Julia Exklusiv Band 0194
getan.“
„Vielen herzlichen Dank.“ Angewidert beendete Faye das Gespräch.
Die Flucht aus der Muraaba war eine echte Herausforderung. Sie hatte zwei Möglichkeiten, doch keine davon erschien ihr besonders viel versprechend. Entweder lieh sie sich ein Pferd aus und versuchte, sich verkleidet hinauszustehlen, oder sie versteckte sich in einem Wagen, der die Festung verließ. Zuerst fragte sie Shiran, ob der Palast über Stallungen verfüge und wo diese sein mochten, dann bat sie um einige Dinge. Die Mädchen waren sichtlich verwirrt über ihre Wünsche, aber sie gehorchten.
Ihr Koffer kam zusammen mit den Lebensmitteln und Mineralwasserflaschen sowie der Männerkleidung, um die sie gebeten hatte.
Als sie allein war, zog Faye Hemd und Hose an und verstaute die Vorräte samt ihrem Pass in ihrem Rucksack. Vor ihrem Zimmer lag ein Hof. Ein kunstvoller Wandbrunnen bot ihr beim Erklimmen der Mauer Halt. Da sie keine Höhenangst kannte, hätte sie auch mit verbundenen Augen über die Mauerkrone laufen können. Auf ihrem Weg kam sie an etlichen gespenstisch leeren Höfen vorbei. Einmal musste sie höher klettern, sie gelangte auf einen Balkon, von dem aus sie auf eine breite Brustwehr sprang, die ein hohes, kuppelförmiges Dach schützte.
Nur zweimal musste sie hinunter auf den Boden, um das nächste Gebäude zu erreichen. Vom Dach eines Stalles aus beobachtete sie, wie einige Reitknechte einen prachtvollen Rappen in einen geräumigen Pferdetransporter führten. Bingo! Faye glitt im Schutz einer schattigen Ecke hinab und streifte den wallenden Umhang über. Dann wartete sie auf eine Gelegenheit, in den Wagen zu schlüpfen.
Als die Männer eine Pause machten, um sich zu unterhalten, sprintete sie los. Bereits auf der Rampe sah sie, dass nur ein Pferd im Transporter war. Der Hengst erschrak über ihr Auftauchen, warf den Kopf zurück und schlug mit den Hufen an die Wand. Faye hechtete in die hinterste Box und versteckte sich so gut wie möglich.
Die hydraulische Rampe wurde hochgeklappt, wenig später schlugen Türen zu, und der Motor wurde gestartet. Der Transporter rumpelte über das holprige Pflaster, und der Hengst wurde noch nervöser. Ein kurzer Stopp – vermutlich mussten die Tore erst geöffnet werden –, dann fuhr der Wagen weiter. Allerdings nicht zur Stadt, wie sie gehofft hatte, sondern in die andere Richtung.
Fabelhaft, dachte Faye enttäuscht. Nun würde sie auch noch das Pferd stehlen müssen. Ihre Chancen, in diesem Land als Anhalterin mitgenommen zu werden, waren minimal.
Wie weit würde Sharif gehen, um sie zurückzuholen? Würde er vielleicht bloß die Schultern zucken und ihr Verschwinden akzeptieren? Faye dachte an seinen Gesichtsausdruck, als er von den kalten Duschen gesprochen hatte, und plötzlich wurde ihr ganz heiß. Nein, Sharif würde nicht so leicht auf sie verzichten. Einmal mehr hatte sie sich in seinen Augen als Betrügerin entlarvt. Zweifelnd betrachtete sie den auskeilenden Rappen. Araber waren überaus reizbar, und dieses Tier wollte sie notfalls entwenden und reiten?
Der Transporter wurde langsamer und blieb schließlich stehen. Kein Wunder, dass sie anhielten, der Hengst war inzwischen in heller Panik. Faye näherte sich vorsichtig seiner Box, redete besänftigend auf ihn ein und streichelte ihn. Er reagierte sofort. Als die Laderampe heruntergelassen wurde, nahm sie die Zügel in eine Hand und öffnete mit der anderen das halbhohe Gatter der Box. War sie verrückt, dieses Risiko einzugehen? Aber der Rappe drängte bereits vorwärts. Er brannte darauf, das verhasste Gefängnis zu verlassen, und so schwang sie sich ohne Zögern in den kunstvollen Ledersattel.
Die nächsten Momente verschwammen wie im Nebel. Die Rampe fuhr nach unten, grelles Sonnenlicht blendete Faye. Ein flüchtiger Blick auf verblüffte dunkle Gesichter, und schon stürmte der Hengst wie der Wind auf die weite Salzebene zu, die sich hinter dem Rastplatz erstreckte, auf dem der Wagen parkte.
Faye ließ das schöne Tier galoppieren. Da sie die Landkarte gründlich studiert hatte, wusste sie, wo sie waren. Sie brauchte nichts weiter zu tun, als sich außer Sichtweite der Straße am Rand der Wüste zu halten, bis sie die Stadtgrenze erreichte. Irgendwann würde sie das Pferd jemandem anvertrauen müssen, der es zum Palast zurückbrachte, aber das war ihre einzige Sorge.
Sie war ein wenig verwundert über den heftigen Wind, der ihr das Haar aus dem Gesicht wehte. Es war noch immer sehr heiß, und so legte sie
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