Julia Exklusiv Band 0194
Sharif schob sie durch einen Spalt in der Felswand. „Der Boden ist hier ziemlich uneben. Pass auf, wohin du trittst.“
Sie gelangten in eine weitere Höhle. Die Luft war hier wesentlich besser, und irgendwo plätscherte Wasser. Außer dem hellen Stoff seines Hemdes, das in der Dunkelheit schimmerte, konnte sie von Sharif kaum etwas sehen. Sie tastete sich an der Wand entlang und sank langsam auf den sandigen Boden. Zu ihrem größten Erstaunen riss er ein Streichholz an und zündete eine Öllampe an.
Flackerndes Licht erhellte aufragende Felssäulen und einen glitzernden Teich, der durch einen unterirdischen Fluss gespeist wurde. Es beleuchtete noch ein anderes Bild, das ihr normalerweise ein lautes Lachen entlockt hätte: Omeir hatte sich ebenfalls durch die Öffnung gezwängt und trottete zum Wasser, um geräuschvoll seinen Durst zu stillen.
„Du und dein Wunderpferd wart offenbar schon einmal hier“, sagte sie zu Sharif.
Er legte seine „kaffiyeh“ beiseite. Sein schwarzes Haar war zerzaust und sein Gesicht staubig. Dann ließ er sich neben dem Wasser nieder, wusch sich das Gesicht und benutzte die Kopfbedeckung als Handtuch.
„Trotz deines Fehlers hast du nach wie vor eine ziemlich spitze Zunge.“
Sie presste die Lippen zusammen. Es war ein langer Tag gewesen, und sie fühlte sich wie zerschlagen. Am meisten ärgerte sie jedoch, dass der Ritt in die Wüste eine totale Verschwendung von Zeit und Energie gewesen war. Sharifs herablassender Tonfall brachte das Fass zum Überlaufen.
„Nur zu, nenn mich eine Betrügerin und Lügnerin, weil ich versucht habe …“
„Fortzulaufen?“
„Ich bin nicht fortgelaufen.“ Faye ballte die Hände zu Fäusten. „Du hast mir keine Wahl gelassen. Du hast mich gezwungen …“
„Du hast meine Bedingungen akzeptiert.“
Daran wollte sie lieber nicht erinnert werden. „Meine Abreise war meine Art, dir zu sagen, dass ich mich nicht erpressen lasse.“
„Das habe ich in keiner Weise getan.“ Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Nenn mir einen guten Grund, weshalb ich deinen Bruder hätte auslösen sollen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen.“
Percys boshafte Äußerungen vorhin am Telefon hatten Faye zutiefst gekränkt, und Sharifs Worte waren einfach zu viel. Sie sah rot. „Nach allem, was du mir letztes Jahr angetan hast, finde ich nicht, dass es zu viel verlangt ist, wenn ich dich um einen Gefallen bitte!“
Er zog hochmütig eine Braue hoch. „Was ich dir angetan habe?“
„Du hast den Tag, der der schönste in meinem Leben werden sollte, in einen Albtraum verwandelt! Aber du weißt nicht einmal, wovon ich rede, oder?“ Ihre Stimme bebte. „Ich meine meinen Hochzeitstag. Du hast mich gebeten, dich zu heiraten. Du hast mich ein Hochzeitskleid anziehen und etwas Blaues tragen lassen …“
„Etwas Blaues?“, unterbrach er sie verwirrt. „Was bedeutet ‚etwas Blaues‘?“
„Dabei wusstest du die ganze Zeit, dass du mich unmittelbar nach der Zeremonie verstoßen würdest“, fuhr sie unbeirrt fort. „Nicht etwa, weil sich deine Gefühle geändert hatten, sondern weil du es von Anfang an so geplant hattest!“ Faye war nicht mehr zu bremsen. „Du hast mich gebeten, dich zu heiraten, aber du hast den Antrag nicht ernst gemeint. Ich habe dir vertraut, und du hast mein Vertrauen missbraucht.“
Wütend kam Sharif näher. „Wie kannst du mich des Betrugs beschuldigen, nachdem du dich mit deinem Stiefvater verschworen hattest, um mich zu erpressen?“
„Das ist nicht wahr“, verteidigte sie sich. Egal, was Sharif sich einbildete, sie hatte nichts mit Percys kriminellen Machenschaften zu tun. „Ich habe dich in gutem Glauben geheiratet.“
„Trotzdem hast du nicht versucht, mir die Scheidung auszureden.“
„Wie bitte?“
„Hast du mich etwa gebeten, dir zu verzeihen?“
„Mir zu verzeihen?“ Seine Frage brachte sie völlig aus der Fassung. Warum hätte sie versuchen sollen, ihn an der Scheidung zu hindern, wenn dies von Anfang an seine Absicht gewesen war?
„O nein, statt beschämt den Kopf zu senken und die Wahrheit über deine gierigen Pläne zu gestehen, bist du so schnell wie möglich aus der Botschaft geflohen, den Scheck fest in deinen kleinen Händen!“
„Den Kopf hätte ich beschämt senken sollen?“
„Du hattest überhaupt kein Schamgefühl, und nun behauptest du, mich in gutem Glauben geheiratet zu haben.“ Er verzog verächtlich die Lippen. „Eine echte Ehefrau, eine echte Braut hätte niemals
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