Julia Exklusiv Band 0197
um und ging zurück ins Schlafzimmer.
Nun musste Isobel ihm folgen, um das Gespräch fortzusetzen. „Warum hast du mir das nicht alles gesagt, anstatt mich wie Luft zu behandeln?“
„Das ist viel verlangt“, erwiderte er, ohne sie anzusehen. „Dann hätte ich dir auch sagen müssen, dass ich ein verdammter Egoist war, der dich mit niemandem teilen wollte – nicht einmal mit seinem eigenen Kind! Als du es verloren hast, ist für mich eine Welt zusammengebrochen.“ Er fluchte leise. „Unser Kind musste sterben, weil ich seinen Tod herbeigewünscht habe. So dachte ich damals, und so denke ich heute noch. Mit dieser Schuld muss ich leben.“
„Jetzt verstehe ich auch, warum du mich nicht zurückgehalten …“
„Ehrlich gesagt, war ich fast ein wenig erleichtert, als du gegangen bist“, unterbrach er sie sanft. „Immerhin blieb es mir so erspart, dir über kurz oder lang gestehen zu müssen, dass ich unser Kind auf dem Gewissen habe.“
„Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass ich dich gebraucht habe?“ Noch vor wenigen Augenblicken hätte sie nicht die Kraft aufgebracht, ihm diese Frage zu stellen. Doch so schmerzlich die Wahrheit auch war, mit weniger wollte Isobel sich weder jetzt noch sonst irgendwann in ihrem Leben zufriedengeben.
„Nein“, gestand er und senkte den Kopf. „Ich habe mich selbst verachtet. Da fiel es leicht, mir einzureden, dass du mich auch verachtest.“
„Das habe ich auch“, bestätigte sie seine Annahme, ehe sie einschränkend hinzufügte: „Zumindest bis mir klar wurde, dass es weder deine noch meine Schuld war.“
Als Leandros aufblickte und sie seinen gequälten Gesichtsausdruck sah, musste sie erst ihre Tränen hinunterschlucken, ehe sie weitersprechen konnte. „Laut Statistik ist die Fehlgeburtenrate in den ersten drei Monaten sehr hoch – erst recht bei der ersten Schwangerschaft. Dass ich unser Kind verloren habe, war Schicksal.“
Isobel wusste selbst nicht, warum sie sich von Leandros abwandte. Lag es an seinem Blick oder an der maßlosen Trauer, die sie plötzlich empfand? Als er hinter sie trat und ihr die Hände auf die Schultern legte, wollte sie zunächst protestieren. Doch dafür genoss sie die tröstliche Berührung viel zu sehr.
„Du bist nicht der Einzige, den Schuldgefühle geplagt haben“, brachte sie hervor. „Ich fühlte mich als Versagerin, und zwar auf der ganzen Linie. Und gegangen bin ich vor allem, weil ich das Wissen nicht länger ertragen habe, dass mir ohnehin niemand zugetraut hat, dass ich eine gute Mutter sein kann.“
Anstatt etwas zu erwidern, ließ er die Hände zu ihren Hüften gleiten – und entschied sich damit genau richtig. Um ihm etwas von dem Trost zurückzugeben, drehte sich Isobel zu ihm um, legte ihm die Hände um den Nacken und schmiegte den Kopf an seine Schulter.
„Was andere denken, darf uns nicht interessieren“, sagte er einfühlsam. „Wir haben eine zweite Chance bekommen, und ab morgen sollten wir alles tun, um sie zu nutzen.“
„Warum erst ab morgen?“
Einen Moment lang stand die Frage im Raum, doch umso entschiedener fiel schließlich seine Antwort aus. Mit spielerischer Leichtigkeit hob Leandros Isobel hoch und presste den Mund auf ihren, ehe er sie zum Bett trug. Nicht einmal der Schlaf, der sie irgendwann übermannte, konnte sie trennen, und auch unter die Dusche gingen sie gemeinsam. Erst als die Sonne schon hoch am Himmel stand und es Zeit wurde, sich anzuziehen, ging Isobel schweren Herzens in ihr Zimmer.
Als sie wenige Minuten später die Terrasse betrat, holte die raue Wirklichkeit sie jäh wieder ein. Leandros trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine Krawatte – und das konnte nur bedeuten, dass er ins Büro wollte.
„Nur für einige Stunden“, versicherte er, nachdem sie ihn darauf angesprochen hatte. „Ich bin selbst erst vor Kurzem von einem langen Auslandsaufenthalt zurückgekommen. Und als hätte ich nicht schon genug zu tun, hält mich auch noch Nikos’ Hochzeit auf Trab.“
Die Anspielung auf seine Zeit in Spanien überhörte sie geflissentlich. „Wann findet die Hochzeit denn statt?“, fragte sie Leandros und setzte sich ihm gegenüber an den reich gedeckten Frühstückstisch.
„Nächste Woche“, erwiderte er und stand auf, um ihr Kaffee einzuschenken. „Bis dahin stehen eine Unmenge Bälle und Empfänge ins Haus. Da unser Vater tot ist, erwartet man von mir, dass ich an jedem teilnehme. Deshalb war ich gestern Abend auch bei meiner Mutter“, fügte er
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