Julia Extra 360
werden.“
„Darum ersuche ich Sie ja gar nicht.“
„Worum denn dann?“
„Um eine Ehe, die bloß auf dem Papier besteht, und auch das nur so lange wie nötig. Keine Leidenschaft, keine Lust, kein blindes Verliebtsein als Basis, sondern gemeinsamer Nutzen. Sobald die Adoption fix ist, lassen wir uns kurz und schmerzlos scheiden.“
„Das klingt so … sachlich und nüchtern, beinah steril“, wandte er ein.
„Wir sind doch beide Menschen, die Wert auf Sachlichkeit und Nüchternheit legen“, hielt sie dagegen. „Ich will in einer Beziehung nicht den Kopf verlieren, und schon gar nicht meine Zeit damit vergeuden, mich mit dem falschen Mann abzugeben, wenn ich mich auf die Firma meines Vaters konzentrieren muss. Um es zusammenzufassen: Ich brauche einen Ehemann auf dem Papier, und Sie brauchen einen Geschäftspartner.“
Prüfend blickte Finn ihr in die Augen und las darin ehrliche Hilfsbereitschaft für ein kleines Mädchen am anderen Ende der Welt.
Ellie Winston hätte ihm das verzweifelt verrückte Angebot nicht gemacht, wenn sie nicht dazu gezwungen wäre. Dessen war er sich jetzt sicher.
Riley hatte ihm geraten, herauszufinden, was sie sich am dringendsten wünschte, und es ihr zu geben. Aber soll ich wirklich so weit gehen, sie zu heiraten? fragte Finn sich bestürzt.
„Ich weiß nicht“, sagte er laut. „Das Kind ist doch sicher verletzt, wenn sein neuer Vater schon nach wenigen Wochen wieder verschwindet.“
„Sie brauchen überhaupt keine Rolle in Jiaos Leben zu spielen“, versicherte sie ihm. „Sie müssten nur da sein, wenn die von der Adoptionsbehörde meine häuslichen Verhältnisse überprüfen, und bei sonst allem, was die Adoption betrifft. Als Gegenleistung erhalten Sie die Beteiligung an dem Piedmont-Projekt, wovon unsere beiden Firmen gleichermaßen profitieren.“
Tauben pickten im Gras, im Hintergrund hörte man Kinderlachen und das unaufhörliche Summen des Großstadtverkehrs. Die Welt drehte sich unter dem sonnigen Himmel weiter wie üblich.
„Es wäre eine rein platonische Ehe“, versicherte Ellie ihm schließlich unmissverständlich.
„Also eine völlig unpersönliche Verbindung?“, hakte er nach.
„Ja.“
„Dafür werden unsere Firmen Partner?“
„Ja. Allerdings behält jeder die Eigentums- und Bestimmungsrechte über sein eigenes Unternehmen, falls … etwas schiefgehen sollte“, erklärte sie und zog ein Blatt Papier aus der Handtasche. „Ich habe mir erlaubt, von meinem Anwalt schon einen Vertrag aufsetzen zu lassen.“
Ein Ehevertrag.
Finn las das Schriftstück durch und sah, dass es tatsächlich alles versprach, was auch Ellie zugesagt hatte. Er brauchte nur zu unterschreiben und schon wäre er demnächst Ehemann und Adoptivvater. Rein formell.
Als Geschäftsmann durfte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, mit diesem ungewöhnlichen Deal seine Firma zu sanieren.
Außerdem hätte er dann jemanden, mit dem er sich am Ende des Tages unterhalten konnte …
Wie oft saß er nachts auf seiner Dachterrasse, betrachtete die glitzernden Lichter der Großstadt und fragte sich, ob er die richtigen Entscheidungen getroffen hatte.
Und er fragte sich immer häufiger, ob das schon alles war, was das Leben ihm zu bieten hatte. Das war nämlich, wenn er nicht gerade mit seinen Brüdern zusammen war, ziemlich gleichförmig. Beinah langweilig.
Riley hat recht, gestand Finn sich ein, ich bin einsam – und ich bin das Gefühl leid!
Allerdings lag ihm gar nichts an oberflächlichen Affären. Er wollte mehr, eine Beziehung mit Bedeutung und Tiefe. Eine, die … vernünftig war. Verlässlich. Praktisch.
Solide.
Wozu eine Wirbelwindromanze führen konnte, hatte er bei seinen Eltern beobachten müssen. Die hatten eigentlich nicht zueinandergepasst, was sie aber erst feststellten, als die Kinder schon da waren.
Ja, Liebe war eine gefährliche Angelegenheit, die einen Mann verletzlich machte. Und verletzlich wollte er auf keinen Fall sein.
In einer Vernunftehe wäre das alles kein Thema.
Zynisch fragte Finn sich allerdings als Nächstes, ob Ellie Winston ihn mit ihrem ungewöhnlichen Angebot zu überrumpeln versuchte, um dann seine Firma auszuspionieren und diese Fakten zu benutzen, um ihn zu übernehmen oder als Konkurrenten auszubooten.
Lucy hatte ja genau das getan!
Aber wenn er Ellie so ansah, diese wunderschöne, faszinierende Frau mit dem strahlenden Lächeln, hoffte er inständig, dass sie es ehrlich meinte.
Bin ich dabei, diese Vernunftehe
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