Julia Exklusiv Band 0197
Aktzeichnungen hiesiger Künstler.“
Serena seufzte. „Und ich wette, die Modelle waren allesamt weiblich.“
„Würdest du männliche Akte denn vorziehen?“
„Nun, ich vermute, eine Mischung wäre am interessantesten. Das Kunstwerk, das mich auf meiner Rucksacktour durch Europa jedenfalls am meisten beeindruckt hat, war die David-Statue von Michelangelo.“
„Das mag daran liegen, dass sie im Lichthof der Akademie so spektakulär zur Schau gestellt ist.“
„Du warst auch in Florenz?“
„Ich war einige Male in Italien.“
„Oh … natürlich!“
Sie verstummte errötend. Nic verwünschte sich, dass er sie so unbedacht wieder an den Reichtum seiner Familie erinnert hatte. Behutsam ermutigte er sie nun, ihm von ihrer Reise durch Europa zu erzählen, und hörte ihr aufmerksam und mit wachsender Bewunderung zu. Sie war damals erst einundzwanzig gewesen, als sie sich, begleitet von einer gleichaltrigen Freundin, mutig in die weite Welt gewagt hatte. Sie hatten in einfachen, preiswerten Unterkünften übernachtet und sich viele Gegenden zu Fuß erwandert, um Geld zu sparen … und auf diese Weise einen ganz anderen Einblick in das jeweilige Land und seine Kultur gewonnen.
Als sie schließlich an Nics Seite die Kunstgalerie betrat, wirkte sie schon viel entspannter. Nachdem sie sich mit einem Glas guten Weines versorgt und von den exquisiten Snacks gekostet hatten, lauschten sie erst einmal der Rede des Bürgermeisters, mit der die Hauptausstellung eröffnet wurde. Dann nahmen sie sich Zeit, um die ausgestellten Plakate zu würdigen.
In wirklich harmonischer Stimmung verließen sie die Galerie. Zum „Iguana Joe’s“ war es nur eine kurze Fahrt mit dem Auto. Das Restaurant lag im Hafenviertel direkt am Wasser, in bester Lage zwischen dem Kai der Fähren und dem Jachtclub. Ein Ober führte Serena und Nic dienstbeflissen an den reservierten Tisch und reichte ihnen die Speisekarte. Serena wählte, ohne zu zögern, Austern, gefolgt von gegrilltem Schwertfisch mit Krabbenrisotto und Feigenkompott. Allem Anschein nach bewegte sie sich ohne Berührungsängste in dieser exklusiven Umgebung. Womit sich für Nic erneut die Frage stellte, was genau sie in Sydney gemacht hatte.
Er entschied sich, der Sache auf den Grund zu gehen.
„Was habt ihr nach dem Tod eurer Eltern denn angefangen, du und deine Schwester, Serena?“
Der Moment der Wahrheit war gekommen. Serenas Herz pochte heftig. Aber sie hatte nicht vor, sich zu drücken. Dies war die Nagelprobe. Wenn Nic Moretti abwertend darauf reagieren würde, dass sie als Friseuse gearbeitet hatte, war es besser, es sofort hinter sich zu bringen.
Sie atmete tief ein. Schließlich war es keine Schande, arm zu sein und die Arbeit annehmen zu müssen, die sich einem bot. Nics Blick verriet aufrichtiges Interesse und Mitgefühl. Serena ließ ihn nicht aus den Augen, um festzustellen, ob sich seine Einstellung ihr gegenüber verändern würde. Wie immer sein Urteil ausfallen würde, es würde die zukünftige Richtung ihrer Beziehung bestimmen.
„Michelle und ich hatten keine Ahnung, wie hoch unsere Eltern verschuldet gewesen waren. Mehrere Dürrejahre hatten dafür gesorgt, dass die Farm bis zur Grenze belastet war …“
„Wo befand sich die Farm eurer Eltern?“
„In der Nähe von Mudgee. Dad züchtete Schafe und daneben Bordercollies, die er als Hütehunde ausbildete.“ Serena schüttelte versonnen den Kopf. „Als der Nachlass schließlich geordnet war, blieb kein Geld übrig, womit wir die Beendigung unserer Ausbildung hätten bezahlen können. Michelle, die in Sydney Jura studiert hatte, brach ihr Studium ab und fand eine Stelle im Polizeidienst.“
„Und du?“
„Ich musste die Schule abbrechen und zog zu Michelle nach Sydney. Und ich nahm die einzige Lehrstelle an, die ich damals finden konnte … bei einem Friseur.“
Nic zog überrascht die Brauen hoch, doch Serena hielt seinem Blick stolz stand.
„Ich war fest entschlossen, so gut zu sein, dass man in dem Salon gar nicht daran denken würde, mich wieder gehen zu lassen. Für Michelle und mich war das eine schwierige Zeit. Wir mussten aus dem Nichts ganz allein zurechtkommen und uns ein neues Leben aufbauen.“
Er nickte und betrachtete sie bewundernd. „Ich wette, du warst der beste Friseurlehrling, den Sydney je gesehen hatte.“
„Nun, ich war zumindest die Beste meines Ausbildungsjahrgangs und habe einige Preise für Frisuren- und Farbkreationen gewonnen. Dadurch erhielt ich die
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