Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
einmal, noch tauchte Ross auf.
„Roxanne hat sich vermutlich hingelegt und schläft sich aus“, sagte Elinor und seufzte. „Sie ist mein Kind, und ich liebe sie. Aber manchmal verhält sie sich einfach scheußlich.“
Mehr sagte sie nicht über Roxanne. Aber sie sah aus, als bereute sie es, überhaupt von ihr gesprochen zu haben. Zu gern hätte Gina Elinor getröstet. Doch lügen konnte und wollte sie nicht. Und Roxanne war nun einmal ein verwöhntes Biest. Etwas anderes hätte sie Elinor nicht sagen können.
Erst kurz nach dem Notar traf Ross in der Villa ein und entschuldigte sich damit, im Büro aufgehalten worden zu sein. Vor lauter Verlegenheit sah Gina stur geradeaus, als er sich neben sie setzte.
Die Verlesung des Testaments spannte alle auf die Folter, weil darin zuerst die Angestellten und verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen bedacht wurden. Erst zuletzt kamen die Haupterben an die Reihe.
„Wurde auch Zeit“, murmelte Roxanne.
„Meiner Adoptivtochter Roxanne“, verlas der Anwalt, „vermache ich eine Million Dollar. Sie sind gut angelegt, sodass Roxanne mit den Zinsen und Ausschüttungen ein sorgloses Leben führen kann. Meiner geliebten Frau Elinor hinterlasse ich …“
„Eine schäbige Million?“, rief Roxanne empört und sprang auf. „Das kann er mir nicht antun!“
„Sei still und setz dich“, befahl Ross. „Du kannst froh sein, dass du überhaupt etwas bekommst.“
Erneut setzte der Anwalt an. „Meiner geliebten Frau Elinor hinterlasse ich meinen gesamten Privatbesitz und mein Privatvermögen.“ Hier machte der Mann eine Pause, ohne die Augen von dem Papier zu heben. „Mein Geschäft und mein Geschäftsvermögen spreche ich zu gleichen Teilen meinem Adoptivsohn Ross Harlow und meiner Enkelin Virginia Saxton zu, unter der Bedingung, dass die beiden heiraten. Sollten sie diese Bedingung ablehnen, fällt alles an den Aufsichtsrat.“
4. KAPITEL
Die Stille war unerträglich. Wie betäubt hatte Gina die letzten beiden Sätze wahrgenommen. Roxanne reagierte als Erste.
„Das werde ich nicht hinnehmen“, rief sie. „Ich bekomme eine lächerliche Million, während diese Fremde die Hälfte des Unternehmens bekommt. Ross, sitz doch nicht einfach so da!“
„Was soll ich denn tun?“, fragte er.
„Wir fechten das Testament an. Oliver war gegen Ende nicht mehr klar im Kopf.“
„Sag das nicht noch einmal“, drohte Elinor. „Oliver wusste genau, was er tat. Gina ist eine geborene Harlow. Sie hat ein Recht auf ihr Erbe.“
Nur mit Mühe fand Gina ihre Stimme wieder. Sie zwang sich, Ross in die Augen zu schauen. „Davon hatte ich keine Ahnung. Bis heute Morgen habe ich nicht einmal damit gerechnet, im Testament überhaupt erwähnt zu werden.“
„Ich wusste zwar nicht genau, was Oliver vorhatte, aber ich finde seinen Letzten Willen gar nicht unvernünftig“, sagte Elinor.
„Bist du verrückt geworden?“, schrie Roxanne.
„Sprich nicht so mit unserer Mutter“, herrschte Ross sie an. „Es ist doch klar, dass Oliver für seine Enkelin sorgen wollte. Allerdings hätte ich nicht gedacht, dass er so weit gehen würde. Wir müssen eine Lösung finden.“
Aber welche, fragte sich Gina beklommen. Warum hatte ihr Großvater seinem Stiefsohn und Nachfolger das angetan? Und warum ihr – seiner Enkelin?
Ross sah sie fest an. „Ich glaube, wir sollten miteinander reden. Aber nicht hier, sondern unter vier Augen.“
Am liebsten hätte sie widersprochen, aber irgendetwas hielt sie davon ab. Stattdessen erhob sie sich wie in Trance und verließ mit ihm den Raum. Bis in die Halle klangen Roxannes hysterische Vorwürfe noch in ihren Ohren.
Im Arbeitszimmer ihres Großvaters bot Ross ihr einen Platz an. Er selbst blieb stehen, lehnte sich gegen den Schreibtisch und vergrub die Hände in den Hosentaschen. So fremd, wie er in diesem Moment auf sie wirkte, konnte sich Gina nicht mehr vorstellen, was vergangene Nacht geschehen war.
„Ich möchte nicht …“, begann sie, hielt aber inne, als Ross den Kopf schüttelte.
„Du musst mich von nichts überzeugen. Für dich kam das Ganze genauso überraschend wie für uns alle. Ich für meinen Teil kann Olivers Gefühle sehr gut verstehen. Nur seine Art, sie auszudrücken, nicht. Wahrscheinlich hat der Tumor sein Denken beeinträchtigt. Sonst hätte er erkannt, in welche Lage er uns mit seiner Verfügung bringt. Das Testament anzufechten halte ich trotzdem für falsch.“
Sie wollte ihn unterbrechen, aber er hob die Hand. „Hör
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