Julia Extra 360
Partnerin ausgesucht, die seine Interessen teilte, die im richtigen Alter war und ein ausgeglichenes, ruhiges Wesen besaß, das zu seinem passte.
Er hatte seine Entscheidung für klug gehalten – bis er dann herausfand, dass es Lucy nur um den eigenen Vorteil gegangen war.
Inzwischen war ihm auch klar, dass es bei ihm wohl nicht die wahre Liebe gewesen war. Andernfalls hätte er unter der Trennung sicher mehr gelitten.
Konnte man wahre Liebe überhaupt planen? Oder war die eher wie ein unkontrollierter, zu Kopf steigender Rausch?
Plötzlich dachte er an Ellie, wie sie herzlich lachte, wie ihre Augen vor Vergnügen funkelten. Eine solche Frau konnte einen Mann schon mal die Geschäfte vergessen lassen …
Schluss damit! Ich bin kein gefühlsduseliger Idiot, rief er sich dann zur Ordnung.
„Das Geheimnis, wie du bekommst, was du möchtest, ist ganz einfach“, erläuterte Riley, während die Sandwiches und Getränke serviert wurden. „Du findest heraus, was die Gegenpartei am dringendsten haben will, dann beschaffst du es ihr.“
„In meiner Liste geht es doch genau darum, und …“
„Lieber Himmel, Finn! Frauen begeistern sich nicht für Listen mit Pros und Kontras. Wer tut das denn überhaupt? Abgesehen von dir.“ Riley lachte. „Die meisten Menschen werden von drei Bedürfnissen geleitet: Geld, Liebe und Sex.“
„Du vor allem vom dritten“, kommentierte Finn. „Ganz unrecht hast du natürlich nicht.“
„Ja, und eins von den drei Dingen motiviert auch Ellie Winston. Finde raus, was sie möchte – und gib es ihr.“
„So einfach ist das?“
Riley nickte. „So einfach.“
Ellie hatte das Gefühl, der Raum würde schrumpfen. Es war plötzlich heiß und stickig. Die Worte, die sie gerade gehört hatte, hallten in ihrem Kopf nach, ohne Sinn zu ergeben. Erst allmählich nahmen sie Bedeutung an.
„Sind Sie sicher, Linda?“, hakte sie nach.
„Ja, Ellie. Es tut mir so leid.“
Das klang aufrichtig. Linda, die für sie zuständige Mitarbeiterin bei der Adoptionsvermittlung, war in den vergangenen Monaten zu einer Mitstreiterin und Freundin geworden. Bisher hatte sie immer positive Neuigkeiten zu verkünden gehabt.
Bisher.
Ellie presste sich die Hand auf den Bauch und dachte an all das, was sie aufgegeben hatte, um in einer von Männern dominierten Branche Fuß zu fassen: Beziehungen, Ehe, Kinder.
Seit einiger Zeit wusste sie allerdings, dass sie selber keine Kinder bekommen konnte und ihre einzige Chance auf Mutterschaft in einer Adoption bestand.
Seit einiger Zeit litt sie auch an einem zunehmenden Gefühl von Einsamkeit. Früher war sie allein glücklich gewesen und hatte es genossen, ihre eigene Herrin zu sein. Jetzt kannte sie kein traurigeres Geräusch als das ihrer einsamen Schritte auf den Dielen ihrer Wohnung.
Sie hatte niemanden außer ihrem Vater. Und auch den könnte sie bald verlieren, wenn die Ärzte recht hatten.
Was habe ich denn vorzuweisen, was den Verzicht rechtfertigt? fragte Ellie sich bedrückt. Etwa ein Dutzend Häuser, die sie entworfen hatte. Häuser, in denen Menschen lebten und lachten, Kinder aufzogen und die Träume verwirklichten, die sie selbst beiseitegeschoben hatte.
Insofern hatte sie ihre ganze Hoffnung auf die Adoption von Jiao gesetzt. Sie hatte es Sun versprochen, und sie liebte das kleine Mädchen mit dem ansteckenden Lächeln, das sie ja von ihren Besuchen in China gut kannte.
Ja, mit Jiao hätten sich ihre Träume von einem glücklichen Leben erfüllt.
Hätten.
„Um Jiao adoptieren zu können, brauche ich also einen Ehemann“, fragte Ellie nach.
Mit der winzigen Hoffnung, sich verhört zu haben.
Es war natürlich eine vergebliche Hoffnung.
„Ja, das hat man mir heute Morgen mitgeteilt“, sagte Linda bedauernd. „Es ist nun mal Gesetz. Das Waisenhaus befolgt nur die Weisungen der Behörden.“
Vielleicht sollte ich mich um die Adoption eines anderen Kindes kümmern, überlegte Ellie. Aus einem Land mit weniger strengen Regeln.
Aber nein! Sie hatte Sun versprochen, sich um Jiao zu kümmern. Und sie wollte die Kleine ja selbst unbedingt zur Tochter haben.
Nur, wie sollte sie das schaffen und dazu noch die Firma ihres Vaters leiten? Und wen konnte sie so auf die Schnelle heiraten?
Es musste doch noch einen anderen Ausweg aus dem Dilemma geben.
„Bisher hat es geheißen, es wäre alles in Ordnung, weil Sun noch selbst die Adoption in die Wege geleitet hat“, meinte Ellie hoffnungsvoll. „Dass ich mir wegen der anderen
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