Julia Exklusiv Band 0197
Backofen.“
„Bei der richtigen Temperatur?“, erkundigte sich Maxim sanft.
„Nun – der Kuchen braucht eine andere Temperatur als die Chips, also habe ich mich für den goldenen Mittelweg entschieden.“
„Wenn Sie die Chips bei einer niedrigeren Temperatur backen, müssen Sie sie eben länger drinlassen. Andererseits hätten die Hamburger nicht so lange unter dem Grill bleiben dürfen.“ Belustigt schnitt Maxim in seinen Hamburger, ein verkohlter Klumpen flog quer über seinen Teller.
„Die Bohnen sind gar nicht so schlecht“, meinte Alice versöhnlich, und Cleo hätte sie vor Dankbarkeit am liebsten geküsst.
„Grauenvoll!“ William bedachte seinen Vater mit einem düsteren Blick. „Noch schlimmer als in der Schule!“
„Okay!“ Cleo räumte die Teller weg. „Vergessen wir die Chips und die Hamburger. Wir haben ja den Kuchen. Es ist ein Rührkuchen. Nun, was sagt ihr dazu?“
„Ich mag Kuchen!“, rief Alice fröhlich.
Cleos Herz flog ihr förmlich entgegen. Mit einem solchen Kind konnte sie zurechtkommen. Was William betraf, hegte sie allerdings starke Bedenken. Sobald sie den Kuchen aus dem Ofen genommen hatte, wusste sie, dass er misslungen war. Die deutlich sichtbare Vertiefung in der Mitte ließ keinen Zweifel daran.
„Sie haben zu viel Milch genommen“, verkündete Alice mit der Autorität einer Expertin. „Davon wird der Kuchen zu matschig.“
Nun verspürte Cleo auch gewisse Ressentiments, was Alice anging. Und sie staunte über sich selbst, weil die drei durchdringenden Augenpaare sie dermaßen aus der Fassung brachten. Vielleicht wäre alles nicht so furchtbar gewesen, wenn sie sich nicht so ernsthaft um das Dinner bemüht hätte.
„Also gut, ich kann nun mal nicht kochen“, gab sie in herausforderndem Ton zu. „Aber das ist mir egal“, log sie und warf den matschigen Rührkuchen in den Abfalleimer. „So wichtig ist das auch wieder nicht, oder?“ Plötzlich musste sie mit den Tränen kämpfen. „Ich meine, die Welt wird nicht zusammenbrechen, nur weil ich ein Dinner verdorben habe.“ Weitere Tränen brannten ihr in den Augen, und gleich darauf spürte sie hilflos, wie sie über ihre Wangen rollten. „Im Kühlschrank gibt es noch mehr Chips und Hamburger, aber für mich braucht ihr nicht zu kochen. Ich bin nicht mehr hungrig.“ Überwältigt von ihrer demütigenden Niederlage, eilte sie blindlings zur Tür.
Während sie hinausrannte, hörte sie William verwirrt fragen: „Warum heult sie denn?“
Maxims Antwort verstand sie nicht. Sie lief weiter, aus dem Haus, in die kühle Abendluft hinaus. Dann ging sie etwas langsamer über die Wiese, setzte sich auf einen umgestürzten Baumstamm und blickte zum See. Nie zuvor hatte sie eine friedlichere Szenerie gesehen. Die Sonne versank hinter den Bergen, bemalte den Himmel mit ihrem Farbenspiel, und an den Ufern vertieften sich die Schatten.
Sie hörte Maxims Schritte nicht. Deshalb zuckte sie erschrocken zusammen, als er sich neben sie auf den Baumstamm setzte. „Gehen Sie weg!“, verlangte sie mit leiser, zitternder Stimme.
„Regen Sie sich immer noch auf, weil Sie das Dinner ruiniert haben?“
Sie wollte versichern, sie sei kein bisschen aufgeregt. Stattdessen platzte sie zu ihrem eigenen Entsetzen heraus: „Ich bin zu nichts nütze, und das ist ein grässliches Gefühl!“
„Viele Leute lassen Hamburger verkohlen und backen matschige Kuchen“, entgegnete er gleichmütig.
„Aber ich kann überhaupt nichts“, seufzte Cleo unglücklich.
„Sie sind ein Topmodel“, erinnerte er sie. „Also haben Sie doch schon einiges geleistet.“
„Nein, das war reines Glück, weil ich mit dem richtigen Gesicht, dem richtigen Körper und dem richtigen Look auf die Welt kam. Und ich wurde nur ein Model, weil ich nichts anderes mit mir anzufangen wusste. Jetzt bin ich dreiundzwanzig, mein Leben führt nirgendwohin, und ich weiß nicht, was ich dagegen machen soll.“ Schon in der nächsten Sekunde bereute sie ihr Geständnis. Maxim Brenner war gewiss nicht der Mann, der das alles wissen durfte. Er konnte ihr nicht helfen. Selbst wenn er es wollte, er würde es nicht tun. Sie bedeutete ihm nichts. Für ihn war sie nur ein Mädchen, das er portraitieren musste. Und dazu hatte er sich nur bereit erklärt, weil er von ihrem Vater unter Druck gesetzt worden war. „Vergessen Sie alles, was ich gesagt habe“, flüsterte sie. „Ich bin nur müde, und ich habe es nicht so gemeint.“
„Jedes Wort haben Sie ernst gemeint“,
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