Julia Exklusiv Band 0194
Anblick neigte Sharif leicht den Kopf.
Nachdem sie sich auf Latifs Aufforderung hingesetzt hatte, zog sich der ältere Mann zurück, und sie konzentrierte sich auf Sharif. Die kleinen Gesten, mit denen er seine Worte begleitete, waren ihr nur zu vertraut. Von schmerzlichen Erinnerungen überwältigt, verschränkte sie die bebenden Hände im Schoß. Sie kannte sein markantes, sonnengebräuntes Gesicht fast so gut wie ihr eigenes: tiefschwarze Brauen, goldbraune Augen, schmale Nase, hohe Wangenknochen, energisches Kinn und ein ebenso leidenschaftlicher wie fester Mund.
Erst am Vortag hatte sie seine Anziehungskraft in demütigender Weise zu spüren bekommen. Allerdings hatte er sie in einem schwachen Moment erwischt. Das war alles. Sie war kein vernarrter Teenager mehr, der seinen eigenen Emotionen, aufgepeitschten Hormonen und wilden Fantasien ausgeliefert war. Sie war schnell über ihn hinweggekommen. Zugegeben, sie hatte sich seither mit niemandem mehr verabredet, aber nur weil er ihr das Interesse an Männern gründlich vergällt hatte.
„Warum bist du hier?“
Faye zuckte zusammen. „Ich finde, ich schulde dir eine Erklärung für mein Benehmen im letzten Jahr.“
„Ich brauche keine Erklärung.“Verachtung schwang in Sharifs Stimme mit. „Ich will nichts hören. Wenn du glaubst, ich wäre so dumm, dir eine Chance für noch mehr Lügen und Rechtfertigungen einzuräumen, unterschätzt du mich gewaltig und …“
„Aber …“
„Es ist äußerst unhöflich, mich zu unterbrechen, wenn ich rede.“
„Soll ich mich dir vielleicht zu Füßen werfen wie ein Teppich, damit du auf mir herumtrampeln kannst?“, rief Faye gereizt.
„Ein Teppich ist leblos. Ich bevorzuge bei meinen Frauen Energie und Bewegung.“
Ihr ohnehin angeschlagenes Selbstvertrauen wurde noch weiter erschüttert. Nichtsdestotrotz probierte Faye es noch einmal. „Sharif, ich muss dir einiges sagen und mich entschuldigen. Damals hast du mir keine Gelegenheit dazu gegeben.“
„Wenn das der einzige Grund für deine Anwesenheit ist, solltest du lieber gehen. Schöne Worte und Krokodilstränen bringen dich nicht weiter. Der bloße Gedanke an deine schamlose Täuschung macht mich wütend.“
„Okay, es ist dein gutes Recht, verärgert zu sein.“
„Geheuchelte Zerknirschung ärgert mich auch“, stellte er trocken fest. „Spar dir die Floskeln. Ich habe dir gestern ein Angebot unterbreitet, und deshalb bist du hier. Nur ein Flittchen würde einen solchen Vorschlag akzeptieren, also hör auf, die süße, unverstandene Unschuld zu spielen.“
Faye, die normalerweise der sanfteste Mensch der Welt war, war schockiert über die Woge des Zorns, die ihr wie heiße Lava durch die Adern strömte. Sie sprang auf. „Ich lasse mich nicht als Flittchen beschimpfen! Wie nennst du einen Mann, der einer Frau ein solches Angebot macht?“ „Einen Mann ohne Illusionen … einen Mann, der Heuchelei verabscheut.“
Sie bebte am ganzen Körper. „Gütiger Himmel, du beleidigst mich mit einem Antrag, den keine ehrbare Frau je in Erwägung ziehen würde, und im nächsten Atemzug sonnst du dich auf deinem Gipfel der Tugend.“
„Du bist keine ehrbare Frau. Du lügst und betrügst und würdest für Geld alles tun.“
„Das ist nicht wahr! Es hat alles mit ein paar kindischen, harmlosen Schwindeleien angefangen. Ich weiß, es war falsch, aber ich war verrückt nach dir.“
„Verrückt nach mir?“ Sharif lachte schallend. „Für eine halbe Million Pfund hast du mich gehen lassen. Du warst so blind vor Gier, dass du dich damit zufriedengegeben hast!“
Entsetzt wich sie einen Schritt zurück und blickte Sharif fassungslos an. „Ich habe dich gehen lassen … für eine halbe Million Pfund? Was, zum Teufel, willst du mir jetzt wieder vorwerfen?“
Sharif blickte sie eindringlich an. „Du warst eine billige Braut, so viel steht fest. Du hattest keine Mitgift, trotzdem bin ich dich für ein Trinkgeld wieder losgeworden.“
Mit weichen Knien sank sie zurück auf den Stuhl. Offenbar hatte Sharif jemandem Geld ausgehändigt, Geld, von dem sie nichts geahnt hatte. Für derartige Machenschaften kam nur eine Person infrage. „Du hast das Geld Percy gegeben?“
„Ich habe es dir gegeben.“
Erst jetzt erinnerte Faye sich an den Umschlag, den Sharif ihr an jenem schrecklichen Tag ihrer Scheinhochzeit vor die Füße geworfen hatte. Wusste er nicht mehr, dass er zu diesem Zeitpunkt ausschließlich Arabisch gesprochen hatte? War ihm nicht klar, dass
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