Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Sue.“
Als sie endlich das Foyer betraten, warf Gina ihm einen spöttischen Blick zu. „Eine schreckliche Frau, aber sie hat recht. Du würdest einen tollen Cowboy abgeben. Einen edlen, natürlich.“
„Western, in denen die Guten gegen die Bösen siegen, gibt es nicht mehr. Du bist nicht auf dem Laufenden, Kindchen.“
Woraufhin sie ihm mit einer Grimasse antwortete, leider gerade, als Kameras aufblitzten. Nicht eine Sekunde durfte sie vergessen, dass jede ihrer Bewegungen beobachtet wurde. Möglich, dass irgendein Journalist auf die Idee kam, ihre Grimasse als erstes Anzeichen für den Niedergang ihrer Ehe zu deuten.
Sam Walker kam auf sie zu und begrüßte sie herzlich. Seit der Beerdigung ihres Großvaters hatte Gina ihn nicht mehr gesehen. Er schlug ihnen vor, schon im Vorführraum Platz zu nehmen, um den Fotografen und Kamerateams zu entgehen.
Nach dem üblichen Warten auf den Star des Abends kam Dione Richards großer Auftritt. Während sie zur Leinwandbühne schwebte, grüßte sie exaltiert in die Zuschauermenge und hatte ein Gefolge von Filmleuten im Schlepptau. Selbst Gina musste zugeben, dass sie toll aussah in ihrem feuerroten Kleid. Als der Star an ihrer Reihe vorbei kam, bedachte sie Gina mit einem herablassenden flüchtigen Blick, um Ross direkt im Anschluss ein strahlendes Lächeln zu schenken, das er nicht erwiderte. Trotzdem krampfte sich Ginas Magen zusammen.
Danach quälte sie sich zwei Stunden durch den nicht gerade einfallsreichen Film. Meryl Thornton hatte völlig recht: Dione war keine begnadete Schauspielerin, aber ihre Leinwandpräsenz fesselte die Zuschauer. Entsprechend begeistert war dann auch der Applaus.
Der Mann neben Ross war nach dem Film völlig aus dem Häuschen. Lauthals verkündete er, dass der Film ein weiterer Kassenschlager würde und Dione ihren Partner an die Wand gespielt hätte. Gina machte ein finsteres Gesicht: Beides mochte stimmen, aber gewiss nicht aufgrund von Schauspielkunst.
Ross musterte sie von der Seite, sagte aber nichts.
Die Premierenfeier fand in der Villa des Produzenten statt. Noch aus den goldenen zwanziger Jahren stammend, hatte die Villa eine Treppe, die es mit der aus „Vom Winde verweht“ aufnehmen konnte.
Überall im unteren Geschoss drängten sich Gäste, auch draußen auf der Terrasse und unter den Palmen um den Pool. Einige verrückte junge Leute kühlten sich sogar darin ab – mit ihrer Kleidung.
„Sie ruinieren sich ihre teuren Klamotten“, ärgerte sich Gina.
„Was nicht mehr zu retten ist, wird einfach ersetzt“, erwiderte Ross ungerührt. „Diese Kinder haben für das, was sie am Leib tragen, keinen Finger gekrümmt.“
Diese Kinder waren schätzungsweise schon Anfang zwanzig. Aber Gina musste zugeben, dass sie sich wirklich nicht wie Erwachsene benahmen, woran aber niemand Anstoß zu nehmen schien.
Drinnen wie draußen wurde getanzt. Wer Hunger hatte, konnte sich an einem Büfett selbst bedienen. Ross machte Gina mit ein paar Leuten aus der Filmbranche bekannt, die herumstanden und fachsimpelten. Irgendwann verschwand er, um ihre Gläser nachzufüllen.
Als er nach zwanzig Minuten immer noch nicht zurück war, begann sie unruhig zu werden. Er würde es doch nicht wagen? Nicht jetzt und hier!
Nach weiteren zehn Minuten machte sie sich auf die Suche nach ihm. Sie entschuldigte sich und wanderte durch die Räume, um nach ihrem verloren gegangenen Ehemann Ausschau zu halten.
Doch er war nirgends zu entdecken. Auch Dione war wie vom Erdboden verschluckt. Immer stärker nagte das Misstrauen an Gina. Sie dachte an Diones Lächeln. Siegessicher war es gewesen – und besitzergreifend. Offenbar wusste sie, welche Macht sie über Ross hatte. Wenn sie jetzt zusammen waren …
Während Gina weiter freundlich lächelte, zog sich ihr Herz immer enger zusammen. Da sie sich nicht die Blöße geben wollte, die Schlafzimmer im Obergeschoss sowie die verschwiegenen Ecken des Hauses zu durchkämmen, blieb ihr nichts anderes übrig, als zu warten, bis Ross von allein wieder auftauchte. Gut, dass Sam Walker sie entdeckte und zu seinen Freunden mitnahm. Aber es fiel ihr schwer, so zu tun, als verfolge sie das Gespräch mit Interesse.
Als jemand von hinten die Hände um ihre Taille legte, zuckte sie zusammen.
„Ich habe überall nach dir gesucht“, sagte Ross und nickte den anderen in der Runde zu. „Du warst doch eben noch draußen.“
„Das war vor vierzig Minuten“, erwiderte sie knapp. „Und wo ist der versprochene
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