahnen verschieden lang sind, alles sollte ein wenig flattern. Undine war ein armes Mädchen, das einen Prinzen liebte. Sie darf nicht elegant wirken. Dennoch sehr lieblich und mit einer gewissen Unschuld. Frauen, die diese Ausstrahlung besitzen, wissen es oft selbst nicht.“
„Ich finde, diese Figur der Undine passt zu Anita“, fand Kim.
Eduard klingelte nach Medevil und bat ihn, eine Flasche Champagner zu bringen.
„Ich habe seltene Gäste und möchte diesen Tag mit Ihnen feiern“, bemerkte er.
Er musste hier manchmal sehr einsam sein, dachte Anita. Das Schloss lag weit abseits von anderen Häusern, und Eduard hatte selbst zugegeben, dass er den Kontakt zu den Leuten, die er aus seiner Jugendzeit kannte, verloren hatte.
Doch heute Abend gab es Musik im Schloss. Kim hatte eine Platte von Debussy aufgelegt. Alle Lampen waren erleuchtet. Die See und das Moor mit ihren Schrecknissen waren ausgeschlossen und hinter festen Vorhängen nicht zu hören und nicht zu sehen. Medevil brachte einen Sektkübel mit einer Flasche Champagner und stellte die Gläser bereit.
„Die Talgarths waren einmal Baronets“, erzählte Eduard, während er die Flasche öffnete. „Meine Großmutter gab viele große Gesellschaften. An der Festtafel im Esszimmer hatten mehr als hundert Gäste Platz. Sie pflegten die Nächte durchzutanzen und zu trinken. Dann nahmen sie morgens ein kräftiges Frühstück zu sich und ritten anschließend aus, um sich wieder Appetit zu holen für das nächste Festmahl, neuen Champagner und den anschließenden Tanz.“
„Wie schön muss das gewesen sein mit all den brennenden Kerzen und den Musikern auf der Galerie.“ Kims Augen blickten schwärmerisch. „Können Sie solche Feste nicht wieder aufleben lassen, Eduard?“
Er schüttelte den Kopf, ein wenig bedauernd, wie es Anita schien. Vielleicht hatte er gehofft, die alten glücklichen Tage wiederholen zu können, und nun war er allein.
„Darf ich“,rief Kim,„bitte, darf ich einen Trinkspruch sagen?“
„Natürlich“, stimmte Talgarth zu. Er reichte ihr ein gefülltes Glas und verneigte sich leicht. „Ich habe selten so zauberhafte Gesellschaft, und der raue Seemann gibt sich ganz unter Ihr Kommando.“
„Sie sind nicht ein bisschen rau“, protestierte Kim. „Sie sind galant wie ein französischer Edelmann.“
„Sehr lieb, Kim, danke.“
Er lächelte. Dieses Mal spottete er nicht, kein teuflisches, sarkastisches Funkeln war in seinen Augen. Beinahe zärtlich betrachtete er seinen rothaarigen jungen Gast.
Heute war sie noch ein schlaksiges Schulmädchen, doch schon in kurzer Zeit würde sie erwachsen genug sein, um Männern mit ihren grünen Augen den Kopf zu verdrehen. Als Tochter seines Freundes würde sie oft nach St. Avrell kommen, und der einsame Mann Talgarth würde sie herzlich willkommen heißen.
Anita war
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