Julia Exklusiv Band 0194
Besucher. Ein Wagen bringt dich zu meinem Heim.“
„Jetzt?“ Ungläubig runzelte sie die Stirn.
„Dein Hotelzimmer wurde geräumt, wenige Minuten nachdem du abgefahren warst. Dein Stiefvater wurde über die baldige Entlassung deines Bruders informiert und wartet bereits vor dem Gefängnis. Du wirst keinen deiner Angehörigen wiedersehen, bis unser Arrangement beendet ist.“
Faye traute ihren Ohren kaum. „Das ist nicht dein Ernst.“ Sharif ging an ihr vorbei und öffnete die Tür. Sein kaltes Lächeln flößte ihr Furcht ein. „Bist du eine Spielernatur?“
Sie wurde blass.
„Und wie gut glaubst du mich zu kennen?“
3. KAPITEL
Vor dem Seiteneingang, durch den Faye die Haja betreten hatte, stand die ihr inzwischen vertraute Limousine bereit. Um sie zum Palast von Muraaba zu bringen? Oder zum Flughafen? Die Wahl lag bei ihr. Eigentlich war sie frei wie ein Vogel, oder? Sie setzte sich auf eine Steinbank und überlegte.
Wie gut glaubst du mich zu kennen ? Ein boshafter Seitenhieb des Mannes, der sie beinahe zerstört hätte. War es denn ihre Schuld, dass ihr Stiefvater ein Betrüger war? Ihre eigene Mutter war mittellos gestorben und hatte nur noch das Dach über dem Kopf gehabt. Wenige Wochen nach der Geschichte mit Sharif hatte Adrian beschlossen, das Haus ihrer Kindheit zu verkaufen.
„Okay, Schwesterchen?“ Es war eine Feststellung und keine Frage gewesen.
Adrian hatte sich nicht dafür interessiert, dass es seiner Schwester das Herz gebrochen hatte, das Zuhause zu verlieren. Er hatte auch nicht daran erinnert werden wollen, dass sie gehofft hatte, eine Reitschule zu gründen, und nunmehr, da sie der Stallungen und Weiden beraubt war, ihr geliebtes Pferd ebenfalls verkaufen musste.
Aber Faye war es nicht gewohnt gewesen, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. In ihrer Kindheit und Jugend hatte man sie nicht ermutigt, ihren eigenen Wünschen oder Bedürfnissen die gleiche Bedeutung beizumessen wie denen anderer Menschen. Wie hätte sie Adrians Entscheidung widersprechen können? Sie hatte durch ihren Bürojob nicht genug verdient, um ihren Teil der Unterhaltskosten tragen zu können. Also hatte Adrian das Land samt Gebäude und Einrichtung veräußert, um das Kapital für seine Baufirma zu beschaffen. Er hatte ihr versichert, sie würde an den Früchten seines Erfolgs teilhaben. Zweifellos hätte er sie großzügig an seinem Profit beteiligt, hätte er denn welchen erwirtschaftet.
Und was hatte Percy mit der halben Million Pfund von Sharif gemacht? Sich in die eigene Tasche gestopft, nachdem er ihre Unterschrift gefälscht hatte? Oder hatte Sharif ihm die Sache erleichtert, indem er den Scheck auf den Namen ihres Stiefvaters ausgeschrieben hatte? Sharif, der glaubte, alle Frauen verließen sich in finanzieller Hinsicht auf den nächstbesten Mann.
Hatte er mit dem Geld ihr Schweigen erkaufen wollen? Faye erschauerte. Eine Entschädigung für die Hochzeit, die sie zunächst mit kindlicher Freude erfüllt und sich dann als grausame Farce erwiesen hatte? Die Erinnerung an jenen Tag in der Botschaft war ihr unerträglich. Sie hatte wirklich geglaubt, es sei ihr Hochzeitstag. Nach der Zeremonie hatte Sharif sie jedoch wie die niederste Kreatur behandelt, hatte ihren Stolz, ihre Hoffnungen und ihre Liebe zerstört.
„Scheidung ist in meinem Land einfach“, hatte er erklärt. „Ich sage dreimal auf Arabisch ‚Ich verstoße dich‘ und verneige mich dabei in alle Himmelsrichtungen. Willst du mit ansehen, wie ich meine Freiheit wiedererlange? Soll ich dir beweisen, was für ein Schwindel die Trauung war?“
Niemals würde sie den Schmerz und die Demütigung vergessen, die sie an diesem Tag erfahren hatte. Der abweisende Bräutigam, der arrogante, selbstgerechte Prinz, den die angebliche Hochzeit noch wütender gemacht hatte. Er war einfach auf ihren Gefühlen herumgetrampelt, als wäre sie ein Nichts, ein Niemand, auf den man keine Rücksicht nehmen musste. War es da ein Wunder, dass sie ihn hasste?
Ja, sie hasste Prinz Sharif Shazad ibn Zachir. Trotzdem wurde sie noch immer von jenem erschreckenden Verlangen gepeinigt, das ihr vorhin den Verstand vernebelt hatte. Warum? Faye wollte nicht darüber nachdenken. Nichtsdestotrotz hatte sie nicht die mindeste Absicht, in den Harem zu ziehen! Sharif hatte es offenbar für einen guten Witz gehalten. Nun, sie war nicht mehr ganz so grün hinter den Ohren wie früher.
Adrian musste aus dem Gefängnis befreit werden, bevor er ernstlich krank wurde.
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