Julia Extra Band 0193
sorgen.”
“Ich habe eine Haushälterin.”
“Ganztags?”
“Leider nur halbtags.”
“Sie könnten also noch jemanden gebrauchen?”
“Es ist okay, so wie es ist. Seit dem Tod meiner Frau hilft mir auch meine Mutter.”
Als er an Ellen dachte, blickte er wieder auf die Uhr. Sein Zug ging in einer Stunde. Wenn er ihn erreichte, könnte er die Kinder von der Schule abholen und Ellen die Fahrt ersparen. Sie hatte in letzter Zeit müde ausgesehen.
“Das ist schade.” Francis setzte sich aufrecht in seinen Sessel. “Wenn Sie nämlich willens wären, noch jemanden einzustellen, jemanden, den ich empfehlen könnte, würde ich die Zahl im vorliegenden Vertrag verdoppeln.”
Jetzt war Callum ganz Ohr. “Wie meinen Sie das, Francis?”
“Es handelt sich um meine Tochter.” Die Worte kamen schwer über seine Lippen. “Mir liegt viel daran, sie zur Räson zu bringen.”
Callum zog die Augenbrauen hoch. “Diese Unterhaltung ist doch wohl nicht ernst gemeint?”, fragte er amüsiert. “Sind Sie sich bewusst, dass wir im einundzwanzigsten Jahrhundert leben, Francis?”
“Ich will durchaus nicht den strengen Vater spielen, Callum. Aber Zoë ist immer eine Rebellin gewesen. Sie ist dreiundzwanzig Jahre alt und mein einziges Kind, und sie bricht mir das Herz.”
“Es tut mir leid, das zu hören, aber ich kann mir nicht erklären, was dies mit mir zu tun hat …”
“Ich muss sie aus London weglotsen, und wenn es nur für ein paar Wochen ist. Ich hoffte, Sie würden mir dabei helfen.”
“Ich habe volles Verständnis für Sie, Frank, aber ich wüsste nicht, wie ich Ihnen helfen kann. Und ganz sicher will ich nicht in Familienkräche hineingezogen werden.”
“ich muss wohl doch noch ein wenig über den Vertrag nachdenken. Vielleicht geben Sie mir ein bisschen Zeit, damit auch meine Anwälte sich den Vertrag ansehen können? Dazu brauche ich einige Tage … oder einige Wochen.”
“Ach, kommen Sie, Frank! Es ist der gleiche Vertrag wie im letzten Jahr. Worum geht es? Um Erpressung?”
“Bestimmt nicht.” Francis sah Callum vorwurfsvoll an. “Worauf ich hinauswill, ist: Sie kommen mir entgegen, und ich komme Ihnen entgegen.”
Callum sah sein Gegenüber aufmerksam an. Er und Francis hatten sich vor einigen Jahren bei einer Konferenz über biologische Landwirtschaft kennengelernt. Trotz des Altersunterschieds und des verschiedenen beruflichen Hintergrunds waren sie sich auf Anhieb sympathisch gewesen. Sie hatten lange über das Für und Wider in der modernen Landwirtschaft und den Einzelhandel diskutiert, und danach liefen mehr und mehr Bestellungen bei Callum ein. Die Folge davon war, dass er seine Farm auf eine solide Basis stellen konnte.
Diesem Mann verdanke ich eine Menge, überlegte Callum. Er bewunderte und respektierte ihn auch. Francis war ein Selfmademan, der es zu einem großen Vermögen gebracht und dabei die Übersicht über sein Imperium nicht verloren hatte. Er leitete es auf die gleiche pragmatische Weise, wie er früher seine Eckläden betrieben hatte. Schon immer hatte Callum ihn für einen Exzentriker gehalten, doch was er ihm jetzt vorschlug, war einfach lächerlich.
“Warum sollte die Tochter eines Millionärs als Haushälterin auf einer Farm arbeiten, die weit ab in der Mitte von Nirgendwo liegt?”, fragte er.
“Bisher weiß sie nicht einmal, dass sie das gern tun würde. Sie wird es mir gegenüber auch nie zugeben, aber ich habe erkannt, dass sie nach etwas wirklich Reellem und Solidem in ihrem Leben sucht. Etwas, das mehr Gewicht hat als dieses flache Partylife der Spaßgesellschaft, das sie zurzeit durchlebt.”
“Sie meinen, dass sie lieber in den rauen Bergen von Cumbria sein würde als in der warmen Sonne der Karibik?”, fragte Callum leicht amüsiert.
Francis nickte. “Die Karibik kennt sie in- und auswendig.”
“Nimmt sie Drogen oder so etwas? Sie wollen meine Farm doch nicht etwa als Reha-Center benutzen, Frank? Und wenn Sie mir noch so viel Geld anbieten …”
“Nein, nichts dergleichen, obwohl ich zugebe, dass ich Gründe dafür habe, sie weit weg von London zu wissen. Genauer gesagt: Sie ist mit dem falschen Mann liiert.”
“Ach so ist das.” Callum schüttelte den Kopf. “Lassen Sie mich da heraus, Frank! Es tut mir leid, aber das ist nichts für mich. Ich denke, Ihre Tochter hat das Recht, das zu tun, was sie will.”
“Matthew Devine ist ein Gauner, nichts anderes.”
“Und Ihre Tochter ist eine dreiundzwanzigjährige Frau und damit
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