Julia Extra 360
eine tiefe Depression gefallen, hatte kaum etwas anderes getan als schlafen. Jede noch so kleine Aufgabe war zu einem unüberwindlichen Hindernis geworden. Der Wasserstrahl der Dusche hatte in ihre Haut gestochen wie tausend Nadeln, sich das Haar zu bürsten war zur Folter geworden, sich anzuziehen zur Schwerstarbeit. Jeder Tag war ihr wie eine Ewigkeit erschienen. Das warme Bett hatte ihr die Zuflucht vor einem Leben gewährt, in dem sie von nun an ohne Emilio auskommen musste.
Dann hatte sie herausgefunden, dass sie schwanger war. Die Nachricht hatte sie aus der Depression gerissen. Hoffnung war aufgeglimmt, dass sie wieder Glück in ihrem Leben erfahren würde. Doch viel zu schnell war ihr diese Hoffnung entrissen worden.
Trug Emilio die Schuld dafür, dass Lily gestorben war?
Eine Weile hatte sie das wirklich geglaubt, doch dann war ihr klar geworden, dass niemanden die Schuld traf. Es war einfach eine jener Ungerechtigkeiten der Natur.
„Nein.“ Ihre Stimme war nurmehr ein Flüstern. „Nein, es hat nichts mit dir zu tun.“ Sondern mit Lilys Weinen, das sie noch immer hörte. Der einzige Weg, überhaupt Schlaf zu finden, waren die Tabletten. Und sie wirkten beileibe nicht immer.
Emilio hielt ihr Gesicht mit beiden Händen, schaute ihr in die Augen, als wolle er bis in ihre Seele sehen. „Was ist es dann? Dein Laden? Der Tod deines Vaters? Die Neuigkeit mit Sienna?“
Gisele zog seine Hände von ihren Wangen und trat zurück, schlang die Arme um sich. Sollte sie ihm von Lily erzählen? Ihr Gewissen meldete sich. Hatte er nicht das Recht, zu erfahren, dass er Vater geworden war, selbst wenn er es nur für kurze Zeit gewesen war? Irgendwann würde sie es ihm wohl sagen müssen. Bevor er es von anderer Seite hörte. Eigentlich hätte sie es ihn gleich zu Anfang wissen lassen sollen, doch jetzt im Moment brachte sie es einfach nicht über sich, darüber zu reden. „In letzter Zeit hatte ich viel Stress … generell …“
Er starrte auf das Röhrchen in seiner Hand. „Du solltest sie absetzen. Die Vorstellung behagt mir nicht, dass du Pillen brauchst, um schlafen zu können. Früher hattest du nie Probleme mit dem Schlafen.“
Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. „Wenn ich mich recht erinnere, haben wir beide nicht viel geschlafen.“
Die Worte hingen in der Luft und beschworen erotische Bilder herauf wie Geister aus der Vergangenheit. Gisele sah das Blitzen in Emilios Augen, als er den Blick über ihre Gestalt in dem fließenden Satinnachthemd gleiten ließ. Sie konnte spüren, wie ihre Brustwarzen sich aufrichteten, und wusste, dass er es sehen konnte. Ihr Schoß zuckte leicht, so, als hätte er sie berührt und gestreichelt, und auch in ihm wuchs die Erregung – deutlich sichtbar. Es raubte ihr den Atem.
„Nein, das haben wir wirklich nicht“, raunte er, seine Augen glühend vor Leidenschaft.
Gisele schnappte leise nach Luft. Ihre Brüste spannten, ein Prickeln lief über ihre Haut, die überempfindlich zu sein schien. „Tu das nicht, Emilio“, wisperte sie heiser.
„Was, cara ?“ Er machte einen Schritt auf sie zu, beugte den Kopf und drückte ihr einen Kuss auf den Hals, sog leicht an der Haut. „Das hier?“ Sie erschauerte, als seine Zunge über ihr Schlüsselbein strich. „Oder das?“
Gisele meinte, in einem Magnetfeld zu stehen – sein Körper zog ihren unwiderstehlich an. Mit geschlossenen Augen konnte sie es fühlen, konnte ihn fühlen … sein Verlangen, das ebenso hart und rasend pulsierte wie ihres. Ihr Herz hämmerte wild, ihr Atem wurde unregelmäßig. Ihre Zehen stießen an seine und schickten eine Schockwelle durch sie hindurch, sein harter Schaft drückte sich an ihren Schoß, heiß wie eine Flamme auf bloßer Haut.
Er strich flüchtig mit den Lippen über ihren Mund. „Das hier war es, was uns wachgehalten hat, nicht wahr? Erinnerst du dich?“
Sie leckte sich über die Lippen, ihr Mund staubtrocken, als er die Finger in ihr Haar schob. Natürlich erinnerte sie sich – an alles. Sie hatte es nie vergessen können. Wie er es schaffte, dass sie sich selbst spürte. Wie er allein mit einem Blick Flammen in ihr zum Lodern bringen konnte.
Wie sehr sie ihn noch immer wollte.
Für einen Moment blieb die Welt stehen. Gisele bereitete sich auf seinen Kuss vor, senkte die Lider. Wie von allein öffneten sich ihre Lippen, sie hielt den Atem an …
Doch Emilio brach den Bann, indem er einige Schritte zurücktrat und seinen Bademantel aufhob. Verwirrt schaute
Weitere Kostenlose Bücher