Julia Extra 260
„Ich werde in meinem Zimmer bleiben und lesen.“
„Nein, nein, ich möchte, dass du dabei bist, an meiner Seite. Deshalb rufe ich an.“
„Oh, Daddy, du weißt doch, dass ich diese Dinge nicht mehr mag.“
„Ja, das weiß ich, auch wenn ich es sehr schade finde. Du hast ein wunderbares Händchen, dafür zu sorgen, dass die Leute sich wohl fühlen. Genau wie deine Mutter.“
„Ja, Mum war wundervoll bei Dinnerpartys, nicht wahr?“, meinte Leah voller Wehmut.
„Ja“, stimmte ihr Vater zu. „Und du schlägst ihr nach. Die Sache ist die, Schatz, da ist dieser gewisse Gentleman, den ich eingeladen habe. Ich möchte, dass du am Tisch neben ihm sitzt. Bitte komm, tu mir den Gefallen.“
„Wer ist es? Nicht ein lüsterner alter Milliardär, Daddy. Ich habe nicht vor, den ganzen Abend damit zu verbringen, ihm unter dem Tisch auf die Finger zu schlagen.“
Ihr Vater lachte. „Würde ich dir das antun?“
„Du kannst ganz schön kaltblütig sein, wenn es um Geld geht. Also, wer genau ist mein mysteriöser Dinnergast?“
„Jemand, der fast alles hat, nur mich noch nicht als seinen Börsenmakler.“
„Wenn du mir seinen Namen nicht nennen willst, dann bin ich erst recht überzeugt, dass er alt und lüstern ist!“
„Überhaupt nicht!“, versicherte ihr Vater.
Leah rollte die Augen. Die meisten seiner männlichen Kunden waren über sechzig. Multimillionäre, die sich immer noch für ein Gottesgeschenk an die Frauen dieser Welt hielten, obwohl sie mittlerweile eine Glatze hatten und einen Bierbauch.
„Versprich mir, dass er nicht zu abstoßend ist.“
„Er ist überhaupt nicht abstoßend. Ehrlich.“
„Vermutlich willst du, dass ich mich schick mache?“
„Du siehst immer wunderschön aus, Leah, aber ja, es wird um elegante Kleidung gebeten.“
Leah seufzte. Sie hatte solche Partys einmal geliebt. Hatte es genossen, sich schön zu machen und Designerkleider und Diamanten zu tragen.
Doch heute erschienen ihr solche Veranstaltungen nichtig und sinnlos – sich mit reichen, privilegierten Menschen zu umgeben, die keine Vorstellung davon hatten, wie der Rest der Gesellschaft lebte.
Aber sie liebte ihren Vater, und es wäre unhöflich, ihm diese Bitte abzuschlagen. Er verlangte so selten etwas von ihr.
„Okay“, stimmte sie zu.
„Schatz, das ist wunderbar. Ich weiß es wirklich zu schätzen. Und du wirst Spaß haben, da bin ich sicher. Das Essen wird von derselben Cateringfirma kommen, die deine Mutter immer beauftragt hat. Bei mehr als einem Dutzend Gästen kann ich nicht erwarten, dass Mrs. B. kocht. Außerdem werde ich einige meiner besten Weine öffnen.“
„Himmel!“ Dieser potenzielle Kunde musste wirklich sehr reich sein.
„Die Party beginnt um halb acht, aber ich vermute, dass du wesentlich früher da sein wirst.“
Leah verbrachte die meisten ihrer Samstagnachmittage im Westmead Hospital, indem sie dort die Kinderabteilung besuchte und alles tat, um den Kleinen ein wenig Freude zu bringen – vor allem denen, die an Krebs litten. Während ihrer eigenen langen Rehabilitation in diesem Krankenhaus hatte sie es sich angewöhnt, die Korridore entlangzuwandern, und dabei festgestellt, dass es eine Menge Leute gab, denen es viel schlechter ging als ihr. Aber es waren die Kinder, die sie am tiefsten berührten. Diearmen kleinen Geschöpfe, die doch so tapfer waren.
Normalerweise verabschiedete sie sich um vier – die Kinder wurden dann ohnehin müde – und fuhr direkt nachVaucluse, wo sie so gegen fünf bei ihrem Vater ankam.
„Ich versuche, um vier bei dir zu sein“, sagte sie. „Es ist so lange her, dass ich mich aufgestylt habe – es könnte also etwas länger dauern. Möchtest du, dass ich mit den Blumen helfe? Oder den Tisch decke?“
„Nein. Ich möchte nicht, dass du irgendetwas tust. Du sollst einfach nur schön aussehen.“
Leah zuckte zusammen. Das war genau das, was Carl vor jeder Party gesagt hatte. Damals hatte es ihr gefallen, aber heute kam ihr diese Bemerkung unheimlich oberflächlich vor – so als hätte sie nichts anderes zu bieten als ihre äußere Schönheit.
Für Carl schien sie allerdings tatsächlich nicht mehr zu besitzen. Er hatte keinen Wert gelegt auf ihre Intelligenz, ihre Lebensfreude oder ihre seelischeVerfassung. Seine Liebe hatte nur ihrer vermeintlichen Schönheit gegolten.
Leah seufzte. Und wenn ich hässlich wäre, Daddy?, hätte sie am liebsten gefragt. Würdest du mich dann immer noch bei deiner Dinnerparty dabeihaben wollen? War die
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