Julia Extra Band 0193
sie ihre Furcht vor der bevorstehenden Geburt ziemlich erfolgreich mit dieser Ablenkungsmethode.
„Du solltest dich zu einem dieser Geburtsvorbereitungskurse anmelden, die dir dein Arzt empfohlen hat. Sie sind sehr nützlich.“ Kyles Kommentar schreckte sie aus ihren Gedanken auf.
„Meinst du wirklich?“, fragte sie. „Habt ihr, du und deine Frau, denn auch solche Kurse besucht, als sie schwanger war?“ Sie versuchte, die Unterhaltung von sich selbst abzulenken. Doch als sie sein sich verfinsterndes, angespanntes Gesicht bemerkte, wünschte sie, dass sie die Frage nie gestellt hätte.
„Ja“, sagte er, ohne die Antwort näher auszuführen. Kyle blieb stumm, bis sie die Sunset Avenue erreichten. „Erzähl mir vom Vater des Kindes“, sagte er dann zu ihrer Überraschung.
Piper warf ihm einen Seitenblick zu. Unter den gegebenen Umständen war die Frage durchaus berechtigt.
„Ich habe Wes vor zwei Jahren in Paris kennengelernt“, sagte sie. „Er war Reporter, der einer politischen Affäre auf der Spur war. Ich habe Modeaufnahmen gemacht. Er war lustig und charmant. Er konnte mich zum Lachen bringen“, fügte sie hinzu. Ihre Stimme stockte bei den Erinnerungen an die ersten glücklichen Monate, die sie gemeinsam verbracht hatten.
„Aber er war auch ein bisschen verrückt in seiner Tollkühnheit“, fuhr sie fort. Plötzlich wurde ihr klar, dass sie seine sorglose Attitüde einerseits zwar angezogen hatte, dass sie andererseits aber zugleich der Grund für ihre Trennung gewesen war.
Sie hatte es hassen gelernt, dass er die Risiken bei der Jagd nach einer neuen Story geradezu zu brauchen schien. Er legte es darauf an, Gefahren heraufzubeschwören, als ob die Gefahr im Verlauf der Zeit wichtiger für ihn geworden sei als die Story selbst. Am Ende hatte ihn seine leichtsinnige Einstellung gegenüber der Gefahr umgebracht.
Sie hatte geglaubt, dass sie ihn und er sie liebe. Dass sie zusammenziehen und heiraten würden, wenn ihre Karrieren nicht so viel Zeit und Kraft von ihnen fordern würden.
Jetzt wusste sie, dass Wes niemals dahin gehende Ambitionen gehabt hatte. Er hatte nur für seine Karriere gelebt.
Ihr war die eigene Karriere auch wichtig gewesen. Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, vermisste sie sogar jetzt noch die Aufregung und die Geschäftigkeit bei einem neuen Fototermin.
Sie war nach Hause zurückgekehrt, um über ihre Zukunft und die ihres Babys nachzudenken. Die Drohung der Hunters hatte sie dazu bewegt, Kyle Masters um die Ehe zu bitten. Doch seltsamerweise beruhigte sie das Gefühl ungemein, Kyle in Zukunft an ihrer Seite zu haben.
„Wie ist er gestorben?“, hörte sie Kyle fragen.
„Er starb bei einem Autounfall bei einem Auftrag in Asien“, antwortete sie. Die Emotionen über seinen sinnlosen Tod ließen ihre Stimme erzittern.
Kyle fuhr auf den Parkplatz bei der Tierklinik. Er wandte sich zu ihr. Sein gut geschnittenes Profil hob sich vom dunkler werdenden Himmel ab.
„Du musst ihn sehr geliebt haben. Es tut mir leid.“ Er sagte dies ganz schlicht und ehrlich. Piper spürte, wie ihr bei seinen einfühlsamen Worten die Tränen in die Augen traten.
Bevor Piper noch etwas antworten konnte, war Kyle bereits ausgestiegen. Er klappte den Fahrersitz nach vorn, um die schlafende April zu wecken.
„Wach auf, mein Zwerg“, sagte er, während er ihren Sicherheitsgurt löste.
„Sind wir schon zu Hause?“, fragte April schläfrig.
„Ja. Und du kommst jetzt gleich ins Bett, meine junge Lady.“
„Was ist mit meinem Kleid?“, fragte April plötzlich hellwach. Sie drängte sich an ihrem Vater vorbei ins Freie und rannte zu Pipers Seite hinüber.
„Hier ist dein Kleid“, sagte Piper und reichte es ihr vom Rücksitz hinaus. „Vergiss nicht, es aufzuhängen.“
„Ich werde es nicht vergessen.“ April nahm den Karton in Empfang.
„Danke für das Abendessen“, sagte Piper, als Kyle zu ihnen trat. Sie suchte in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel.
„Bitte“, sagte er.
„Daddy, gibst du Piper keinen Gutenachtkuss?“, fragte April. „Meine Freundin Sara sagt, dass Leute, die heiraten, sich immer küssen. Deshalb musst du Piper küssen.“
Piper sah zu Kyle hinüber. Ihr Herz klopfte wie wild, als sie ein merkwürdiges Funkeln in seinen Augen entdeckte.
Bevor sie etwas dazu sagen konnte, beugte er sich zu ihr und küsste sie sacht auf den Mund. Es durchfuhr sie wie ein Blitz. Sein Mund war warm und feucht und berührte sie schmerzlich zart für einige
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