Julia Extra 0353
an.
„Sie hat behauptet, es wäre gar nicht ihr Kind“, erwiderte Flora. „Sie hätte nur auf das Mädchen aufgepasst.“
Alex runzelte die Stirn. „Aber zu wem gehört es dann?“
Ungeduldig zog die Kleine an Beckys Hand und wimmerte mit dünner Stimme: „Wach auf, Mami, wach auf!“
Alex war wie versteinert.
Entgeistert sah er das Kind an, wie es vergeblich versuchte, aufs Bett zu klettern, und erneut zu weinen begann.
Becky hatte ein Kind? Eine Tochter?
Er wusste nicht, ob das eine gute oder schlechte Nachricht war. Becky hatte aber schlussendlich bekommen, was sie wollte. Die Kleine musste etwa … zwei Jahre alt sein?
„War der Fahrer des Unfallwagens Beckys Freund?“, erkundigte er sich.
Die Schwester nickte. „Ja, ich glaube schon. Er wurde heute Nachmittag auf eine andere Station verlegt.“
Alex wollte sie gerade fragen, wo er den Idioten finden konnte, der mit hoher Geschwindigkeit auf der falschen Straßenseite gefahren war und so den Unfall provoziert hatte, als die Schwester ihm die Hand auf den Arm legte.
„Bitte entschuldigen Sie, aber meine Schicht ist zu Ende. Ich muss gehen. Seien Sie doch so nett und haben Sie ein Auge auf die Kleine. Wenn Sie Hilfe brauchen, klingeln Sie einfach.“
Er nickte. Nachdem Flora gegangen war, ging er zu dem kleinen Mädchen hinüber, hockte sich vor es hin und versuchte, mit ihm zu reden. Die Kleine nahm jedoch keine Notiz von ihm. Mit tränenfeuchten Augen starrte sie ihre Mutter an und reagierte nicht auf seine Worte. Schließlich gab er es auf, holte sich einen Stuhl heran und setzte sich neben das Bett.
Jetzt hatte er Zeit, seinen Gedanken nachzuhängen, und nahm sich vor, die Kleine zu ihrem Vater zurückzubringen. Das war das Mindeste, was er Becky schuldete. Ansonsten würde das Mädchen bestimmt in eine Pflegefamilie kommen, genau wie seine Mutter. Oder noch schlimmer, in die Hände von Beckys Eltern fallen. Das durfte er nicht zulassen. Sie würden sie genauso zu kriminellen Handlungen missbrauchen wie ihre Tochter, daran bestand kein Zweifel.
Nach diesem Entschluss war Alex wohler ums Herz, und er atmete tief durch. Jetzt hatte er ein Ziel, und das war besser, als die ganze Zeit untätig herumzusitzen und auf ein Wunder zu hoffen, was Becky ins Leben zurückbrachte.
Schließlich drehte sich die Kleine um und sah ihn an. Alex lächelte, was sie mit einem Gähnen beantwortete. Er klopfte auf seinen Oberschenkel.
„Willst du dich nicht hier draufsetzen? Du siehst müde aus.“
Langsam rutschte sie näher, noch immer etwas misstrauisch. Alex hob sie vorsichtig auf seinen Schoß.
„Wie heißt du?“, flüsterte er.
„Mollie“, erwiderte sie leise.
Alex erwiderte den Blick ihrer großen tiefblauen Augen und lächelte. Er war nicht überrascht, denn er wusste, dass dies einer von Beckys Lieblingsnamen war. Als sie versucht hatten, ein Kind zu bekommen, war dies einer der Mädchennamen gewesen, den sie ausgewählt hatten.
Dann passierte etwas Merkwürdiges. Es hat bestimmt mit meinem Schlafmangel zu tun, dachte er zuerst, denn er hatte plötzlich das Gefühl, als wären Mollie und er sich schon einmal begegnet. Es war, als würde er ein Foto anschauen, das ihm sehr vertraut war. Doch er hatte nie Kinderfotos von Becky gesehen. Es konnte also nicht mit der Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden zusammenhängen. Außerdem waren Beckys Augen haselnussbraun, nicht blau. Mollies Augen waren blau und sehr klar und hatten einen dunklen Ring um die Iris.
Genau wie seine Augen.
Plötzlich fielen ihm wieder Beckys letzte Worte ein, und die Erkenntnis traf ihn wie ein Blitz.
Sagen Sie Alex, sie gehört zu ihm.
Mit wachsendem Entsetzen verfolgte Jennie Alex’ Worte. Sie war erschüttert über das furchtbare Schicksal seiner zerrissenen Familie, aber auch über ihre eigene kindische Reaktion auf sein Fortbleiben.
Noch schlimmer war, dass eine innere Stimme sie provozierte, sich weiter darüber aufzuregen, dass Alex ihr nicht schon früher etwas von der Existenz seiner Tochter erzählt hatte. Vielleicht wäre sie dann nicht einfach so verschwunden.
Doch das war ebenfalls ein äußerst naiver Impuls. Sie durfte die Dinge nicht verdrehen und Alex falsches Verhalten anlasten. Er hatte mit einer wirklich schwierigen Situation umgehen müssen und war davon ausgegangen, dass er eine erwachsene Frau geheiratet hatte. Eine Frau, die nur wenige Tage zuvor geschworen hatte, in guten wie in schlechten Zeiten zu ihm zu halten. Er hatte jedes Recht,
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