Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Kindermädchen dabei behilflich sein“, sagte sie zaghaft.
„Ameerahs Kindermädchen?“
„Ja, ich sah sie gestern, als sie Ihrer Tochter hinterherlief.“
„Ich verstehe.“ Seine Miene verdüsterte sich. „Und nun glauben Sie, dass ich Sie angelogen habe, als ich gestern gesagt habe, dass es keine weiblichen Angestellten in diesem Haus gibt.“
Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Aber bevor sie antworten konnte, hatte Hanif ihr kurzes Schweigen bereits als Bestätigung gedeutet.
„Warum sollte ich das tun?“, fragte er und sah ihr fest in die Augen. Als sie beschämt den Kopf senkte, streckte er die Hand aus und hob ihr Kinn sanft an, sodass sie gezwungen war, seinen Blick zu erwidern. „Glauben Sie, dass ich der Typ Mann bin, der eine hilflose Frau in sein Haus lockt und sie dort zu seinem Vergnügen gefangen hält?“
Endlich fand Lucy ihre Sprache zurück. „Nein, das glaube ich nicht“, versicherte sie ihm.
Hanif ließ seine Hand sinken. „Sie haben recht, misstrauisch zu sein. Sie wissen schließlich so gut wie gar nichts über mich.“
Doch sie wusste genug. „Ich weiß, dass Sie mein Leben gerettet haben, Hanif. Und dass Sie weder Kosten noch Mühen gescheut haben, um mich so gut wie möglich zu versorgen. Und ich weiß auch, dass Sie das getan haben, weil Sie ein gutes Herz haben.“ Sie versuchte, die Situation mit einem Scherz zu entspannen. „An meiner Schönheit kann es schließlich nicht gelegen haben.“
Seine Miene blieb ernst. „Die Ankunft Ameerahs und ihres Kindermädchens Fathia war ebenso unerwartet wie die Ihre. Sie sind erst gestern Nachmittag hier eingetroffen.“
Lucy hatte das Gefühl, dass Hanif es nicht gewöhnt war, Erklärungen abzugeben oder sich vielleicht sogar zu rechtfertigen. Ihr wurde bewusst, dass ihr soeben eine besondere Ehre zuteilgeworden war.
„Lebt sie denn nicht bei Ihnen?“, erkundigte sie sich. Nur ein leichtes Zittern ihrer Stimme verriet noch, wie spannungsgeladen die Situation gewesen war. „Ihre Tochter, meine ich?“
„Dies hier ist nicht der richtige Ort für ein Kind“, erklärte er abschätzig. „Ameerah lebt bei ihrer Großmutter in der Stadt.“ Er erhob sich und lächelte bitter. „Ich nehme an, als meine Mutter gehört hat, dass ich eine junge Europäerin hier aufgenommen habe, hat sie sogleich Ameerah und Fathia ausgesandt, weil sie besorgt um meine Ehre war. Oder um die Ihre, wer weiß das schon.“
„Es tut mir leid, dass ich Ihnen solche Umstände mache.“
„Mash’Allah“ , sagte er und reichte ihr die Krücken. Während sie sich damit Schritt für Schritt vorwärtsbewegte, blieb er dicht hinter ihr, um sie sofort stützen zu können, wenn sie seine Hilfe brauchte.
„Mash’Allah“ , wiederholte sie, als sie die Schwelle der Balkontür überquerte. „Es ist Gottes Wille?“
„Sie haben Arabisch gelernt?“, erkundigte er sich interessiert.
„Ich habe mir vor der Reise einen dieser Sprachkurse gekauft“, antwortete sie. „Ich hatte …“ Sie brach ab. Sie hatte vorgehabt, Steve mit ihren Kenntnissen zu überraschen und sich damit in ihrem gemeinsamen Unternehmen nützlich zu machen. „Ich hatte ziemliche Schwierigkeiten“, beendete sie ihren Satz schließlich.
„Es ist schwierig, wenn man nicht vor Ort ist. Aber jetzt, wo Sie hier sind, wird es Ihnen leichter fallen. In vier Wochen kann man schon eine ganze Menge lernen.“
„In vier Wochen?“
„Sie wollten doch wissen, wie lange es dauern wird, bis Ihr Bänderriss verheilt ist. Ich habe deshalb noch einmal mit Ihrem Arzt gesprochen. Er sagte, drei bis vier Wochen.“
„Oh. Vielen Dank. Aber ich kann Ihnen versichern, dass ich Ihre Gastfreundschaft nicht so lange strapazieren werde.“
„Davon kann überhaupt keine Rede sein“, versicherte Hanif. „Und was werden Sie tun, wenn Sie wieder zurück in England sind? Sie haben selbst gesagt, dass Sie allein wohnen. Wie wollen Sie einkaufen, kochen?“
Gute Frage. Eines wusste Lucy jedoch: Sie würde sich auf keinen Fall Hilfe von der Kirche ihrer Großmutter erhoffen können. Die Menschen dort hatten in der Sekunde das Interesse an ihr verloren, als ihnen klar geworden war, dass sie keine weiteren Zahlungen zu erwarten hatten. Außerdem hielten sie Lucy für einen hoffnungslosen Fall. Sie war ein Kind der Sünde und würde ohnehin in der Hölle schmoren.
Hanif schien ihr Schweigen als Zustimmung zu deuten. „Sie bleiben hier, bis Sie vollständig wiederhergestellt sind. Oder bis Ihr
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