Julia Extra Band 0193
alt genug, um ihr Leben allein in die Hand zu nehmen und ihre eigenen Fehler zu machen.”
“Okay, dann verdreifache ich mein Angebot in unserem Vertrag”, sagte Francis, ohne zu zögern.
Callum fühlte, wie er weich wurde. Das Geld konnte er wirklich gut gebrauchen. Er musste einen zusätzlichen Mann einstellen, und die Farm ging in letzter Zeit nicht gut.
“Warum sollte die Tochter eines Millionärs, die zu jeder Zeit in die Karibik jetten kann, sich ausgerechnet als Hausmädchen in Cumbria verdingen?”, fragte er noch einmal.
“Sie befindet sich wieder einmal in einer ihrer rebellischen Phasen. Das ist nichts Ungewöhnliches. Sie lehnt es ab, in einem Apartment zu wohnen, das ich für sie gekauft habe, und sie will keinen Job annehmen, den ich für sie organisiert habe. Und als letzten Akt ihrer Trotzphase hat sie sich neuerdings dazu entschlossen, für eine Agentur tätig zu werden, die Zeitarbeit vermittelt. Die gibt ihr natürlich die unmöglichsten Jobs mit kurzfristigen Verträgen. Zum Beispiel vertritt sie Leute, die krank sind, oder junge Frauen, die ihre Mutterschaftspause machen. Aber lange wird sie das nicht durchhalten.”
“Woher wissen Sie das?”
“Ich sagte Ihnen ja, sie befindet sich in einer ihrer aufmüpfigen Phasen. Zurzeit arbeitet sie in einem Restaurant am Oxford Circus in London. Anscheinend ist dies der Dank dafür, dass ich sie auf ein teures Internat in der Schweiz geschickt hatte. Ich hatte weiß Gott große Pläne mit ihr. Vor diesem Job war sie Haushälterin bei einem Rockstar in Chelsea. Sie spielt diese Spielchen, bis es sie langweilt. Dann kommt sie wieder bei ihrem Vater angelaufen, und der bietet ihr ein großzügiges Taschengeld an, damit sie irgendwohin in die Ferien fliegen kann.”
Das klingt ganz nach einem verwöhnten Balg, dachte Callum.
“Aber dieses Mal ist es anders. Dieses Mal glaube ich nicht, dass sie zurückkommt”, fuhr Francis fort. “Nicht, bevor sie ihre letzte Trumpfkarte zieht und diesen Tunichtgut heiratet. Dann hätte ich allerdings ein wirkliches Problem am Hals.”
“Ich an Ihrer Stelle würde sie gewähren lassen”, sagte Callum überzeugt.
“Sie vielleicht. Aber sie ist mein Kind, und ich liebe sie. Ich hätte Ihnen das alles nicht erzählt, Callum, wenn ich nicht kürzlich erfahren hätte, dass mir nicht mehr viel Zeit bleibt, um meine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen.”
“Was wollen Sie damit sagen?”
“Um es kurz zu machen: Ich bin nicht mehr ganz gesund. Können Sie sich vorstellen, wie ich mich fühle bei dem Gedanken, meine Tochter in den gnadenlosen Krallen eines Mannes wie Matthew Devine zurückzulassen? Allein dieser Gedanke wiegt mehr, als ein Mann von Fleisch und Blut ertragen kann.” Francis lehnte sich ängstlich vor. “Ich appelliere an Sie, Callum, nicht nur als Geschäftspartner, sondern als Freund und von einem Vater zum anderen. Bitte helfen Sie mir aus dieser Situation heraus!”
Callum starrte ihn an, schockiert von dem, was er gehört hatte. Der Mann war höchstens fünfundsechzig Jahre alt.
“Sie haben mein tiefes Mitgefühl”, sagte er.
“Aber werden Sie mir auch helfen?”
“Wenn Ihre Tochter diesem Mann so verfallen ist, wird sie nicht aus London fortgehen wollen.”
Francis lächelte. “Der Betreiber dieser Agentur, für die sie arbeitet, schuldet mir einige Gefälligkeiten. Wenn meine Tochter also für diese Firma weiter arbeiten will, wird sie die Stellung auf Ihrer Farm akzeptieren müssen. Es soll ja auch nur für ein paar Wochen sein.”
“Und in der Zwischenzeit versuchen Sie, diesen Tunichtgut mit Geld zufriedenzustellen?”, fragte Callum.
“Ich nehme an, Sie würden es genauso machen.” Francis schob die Seiten des Vertrages zusammen, die auf dem Tisch zwischen ihnen ausgebreitet lagen. “Meinen Sie nicht auch, dass wir einen guten Deal gemacht haben?”
Callum stand am Wohnzimmerfenster, als er Motorengeräusch hörte. Die Hügel und das grüne Tal lagen im rosigen Schein der untergehenden Sonne vor ihm. Die wenigen Vögel, die in den kahlen Ästen der alten Eiche saßen, flogen auf und davon, als sie das Auto kommen hörten. Schließlich sah Callum, wie ein leuchtend roter Sportwagen an der Viehweide entlangbrauste und vor dem Wohnhaus abbremste.
“Ist sie das, Daddy?”, fragte Alice mit ihrer zarten Mädchenstimme.
“Ich glaube, ja.”
Callum beobachtete, wie die Fahrertür geöffnet wurde und erst ein eleganter hochhackiger Schuh und danach ein langes Bein
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