Julia Extra 260
verlassen. Dann fiel es ihm ein – selbst nach fünf Monaten benutzte sie nur ungern dasselbe Badezimmer, wenn er gerade duschte.
Tatsächlich hörte er aus einem der anderen Badezimmer Geräusche.
Sie übergab sich.
Markos erstarrte. Warum in aller Welt übergab sie sich?
Plötzlich wurde ihm eiskalt. Auch wenn er kaum etwas über den weiblichen Zyklus wusste, der Grund für morgendliche Übelkeit war ihm wohl bekannt.
Nein. Das konnte nicht sein. Es konnte einfach nicht sein.
Oder doch?
Dann fiel es ihm wieder ein. Nein, dachte er erleichtert. Sie hatte ihre Periode, als wir nach Österreich gefahren sind.
Leise zog er sich zurück. Mit ihrer angeborenen Zurückhaltung würde Vanessa seine Anwesenheit nicht gefallen. Stattdessen ging er in die Küche und kochte ihr einen Kaffee.
Zitternd spülte Vanessa sich den Mund und zog ein letztes Mal die Toilettenspülung.
Wo in aller Welt war das auf einmal hergekommen? Sie war aufgestanden, zum Badezimmer gegangen, und kaum hatte sie die Schwelle erreicht, war die Übelkeit in ihr aufgestiegen.
Sie strich ihre Haare zurück und blickte ihr Spiegelbild über dem Waschbecken an. Weiß wie ein Gespenst.
Ich kann nicht schwanger sein!
Während sie sich in die Augen sah, dachte sie das Undenkbare. Dann durchströmte sie Erleichterung. Nein, natürlich war sie nicht schwanger. Schließlich hatte sie in Österreich ihre Periode gehabt. Gut, die war ein bisschen seltsam gewesen, kürzer, aber sie hatte gelesen, dass große Höhen, wie Berge, den weiblichen Zyklus beeinflussen konnten. Also war alles in Ordnung.
Folglich musste sie sich einen Virus eingefangen haben und war einfach krank.
Vielleicht, dachte sie mit einem schiefen Lächeln, habe ich mich in den letzten Tagen nicht nur so schlecht gefühlt, weil ich Markos vermisst habe. Ihr Lächeln schwand. Sie wollte nicht krank sein, wenn Markos bei ihr war. Er hasste Krankheiten, und sie hatte bereits nach Weihnachten eine heftige Erkältung gehabt. Damals hatte sie sogar Antibiotika schlucken müssen.
Andererseits fühlte sie sich bereits viel besser. Vielleicht hatte sie das Schlimmste schon überstanden.
Entschlossen zog sie den Gürtel ihres Bademantels fester und machte sich auf die Suche nach Markos.
Er war in der Küche und schüttete Kaffeebohnen in die Kaffeemühle.
„Lass mich das machen“, sagte sie sofort.
Bereitwillig machte Markos ihr Platz.
„Wie geht es dir?“, fragte er, und sein Blick wanderte beunruhigt über ihr Gesicht.
Du darfst ihm nicht sagen, dass du krank bist. Er ist doch gerade erst zurückgekommen. Schlechte Nachrichten will er jetzt nicht hören.
„Gut“, erwiderte sie fröhlich und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Ich bin froh, dass du wieder zu Hause bist! Ich habe dich so vermisst!“
Einen Moment glaubte sie, Zurückhaltung in seinen Augen zu sehen, aber dann war es auch schon wieder vorbei. Zärtlich streifte er mit einem Finger ihre Wange.
„Ja, das hast du mir letzte Nacht gezeigt“, meinte er sanft und beobachtete, wie ihre Wangen sich schamhaft röteten.
Sie ist blass, dachte er. Blasser als sonst. Warum hat sie mir nicht gesagt, dass sie krank ist? Doch schon im nächsten Moment zuckte er innerlich mit den Schultern. Der britische Teil in ihm wusste, warum. Über solche Kleinigkeiten kein Aufhebens zu machen, war eine nationale Eigenschaft.
Sein Blick wanderte zur Küchenuhr, und er stieß einen Fluch auf Griechisch aus. In fünfzig Minuten hatte er ein Meeting mit seinem Steuerberater. Natürlich würde der Mann auf ihn warten, aber es war keine gute Angewohnheit, zu spät zu kommen. Das führte nur dazu, dass Angestellte sich solche Nachlässigkeiten ebenfalls herausnahmen.
„Keinen Kaffee … ich frühstücke im Büro“, sagte er brüsk. Doch als er aus der Küche eilte, um sich anzuziehen, rief er ihr über die Schulter zu: „Heute Abend lade ich dich zum Dinner ein. Kauf dir ein neues Kleid. Sei sexy für mich. Andererseits“, fügte er mit einem tiefen Lachen hinzu, „wenn du zu sexy bist, essen wir wohl besser hier.“
Vanessa sah ihm nach und wandte sich dann zögernd wieder der Kaffeemühle zu.
Das köstliche Aroma der frisch gemahlenen Bohnen drang an ihre Nase. Gleichzeitig verspürte sie einen neuerlichen Anfall von Übelkeit.
Mit fest zusammengepressten Lippen atmete sie langsam durchdie Nase. Nein, sie würde nicht krank werden. Stattdessen wollte sie sich den Morgen über ausruhen und später ein neues Kleid kaufen.
Das
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