Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
bedeutete ihm das Ganze nicht. Sogar an Empfängnisverhütung hatte er gedacht. Vielleicht hatte er sogar geplant, sie zu verführen. Nachdem er sein Vergnügen gehabt hatte, verschwendete er vermutlich keinen Gedanken mehr an sie.
Am Frühstückstisch auf der Terrasse entdeckte sie weder Ross noch seine Schwester. Lustlos aß sie allein und machte einen Telefonanruf. Danach suchte sie Elinor. Sie fand sie in der Nähe des Swimmingpools.
„Haben Sie Lust zu schwimmen? Nachher soll es regnen“, fragte Ross’ Mutter freundlich.
„Ich möchte lieber erst packen“, gestand Gina. „Mein Flugzeug geht heute Abend um Viertel nach zehn.“
Entgeistert sah Elinor sie an. „Sie können doch jetzt nicht abreisen! Vor der Testamentseröffnung! Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Oliver Pläne gemacht hat.“
Irgendwie läuft alles schief, dachte Gina und ließ sich auf einen Stuhl fallen. „Aber ich will sein Geld doch nicht. Haben Sie ihm das nicht ausgerichtet?“
„Doch. Aber er wollte davon nichts wissen. Schon bevor Sie angekommen sind, hat er sein Testament geändert und Sie mit einbezogen. Ich weiß zwar nicht genau, wie, aber ich bin sicher, dass Sie ab jetzt immer erster Klasse fliegen können. Wenn Sie das Erbe ausschlagen, beleidigen Sie ihn.“
Verlegen biss Gina sich auf die Lippe. „Das bringt mich in eine unangenehme Lage.“
„Warum akzeptieren Sie es nicht einfach?“ Elinor lächelte sie aufmunternd an. „Ist Geld denn etwas so Schlimmes für Sie?“
„Nein“, gab Gina zu. „Ich will nur nicht …“
„Sie wollen nicht, dass wir schlecht von Ihnen denken“, vollendete Elinor den angefangenen Satz. „Ach, Gina, mein Mann wusste bereits, dass Sie nicht geldgierig sind, als er Ihnen schrieb. Glauben Sie mir. Die Tatsache, dass Sie nichts erwarten, beweist, dass er sich nicht getäuscht hat. Ross hatte anfangs zwar seine Zweifel, aber Sie haben ihn längst von sich überzeugt.“
„Aber Roxanne nicht“, wandte Gina ein.
Elinor seufzte. „Ich fürchte, meine Tochter empfindet Sie als Konkurrentin, was die Größe ihrer eigenen Erbschaft angeht. Obwohl Oliver auch sie bestimmt angemessen bedacht hat. Natürlich wird Ross die Geschäfte weiterführen. Das war schon immer der Wille meines Mannes. Und ein Grund für die Adoption. Ich konnte keine Kinder mehr mit ihm bekommen. Das wusste er. Aber er wollte, dass wenigstens der Name Harlow nicht ausstirbt.“ Intuitiv spürte sie die unausgesprochene Frage in Ginas Augen. „Was er Ihnen und Ihrer Mutter angetan hat, war falsch. Das bestreitet niemand. Und dennoch war Oliver in vieler Hinsicht ein guter Mann.“
„Bestimmt. Er hat Sie geliebt“, sagte Gina mitfühlend.
Elinors Augen füllten sich mit Tränen. „Ich ihn auch. Und deshalb werde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit sein Letzter Wille erfüllt wird.“
„Gut“, sagte Gina. „Wann ist die Testamentseröffnung?“
„Um zwei.“
„Dann könnte ich das Abendflugzeug doch noch bekommen.“
„Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie noch ein Weilchen hier blieben.“ Jetzt lächelte Elinor fast schüchtern. „Sie sind der einzige Mensch, mit dem ich offen sprechen kann. Bitte! Vielleicht kommt Ihre Geschäftspartnerin noch ein paar Tage ohne Sie aus.“
Innerhalb weniger Minuten hatte sich alles geändert, und Gina fühlte sich sehr unwohl in ihrer Haut. Natürlich wollte sie Elinor nicht enttäuschen. Noch weniger wollte sie allerdings, dass Ross sie nach der letzten Nacht plötzlich für anhänglich hielt. Und eine Erbschaft, wie klein sie auch sein mochte, war nach all ihren Protesten regelrecht peinlich.
„Einverstanden. Ich werde Barbara benachrichtigen“, sagte sie nach einer Weile und ging in die Eingangshalle, um zu telefonieren.
Als sie auflegte, bemerkte sie Roxanne, die das Telefonat mitgehört haben musste. Offenbar war sie eben erst nach Hause gekommen, denn sie trug noch immer ein Abendkleid.
„Haben Sie sich gut amüsiert?“, fragte Gina, um ihr zuvorzukommen.
„Ja, auch wenn Sie das nichts angeht. Und ich hoffe sehr, dass ich Sie recht bald nicht mehr sehen muss.“
„Ich dachte, dies ist das Haus Ihrer Mutter.“
Statt zu antworten, funkelte Roxanne sie nur feindselig an.
In ihrem Zimmer telefonierte Gina mit ihren Eltern, erwähnte dabei aber die Testamentseröffnung nicht, sondern erklärte, dass die Frau ihres Großvaters Beistand brauchte. Dafür hatten ihre Eltern Verständnis.
An diesem Morgen zeigte sich weder Roxanne noch
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