Julia Extra 260
bereits.“
Miranda atmete tief durch. Sie musste sich erst an die neue Welt gewöhnen, in der sie sich plötzlich befand. „Was ist mit den Leuten, die für deinen Großvater gearbeitet haben?“
„Was soll mit ihnen sein?“
„Sind wir nicht hergekommen, um Trost zu spenden?“
„Trost?“ Langsam verlor er die Geduld. „Ich bin hier, um Schecks auszustellen.“
„Aber unter den Angestellten muss es doch auch Menschen gegeben haben, denen dein Großvater etwas bedeutet hat.“
„Du beliebst zu scherzen.“ Theo griff nach einer Karaffe und schenkte sich einen Whisky ein. „Oder meinst du, denen er so viel bedeutet hat wie den Aasgeiern da unten?“
„Nein, Theo. Ich rede von Dimitris Kammerdiener, seinem Butler, ach, was weiß denn ich! In diesem Haus muss es doch Menschen geben, die durch den Tod deines Großvaters ihre Stellung verlieren. Sollten wir nicht herausfinden, um wen es sich handelt, und ihnen helfen?“
„Wir?“ Er trank das Glas in einem Zug aus und wandte sich um.
„Die Leute sorgen sich um ihren Arbeitsplatz, Theo. Wir müssen sie beruhigen.“
Sie hatte natürlich recht. Aber was bedeutete das für ihn? „Ich dachte, du kannst es gar nicht erwarten, von mir wegzukommen.“ Er machte eine ungeduldige Geste. „Hier ist deine Chance, Miranda. Ich kümmere mich um die Leute.“
„Wir kümmern uns gemeinsam um sie.“ Miranda musterte ihn kühl.
Ihm wurde bewusst, dass er noch immer den Ehering in der Hand hielt. Miranda hätte ihn schon längst nehmen können, dachte er ärgerlich. Andererseits reizte es ihn, wie sie ihm die Stirn bot. „Hast du nicht etwas vergessen?“
„Was denn?“
Er hielt ihr den Ring entgegen und sah ihr tief in die Augen.
Miranda zuckte nicht mit der Wimper. „Was ist mit Dimitris Personal?“
„Ist ja schon gut! Ich spreche mit seinem Verwalter.“
Langsam, aber sicher hatten sie die lange Schlange der Verwandten abgearbeitet. Miranda fand die richtigen Worte, Theo stellte Schecks aus, nachdem er die Leute davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass von nun an keine Zahlungen mehr zu erwarten wären. Es hatte ihm große Genugtuung bereitet, ihnen demonstrativ von Mirandas Plänen zu erzählen, auch wenn es ihr unangenehm zu sein schien.
„Wir müssen weitermachen“, sagte sie, als er seinen Füllfederhalter einstecken wollte.
Theo stand auf und streckte sich. „Es ist schon sehr spät, Miranda.“
„Trotzdem, wir sind noch nicht fertig.“
Als er ihrem Blick begegnete, empfand er Sehnsucht und Bedauern. Wie ein Echo aus der Vergangenheit meinte er die Stimme seiner Mutter zu hören, die seinen Vater ermahnte, sich zusammenzureißen, mehr zu arbeiten und sich weniger seinenVergnügungen hinzugeben. Und nun treibt Miranda mich an, dachte er erschrocken. Lief er etwa Gefahr, auf den Pfaden von Acteon Savakis zu wandeln? Das wäre eine grauenhafteVorstellung. Nein, Mirandas Ausdauer und Entschlusskraft trieb ihn an.
Also sprachen sie noch mit allen Hausangestellten. Schließlich war auch das erledigt, und Theo stand auf. „Viel Schlaf bekommen wir nicht mehr. Es sind nur noch wenige Stunden bis zur Beerdigung.“
„Ich weiß, aber ich würde gern noch mit dir besprechen, wie es jetzt mit uns weitergehen soll, Theo.“
„Das verschieben wir auf später, Miranda. Ich bin jetzt wirklich zu müde. Nach der Beerdigung haben wir alle Zeit der Welt, uns zu unterhalten. Einverstanden?“
„Also gut, aber ich werde dich daran erinnern. So leicht lasse ich mich nicht abwimmeln.“
Theo verkniff sich ein Lächeln. Das war seine Miranda!
Der nächste Morgen verging wie im Flug. Zunächst fanden sich alle Verwandten zum gemeinsamen Frühstück ein, dann folgte die Beerdigung, und anschließend brach ein Wettkampf aus, wer die Savakis-Festung zuerst verließ.
In der Halle wartete Theo auf Miranda. Auch er war bereits reisefertig.
„Wir wollten doch noch etwas besprechen, Theo“, sagte sie, als sie ihn dort entdeckte. „Hast du das vergessen?“
„Selbstverständlich nicht.“
„Aber du hast ja schon deine Sachen gepackt“, bemerkte sie erstaunt.
„Hier ist dein Koffer.“
Miranda wandte sich um. Ein Hausdiener kam mit dem Koffer in der Hand die Treppe herunter. „Was geht hier vor, Theo? Du hast versprochen, dass wir uns unterhalten, wenn es hier ruhiger geworden ist.“
„Das werden wir auch, allerdings wird unsere Besprechung auf der Yacht stattfinden.“
„So war das aber nicht vereinbart.“
„Du hast ja keinen besonderen
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