Julia Extra 260
widersprüchliche Körpersprache zu deuten, als Bob mit einigen Akten unter dem Arm hereinkam.
„Nun?“, fragte Bob, während er sich auf den Stuhl schob, den Leah gerade eben noch besetzt hatte. „Wie lief es mit der verführerischen Miss Johannsen?“
„So lala“, entgegnete Jason. Eigentlich besser, als er gedacht hätte. Er hatte wieder dieses Funkeln in ihren Augen gesehen – das, was ihm auch bei ihrer ersten Begegnung aufgefallen war. Und diesmal war es für ein paar atemlose Sekunden lang einem kleinen Buschfeuer gleichgekommen.
„Hast du sie um ein Date gebeten?“
„Noch nicht.“ Trotz ihres kurzen Lapsus, in dem sie ihm gezeigt hatte, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, wusste Jason, dass er Geduld haben musste.
Nicht, dass ihm das besonders leichtfallen würde. Unter der Tischplatte zeichnete sich immer noch deutlich seine Erregung ab – ein äußerst ungewöhnlicher Zustand für ihn. Die Aussicht auf weitere schlaflose Nächte behagte ihm nicht besonders.
„Du hast diesen ganz bestimmten Blick“, meinte Bob amüsiert. „Den, den du immer hast, wenn du eine Firma unbedingt kaufen willst. Allerdings habe ich ihn bei dir noch nie bei einer Frau gesehen.“
„Es gibt für alles ein erstes Mal“, versetzte Jason, der dabei dachte, dass er noch nie eine Frau wie diese getroffen hatte.
Er fragte sich, was Leah an ihm so beunruhigte. Denn irgendetwas tat es. Das konnte er spüren. Seine Ausbildung zum Verkäufer hatte ihn besonders aufmerksam gegenüber Körpersprache gemacht.
Vielleicht hegte sie ein ehernes Prinzip, Geschäftliches und Privates niemals zu mischen. Oder vielleicht hatte sie sich die Finger verbrannt – so wie Bob im vergangenen Jahr –, und nun hatte sie Angst, sich wieder auf einen Mann einzulassen.
Er musste wirklich mehr über sie erfahren. Wissen war tatsächlich Macht.
„Hast du bekommen, was ich haben wollte?“, fragte er Bob.
Bob legte einen orangefarbenen Aktenordner auf seinen Schoß und schob einen blauen über den Tisch hinweg in Jasons wartende Hände.
Jasons Gewissen meldete sich nur ganz kurz, während er die Mappe aufschlug und Leah Johannsens Personalakte überflog.
Ich bin der Boss, sagte er sich dabei. Es ist mein Recht, den Hintergrund und die Qualifikation meiner Angestellten zu erfahren.
Ja, besonders derjenigen, die du attraktiv findest, verspottete ihn seine innere Stimme.
„Ich … äh … habe auch noch Trishs Akte kopiert“, gestand Bob plötzlich. „Du weißt schon – Jim Mathesons Sekretärin.“
Jason schaute abrupt hoch. „Warum in aller Welt?“ Sie fand er bestimmt nicht attraktiv.
„Sie ist nett. Ich mag sie.“
„Dir ist schon klar, dass sie eine Affäre mit Matheson hat, oder?“
„Ja“, antwortete Bob. „Das habe ich mitbekommen. Aber Matheson ist verheiratet, und ich bin es nicht. Du und ich, wir wissen beide, dass er seine Frau nicht für seine Sekretärin verlassen wird.“
Jason bedachte Bob mit einem bedeutungsvollen Blick, sagte aber nichts mehr. Stattdessen wandte er sich wieder der Personalakte in seinen Händen zu. Zu seiner Verwunderung musste er erkennen, dass Leah Johannsen über keinerlei Qualifikation für ihre Position verfügte, als sie im vergangenen Jahr eingestellt worden war. Eigentlich verfügte sie über gar keine Qualifikationen – egal für welchen Job.
Und das bedeutete … was?
Eine wahrhaft mysteriöse Frau. Es gab auch keine vorherigen Arbeitgeber. Was hatte sie in ihrem Leben getrieben, ehe sie bei Beville Holdings anfing?
„Okay, lass uns zum Geschäftlichen zurückkommen“, sagte er plötzlich und legte die Blätter in den Ordner zurück. Er würde sie sich später ansehen, wenn er die Zeit hatte, seine Gedanken allein ihr zu widmen. „Schildere mir deinen ersten Eindruck von Beville Holdings als Unternehmen.“
Bob lehnte sich zurück und schlug das linke Bein über das rechte. „Nun, das Problem liegt eindeutig im Management – sowohlbeim Verkauf als auch beim Marketing. Aber die Verkaufsabteilung ist bei weitem die Schlimmste. Jim Matheson ist vollkommen unfähig – er wird definitiv gehen müssen. Und das sage ich nicht aus Eigennutz“, betonte er rasch.
„Gut. Denn ich werde Jim Matheson auf gar keinen Fall jetzt schon feuern. Sondern erst, wenn ich herausgefunden habe, wie viel Schaden er angerichtet hat. Da fällt mir gerade ein – hast du es geschafft, jemanden zu beauftragen, der ganz kurzfristig eine Marktanalyse all ihrer Produkte
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