Julia Extra Band 0193
entgegenkommend sein. Und ihr schon gar nicht sein Zimmer anbieten. Aber seltsamerweise ließ sich ihr Gewissen auch dann nicht beruhigen, als sie sich sagte, dass ihr durch Sams Verhalten gar keine andere Wahl geblieben war, wenn sie Gerechtigkeit für Joel erreichen wollte.
Denn Sam Winton hatte nicht nur die Vaterschaft abgestritten, er hatte auch Ellens Idee von der
Cosmic Panda
-Figur gestohlen und Joel damit seines Geburtsrechtes beraubt. Haley musste nur noch den unwiderlegbaren Beweis finden. Und das würde sie, während Sam abwesend war.
Ihre Schwester hatte ihr die Geschichte in groben Zügen erzählt. Vor drei Jahren hatte Ellen, die als Buchillustratorin arbeitete, Sam Winton bei einem Empfang des Verlagshauses kennengelernt. Sie hatte ihre Gedanken zu der Figur auf eine Speisekarte skizziert, und laut Ellen war das die Geburtsstunde von
Cosmic Panda
gewesen.
Sechs Monate später war Ellen krank geworden, aber sie wollte nicht, dass jemand erfuhr, wie krank sie in Wirklichkeit war, und Sam hatte versprochen, zusammen mit Ellen an der Bücherserie zu arbeiten. Da Ellen jedoch immer ihre Arbeit über ihr eigenes Wohl gestellt hatte, legte sie Sam nahe, so lange einen anderen Künstler hinzuzuziehen, bis sie sich wieder erholt hätte.
Das erste Buch war ein Riesenerfolg, der einzige Name allerdings, der erwähnt wurde, war der Sam Wintons.
Als Ellen dann Sam kontaktierte, nachdem es ihr wieder besser ging, hielt er sein Versprechen, und sie arbeiteten gemeinsam an dem zweiten
Panda
-Buch. Bei der Veröffentlichung und den begeisterten Kritiken hatte Haley dann vergeblich nach dem Namen ihrer Schwester gesucht. Mit keinem Wort wurde die Arbeit der Illustratorin gewürdigt. Auch wenn Ellen sehr enttäuscht war, so wollte sie jedoch kein Aufsehen deswegen machen. Und solange Ellen lebte, hatte Haley sich dem Wunsch ihrer Schwester gebeugt. Jetzt bestand dazu keine Veranlassung mehr.
Sobald sie den Beweis hatte, dass die Figur Ellens geistiges Eigentum war, würde sie Sam damit konfrontieren. Aber sie würde darüber schweigen, wenn Sam endlich zugeben würde, dass Joel sein Sohn war. Das war sicherlich nicht die feine Art, aber es war gerecht. Und wenn Haley dann mit einem schlechten Gewissen über ihre Vorgehensweise leben musste – nun, dann musste sie eben damit leben.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als Sam jetzt eine Tür öffnete und ihr bedeutete, einzutreten. Es war das Schlafzimmer, in das sie bei ihrem ersten Besuch einen Blick erhascht hatte, aber jetzt war es aufgeräumt.
In dem großen Kleiderschrank hatte Sam offensichtlich einen Teil ausgeräumt, um Platz für ihre Garderobe zu schaffen. Eine weitere Tür im Zimmer führte in einen kleineren, aber hellen Raum, der als Kinderzimmer eingerichtet worden war. Lächelnd fuhr sie mit der Hand über das warme Holz des Schaukelstuhls, der in einer Ecke stand. Dann erblickte sie die handgeschnitzte Kinderwiege und hielt unwillkürlich die Luft an. “Die ist wunderschön! Ich habe Joels Reisebett mitgebracht, aber das hier ist natürlich viel schöner. Ist es ein altes Bett?”
“Ein Familienstück”, antwortete er. “Ich hab’s für Sie vom Speicher heruntergeholt.” Er verschwieg aber, dass er sich Laken, Bettzeug und einige andere Dinge, die man für ein Baby brauchte, von seiner Schwester geliehen hatte. Ihr gutmütiges Gewitzel und ihre anzüglichen Bemerkungen, dass die Mutter des Babys ihn wohl ziemlich beeindruckt hätte, hatte er stoisch über sich ergehen lassen.
Wie hätte er es auch abstreiten sollen? Nie zuvor hatte eine Frau ihn so auf den ersten Blick beeindruckt. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund schien sie nicht viel von ihm zu halten. Manchmal lächelte sie ihn an, ein Lächeln, bei dem sein Magen zu flattern begann, aber dann riss sie sich wieder zusammen, ganz so, als ermahne sie sich, ihn nicht zu mögen. Das Ganze war ihm ein Rätsel, und er konnte Rätseln nur wenig Gefallen abgewinnen.
Das Baby war auch ein Rätsel. Irgendwie erinnerte der Kleine ihn an jemanden, aber er wusste nicht, an wen. Sich zu sagen, dass alle Babys in dem Alter gleich aussahen, half auch nicht.
“Sie haben sich wirklich viel Mühe gemacht”, sagte Haley jetzt zu ihm.
“Ich konnte Joel ja wohl kaum eine Schrankschublade als Bett anbieten, oder?”
Aber er kann die Vaterschaft abstreiten, dachte Haley böse, und der Gedanke vertrieb ihre Freude über den Aufwand, den er mit diesem Zimmer betrieben hatte.
Sie legte Joel in
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