Julia Extra 0357
zurück.
„Bitte entschuldigen Sie die Verspätung.“ Zerknirscht schaute sie ihn an.
Thomas warf einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr. „Wie ich gerade feststelle, sind Sie sogar vor der verabredeten Zeit eingetroffen.“
„Aber Sie waren schon da.“
„Eine alte Gewohnheit.“
Die vier Frauen, mit denen er zuletzt liiert gewesen war, hatten seinen Tick, immer überpünktlich zu sein, bemängelt. Sie waren nie fertig gewesen, wenn er sie abgeholt hatte, und dementsprechend ungehalten.
„Eine sehr gute Angewohnheit“, fand Elizabeth. „Schließlich ist es unhöflich, jemanden warten zu lassen.“
„Ganz meine Meinung.“ Thomas strahlte. Er hatte sich vorgenommen, seinen Plan frühestens nach der Vorspeise anzusprechen. So war die Chance größer, dass Elizabeth nicht gleich empört das Restaurant verließ, wenn sie hörte, was er mit ihr vorhatte.
Sie bestellten etwas zu trinken – Wasser für sie, ein Glas Rotwein für ihn – und unterhielten sich. Thomas hätte gern zur Beruhigung einen Scotch getrunken, aber er musste einen kühlen Kopf bewahren, Elizabeth’ Anblick machte ihn schon schwindelig, wenn er nüchtern war. Aber wahrscheinlich waren es nur seine Nerven, schließlich hing für ihn viel vom Ausgang dieses Abends ab.
Als der Kellner Salat und warme Brötchen servierte, hatten sie die Wettervorhersage für das bevorstehende lange Wochenende von allen Seiten beleuchtet. Unglaublich, wie lange man miteinander reden konnte, ohne etwas Wesentliches zu sagen. Thomas fiel ein, wie engagiert Elizabeth über ihren Verein erzählt hatte, und ahnte, dass sie eine lebhafte Gesprächspartnerin sein konnte. Doch da es sich hier um ein Geschäftsessen handelte, wollte er lieber bei unverfänglichen Themen bleiben.
Als schließlich der Hauptgang serviert wurde, legte Thomas das Besteck, das er gerade zur Hand genommen hatte, wieder ab und räusperte sich. Elizabeth, die gerade den ersten Bissen von ihrem gegrillten Lachs genommen hatte, sah ihn überrascht und erwartungsvoll an.
Jetzt oder nie, dachte er. „Wie ich bereits am Telefon erwähnte, möchte ich Ihnen einen ungewöhnlichen Vorschlag machen.“
Sie schluckte den ersten Bissen hinunter. „‚Unorthodox‘ sagten Sie, glaube ich.“
„Ja. Seien Sie versichert, dass dies sonst nicht meine Art ist.“
Oje, das war der falsche Ansatz! Sie wirkte sichtlich beunruhigt. Kein Wunder, so wie er herumeierte! Statt direkt auf den Punkt zu kommen, entschied Thomas sich für eine längere Erklärung.
„Es ist nämlich so: Ich sitze gerade ziemlich in der Klemme. Ich habe jemandem, der mir sehr am Herzen liegt, erzählt, dass ich, nun ja … dass ich eine feste Beziehung habe.“ Er lachte nervös. „Meine Güte, das ist noch schwieriger, als ich dachte.“
Elizabeth lächelte ihm aufmunternd zu. Gleichzeitig schien sie unauffällig Richtung Ausgang zu blicken.
Thomas räusperte sich erneut. „Der langen Rede kurzer Sinn: Ich brauche … ich brauche eine …“ Sein Blick blieb auf ihrem Mund hängen. „Ich brauche eine Frau.“
Verblüfft überlegte Elizabeth, ob sie sich geehrt fühlen sollte, weil er sie dazu auserkoren hatte, oder ob sie um ihre Sicherheit fürchten musste, weil Thomas sie so intensiv anstarrte. Wie auch immer, ihre Neugier war geweckt. Ein so gutaussehender und erfolgreicher Mann wie Thomas dürfte doch eigentlich keinen Mangel an geeigneten Frauen an seiner Seite haben. Es musste einen anderen Grund für sein Anliegen geben.
Also erkundigte Elizabeth sich in ihrem höflichsten Geschäftsfrauentonfall: „Und wofür genau brauchen Sie eine Frau, Mr Waverly?“
„Sie soll meine Verlobte spielen.“ Jetzt war es heraus! Thomas atmete erleichtert auf.
Völlig konsterniert musterte sie ihn. „Wollen Sie damit sagen …? Sie wollen, dass ich …? Sie wollen heiraten?“ Das letzte Wort hatte sie so laut ausgesprochen, dass einige der anderen Gäste in ihre Richtung blickten.
„Nein. Ich brauche eine Frau, die lediglich vorgibt, mit mir verlobt zu sein.“ Er rang sich ein Lächeln ab. „Unter den gegebenen Umständen sollten Sie mich vielleicht beim Vornamen nennen. Thomas.“
Elizabeth hatte das Gefühl, in einem Paralleluniversum gelandet zu sein. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben. Sie trug Mels Kleid und hatte sich in Mel verwandelt. Aber aus dem großen Wandspiegel hinter Thomas blickte ihr ihr eigenes Spiegelbild entgegen – in Mels Kleid.
„Klingt absurd, oder?“ Thomas lachte
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