Julia Extra 360
mochte und ihr die Zukunft, die sie gemeinsam geplant hatten, wichtiger war als ihr Stolz.
Er wollte sie als Mutter seiner Kinder, konnte sich keine andere für diese Rolle vorstellen. Er freute sich darauf, Vater zu werden, sehnte sich nach einer Familie, die er lieben und beschützen konnte. Manchmal hatte er von Gisele mit einem runden Leib geträumt, in dem sein Kind heranwuchs. Die Bilder hatten ihn zwei Jahre lang verfolgt und verspottet, doch jetzt bestand wieder eine Chance, dass sie wahr werden konnten. Gisele musste nur ihren Stolz überwinden und sich die eigenen Sehnsüchte eingestehen. Sie war die geborene Mutter. Sie musste ihm nur genügend vertrauen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen, damit sie die gemeinsame Zukunft beginnen konnten.
Er fasste in ihr Haar und ließ die seidigen Strähnen durch seine Finger gleiten. „Weißt du noch, wie wir früher immer über eine Familie gesprochen haben?“
Sie zuckte zusammen, als hätte er sie geohrfeigt. Dann riss sie unwirsch ihr Haar los und stieß ihn von sich. Verwirrt verfolgte er mit, wie sie sich aus dem Bett aufrappelte und sich hastig ein Laken um den Körper wickelte.
„Habe ich etwas Falsches gesagt?“
„Seit damals habe ich meine Meinung geändert.“ Sie erdolchte ihn geradezu mit ihrem Blick. „Ich will keine Kinder.“
Emilio schwang die Beine aus dem Bett und schlüpfte in seinen Bademantel. „Was redest du da?“ Er ging zu ihr und legte die Arme um sie. „Du liebst Kinder. Du führst einen Laden für exklusive Kindermoden, verbringst Stunden damit, Babysachen zu besticken und zu verschönern. Was soll das bedeuten, du hast deine Meinung geändert?“
„Genau das, was ich gesagt habe“, rechtfertigte sie sich. „Das tun Leute, sie ändern ihre Meinung. Ich habe es auch getan.“
Emilio schaute sie an, als wäre sie plötzlich eine Fremde. Wo war die junge Frau geblieben, die so unbedingt eine eigene Familie hatte haben wollen? Vor zwei Jahren hatte sie sich begeistert Namen für Babys überlegt, für Mädchen und Jungen. Damals hatten sie schon vereinbart, dass sie nach der Hochzeitsreise sofort die Pille absetzen würde …
Er war inzwischen dreiunddreißig, lange wollte er mit dem Vaterwerden nicht mehr warten. Er hatte darauf gehofft, dass Gisele sich wieder in seinem Leben einrichtete und sie in ein, zwei Monaten heiraten und mit der Familienplanung beginnen könnten. Unvorstellbar, dass sie seinem Plan nicht zustimmen würde, damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Das wäre ja …
Versagen!
Ein Wort, das ihn wie ein Geist heimsuchte. Der unsichtbare Feind, der ihn seit seiner Kindheit verfolgte und der ihm sogar aus den dunklen Gassen, in denen er nach Schutz und Essen gesucht hatte, auf die hellen breiten Straßen gefolgt war. Der Feind, der ihn mit der Vorstellung folterte, nicht gut genug zu sein, nicht stark genug, nicht entschlossen genug, um aus dem Teufelskreis herauszukommen. Doch er hatte den Feind abgeschüttelt, hatte ihm Ketten angelegt, hatte ihn aus seinem Leben verbannt.
Nein, er würde nicht versagen.
Er würde einen Weg finden, Giseles Meinung erneut zu ändern. Was immer nötig war, wie lange es auch dauern mochte … sie würde wieder umdenken. „Hast du diese Entscheidung erst kürzlich getroffen, oder ist das schon länger so?“
„Der Zeitpunkt ist wohl kaum wichtig. Wichtig ist nur, dass ich die Entscheidung getroffen habe. Endgültig.“
„Gisele, du weißt, wie sehr ich mir eine Familie wünsche. Das wusstest du von Anfang an. Das gehörte mit zu den Gründen, weshalb ich dir einen Antrag gemacht habe. Wir beide wollten Eltern werden, eine Familie gründen …“
„Nur weil du reich bist, heißt das nicht, dass du automatisch alles bekommst, was du willst. So läuft das Leben nun mal nicht.“
Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Mir ist klar, dass dich unsere Trennung enorm verletzt hat. Es kam ja völlig unerwartet. Ein Kind zu haben ist eine große Verantwortung, in jeder Beziehung, ganz zu schweigen von einer, die dir in der Vergangenheit so viel Kummer zugefügt hat. Aber wir schaffen das, ganz sicher. Wir werden gute Eltern sein, und du wirst eine großartige Mutter sein. Ich weiß es einfach.“
Stechend funkelte sie ihn an. „Ich spiele nicht die Bruthenne, für keinen Mann.“
„Großer Gott, Gisele.“ Er runzelte die Stirn. „Habe ich dich etwa je so gesehen? Ich möchte dich als Mutter meiner Kinder. Noch nie habe ich eine Frau gebeten, mir diese
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