Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
geschwungene Terrasse, von der aus man einen herrlichen Blick auf das Tal haben musste – soweit der Smog es zuließ.
Nachdem Ross die Haustür aufgeschlossen hatte, betraten sie eine große runde Halle, die vollständig mit Marmor ausgelegt war. Von hier wand sich eine Treppe mit einem wunderschön geschmiedeten Geländer hinauf zu einer Galerie. Fasziniert fragte sich Gina, woher die vielen farbigen Lichtstrahlen kamen. Als sie den Kopf in den Nacken legte, entdeckte sie das atemberaubende Glasdach, welches das Atrium krönte.
In diesem Moment trat eine Frau durch eine der vielen Türen in die Halle. Sofort vermutete Gina, dass es Elinor Harlow war. Für ihr Alter sah sie sehr jung aus, denn sie musste schließlich mindestens Mitte fünfzig sein. Ihr dunkles Haar mit der klassischen Frisur, ihr Make-up sowie das Kleid in gebrochenem Weiß zeugten von einem dezenten Geschmack, die schlanke weibliche Figur verriet eine anmutige Beweglichkeit.
„Man sieht sofort, dass Sie Jennys Tochter sind“, rief sie Gina entgegen, eilte auf sie zu und ergriff ihre Hand. „Sie ahnen nicht, wie wichtig es für meinen Mann ist, dass Sie gekommen sind“, sagte sie mit einem warmen Lächeln. „Er bedauert es sehr, wie er sich vor Jahren verhalten hat. Vielleicht können Sie ihm verzeihen.“
„Deswegen bin ich hier“, sagte Gina. „Wo ist Oliver denn?“, fragte Ross.
„Er schläft.“ Plötzlich wirkte Elinor sehr ernst. „Heute geht es ihm überhaupt nicht gut.“
„Er wird sich bestimmt erholen.“ Ross’ Stimme klang zuversichtlich. „Bis jetzt hat er es immer wieder geschafft. Jedenfalls sollten wir Gina jetzt ihr Zimmer zeigen, damit sie auspacken und sich frisch machen kann.“
„Ich begleite Sie hinauf“, bot Elinor an. „Die Koffer kann Michael später hochtragen.“
„Sie hat nur einen“, erklärte Ross. „Ich wusste gar nicht, dass es Frauen gibt, die mit leichtem Gepäck reisen.“
Seine Mutter drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. „Manche Frauen möchten eben auf alle Möglichkeiten vorbereitet sein, mein Schatz. Man weiß schließlich nie im Voraus, was man braucht.“
Während sie die Treppe hinaufging, spürte Gina, dass Ross sie mit seinem Blick verfolgte. Deshalb war sie sehr erleichtert, als sie die Galerie erreichten.
„Ihr Haus ist wirklich beeindruckend“, sagte sie. „So geschmackvoll und riesig.“
Elinor lachte. „Dabei ist es gegen andere in Mullholland sogar noch bescheiden. In unserer Straße steht die Gregory Villa. Die gilt hier als riesig. Angeblich gehörte sie einmal Valentino.“ Mit einer einladenden Bewegung öffnete sie eine Tür. „Das ist Ihr Reich. Ich hoffe, Sie fühlen sich darin wohl.“
Der Raum war größer als Ginas gesamtes Apartment in England. In seiner Mitte stand – auf einem mit Teppich bezogenen Podest – ein breites Bett. Sein cremefarbener Seidenüberwurf passte hervorragend zu den Gardinen und dem Rest der Möbel.
„Das werde ich gewiss“, sagte sie und unterdrückte das Bedürfnis, ihrer Bewunderung lauthals Ausdruck zu verleihen.
„Wir essen nicht vor acht zu Abend“, sagte Elinor. „Aber wenn Sie hungrig sind, lasse ich Ihnen eine Kleinigkeit nach oben bringen.“
„Nein danke. Ich habe im Flugzeug mehr als genug bekommen. Es war mein erster Flug in der ersten Klasse.“ Sie lächelte. „Man kann sich daran gewöhnen.“
„Das werden Sie wohl auch müssen“, erwiderte Elinor leichthin. „Wenn Sie ausgepackt haben, leisten Sie uns doch bitte Gesellschaft. Wir sitzen auf der oberen Terrasse.“
Wegen ihrer Bemerkung mit der ersten Klasse hätte Gina sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Hoffentlich hatte Elinor sie nicht missverstanden. Keinesfalls war Gina gekommen, um sich zu bereichern. Sie war lediglich hier, um ihrem sterbenden Großvater eine Last von der Seele zu nehmen.
Das Badezimmer, das zu ihrem Zimmer gehörte, war ganz in Schwarz und gebrochenem Weiß gehalten. In den Boden war eine Badewanne mit Düsen für Unterwassermassagen eingelassen.
Auch in der Dusche gab es solche Düsen. Als Gina nach der Inspektion des Bads in ihr Zimmer zurückkam, war ihr Gepäck schon nach oben gebracht worden.
Nach einem Blick in den Koffer entschied sie sich für ein schlichtes schwarzes Kleid. Sicher, es war nicht gerade ein Designerstück, aber darin würde sie zumindest nicht unangenehm auffallen. Mehr wollte Gina nicht. Für sie galten andere Standards als für die Menschen in diesem Haus. Sie gehörte nicht in ihre
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