Julia Exklusiv Band 0197
großer Anreiz für mich, Sie so darzustellen, dass der Betrachter Sie ganz klar erkennt und dabei das Trikot vergisst. In technischer Hinsicht ist es natürlich schwierig, eine Nackte zu malen, die nicht nackt ist. Aber ich würde es schaffen.“
Nun hörte sie wieder jenen leidenschaftlichen Eifer aus seiner Stimme heraus. Sprach er nur dann so, wenn es um seine Arbeit ging? Oder gab es noch etwas anderes, das seine Gefühle erregte, seine Augen so sinnlich glänzen ließ?
Er strahlte eine ungeheuere innere Kraft aus, die Cleo beinahe in die Versuchung führte, seinen Wunsch zu erfüllen. Gerade noch rechtzeitig hielt sie sich zurück. Was würden ihr Vater und ihre Freunde sagen, wenn sie ein solches Gemälde sahen? Natürlich kannten sie die Fotos in den Zeitschriften, die das Model Cleo Rossiter oft nur spärlich verhüllt zeigten. Aber ein solches Bild wäre etwas ganz anderes. Sicher würde Maxim Brenner sie so malen, wie sie nie zuvor ausgesehen hatte.
„Sie wurden beauftragt, mich zu portraitieren – das ist alles“, entgegnete sie. „Ich möchte mich weder ausziehen noch im Trikot posieren, und ich will auch nichts mehr von diesem Gerede über meine Maske hören, die ich fallen lassen müsste. Sie sollen nichts weiter tun, als ein schlichtes, unkompliziertes Bild von mir anzufertigen.“
Seine dunklen Augen hielten ihren Blick fest. „Ich male keine schlichten, unkomplizierten Bilder. Und Sie werden sich vor mir ausziehen, Cleo. Oh, das meine ich nicht wörtlich“, fügte er hinzu, als sie ihn entsetzt ansah. „Ich meinte damit nur, dass Sie mir Ihre Seele zeigen werden, und die beabsichtige ich in Ihrem Portrait einzufangen.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, verließ er das Zimmer.
4. KAPITEL
Cleo streifte das verschwitzte Trikot von ihrem Körper und duschte. Nachdem sie ihr frisch gewaschenes Haar mit einer Lockenschere gekräuselt und ein kurzes Kleid in grellem Pink angezogen hatte, fühlte sie sich etwas besser. Nun blickte ihr wieder das gewohnte Spiegelbild entgegen. Und was immer Maxim Brenner auch sagen mochte – ihr Portrait würde so aussehen, wie sie es wollte.
Ein leises Magenknurren erinnerte sie daran, dass sie seit der Ankunft in diesem Haus keine einzige richtige Mahlzeit zu sich genommen hatte. Sie nahm ihren Autoschlüssel, in der Absicht, nach Ambleside zu fahren und ein Restaurant zu suchen, doch dann legte sie ihn wieder weg. Man konnte ihr wohl kaum zumuten, ihren Wagen über diese schmalen kurvenreichen Straßen zu lenken. Außerdem musste sie sofort etwas essen.
Sie ging in die Küche und inspizierte den Inhalt des Kühlschranks. Da ihr offenbar nichts anderes übrig blieb, als kochen zu lernen, fing sie am besten mit einem einfachen Gericht an. Und nachdem auf allen Tiefkühlpackungen genaue Gebrauchsanweisungen standen, durfte es keine großen Schwierigkeiten geben. Eins der Gerichte musste man nur für eine halbe Stunde in den Backofen schieben. Wunderbar, dachte Cleo. Morgen nehme ich was Komplizierteres in Angriff.
Während sie auf ihren Lunch wartete, sichtete sie Maxims reichhaltige Vorräte. Es gab auch frische Lebensmittel, vor allem Gemüse. Auf einem Regal in der Ecke stapelten sich Kochbücher. Cleo begann darin zu blättern und las verschiedene Rezepte. Die Anweisungen waren anscheinend leicht zu befolgen, und ihre Zuversicht wuchs. Das Kochen konnte gar nicht so mühsam sein, wenn man es Schritt für Schritt lernte. Und da es so aussah, als würde sie in den nächsten Tagen viel Zeit haben, wollte sie die Gelegenheit nutzen. Auch wenn sie es sich nur widerstrebend eingestand – Maxim hatte recht. Es ist wirklich eine Schande, wenn eine Frau in meinem Alter keine Mahlzeit zustande bringt, sagte sie sich.
Das Tiefkühlgericht entsprach nicht gerade dem Gourmet-Standard, aber Cleo war zu hungrig, um das zu bemängeln. Sie aß alles bis auf den letzten Bissen auf und beendete ihren Lunch mit frischem Obst.
Am frühen Nachmittag ließ sich Maxim noch immer nicht blicken. Wahrscheinlich arbeitete er in seinem Atelier. Cleo seufzte leise. Heute wird mein Portrait wohl keine nennenswerten Fortschritte machen, überlegte sie. Wie lange würde sie hier ausharren müssen?
Draußen strahlte verlockender Sonnenschein, und sie beschloss, sich in den Garten zu setzen. Im frühen Herbst war es immer noch warm. Also wollte sie die Gelegenheit nutzen, ihre zarte, auf den Bermudas erworbene Bräune zu vertiefen. Sie zog Shorts und ein ärmelloses T-Shirt an.
Wie
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