Julia Extra Band 0198
wie Porzellan anmutenden linken Wange, das ihn wirklich umhaute. Ein Grübchen! Es gefiel ihm jetzt gar nicht, dass Flora Graham ein Grübchen besaß. Weder bei den kurzen Blicken, die er draußen vor dem Gerichtssaal hatte auf sie erhaschen können, noch wenn er ihr dabei zugeschaut hatte, wie sie missmutig Fernsehinterviews gab, hatte er auch nur andeutungsweise so etwas wie ein Grübchen an ihr entdecken können.
Für Flora selbst war es nichts Neues, dass die Männer auf sie aufmerksam wurden; das war schon der Fall gewesen, bevor ihr Gesicht auf den Titelfotos diverser Zeitschriften erschienen war. Doch der Blick von diesem Mann hier war eindeutig ein ganz anderer – was Flora mit Erleichterung zur Kenntnis nahm, denn schon seit Langem konnte sie kein großes Vergnügen mehr daraus beziehen, wenn sie bewundernde Blicke erntete wegen etwas so Oberflächlichem wie ihrem Äußeren, ihren nach eigenem Ermessen fast ein wenig zu ebenmäßigen Gesichtszügen oder ihrer schlanken, dabei doch keinesfalls dünnen Figur. Inzwischen wusste sie sehr wohl, dass sicher keiner dieser scheinbaren Bewunderer Wert darauf legte, was für ein Wesen sich hinter ihrer schönen Verpackung verbarg.
Es war ihr daher wirklich egal, dass dieser Mann hier sichtlich nicht übermäßig beeindruckt zu sein schien von ihrem doch ansehnlichen Äußeren, aber trotzdem fand sie irgendetwas an seinem Blick ziemlich beunruhigend. Ganz entfernt hörte sie in ihrem Kopf die Alarmglocken läuten; sie runzelte leicht die Stirn.
“Mein Handy funktioniert nicht. Könnten Sie mir vielleicht …?” Vorsichtig näherte der Reporter sich dem schweigenden Paar.
“Kein Empfang hier oben … liegt wahrscheinlich an den Bergen”, antwortete Josh und deutete mit einer kräftigen, auffällig wohlgeformten Hand auf die atemberaubende Landschaftskulisse. “Ich meine aber, wenn ich es recht in Erinnerung habe, dann gab es da eine Tankstelle mit Werkstatt nur etwa achthundert Meter diese Straße zurück …”
Floras Blick folgte der Handbewegung, und wie sie die starke und wohlgestaltete Hand musterte, drängte sich ihr der Vergleich mit der Landschaft auf – eher rau und gefährlich denn friedlich. Sie verwarf ihren guten Instinkt von vorhin, der sie gewarnt hatte, dass etwas nicht ganz in Ordnung war. Aber sowieso konnte sie sich ja wohl nicht auf ihren Instinkt verlassen – denn wie hätte es sonst passieren können, dass sie auf Paul, diese Ratte, hereingefallen war und sich gar mit ihm verlobt hatte?
“Ob es wohl möglich wäre, dass Sie mich ein kleines Stück mitnehmen …?” Die Frage war Tom Channing sichtlich unangenehm, worüber auch sein cooler Dreitagebart und sein goldener Ohrring nicht hinwegtäuschen konnten. Überdies schien es ihn sichtlich zu ärgern, dass der imposante Typ neben ihm ganz ohne jegliche Accessoires eine noch viel souveränere Ausstrahlung besaß. “Nun, anscheinend nicht”, gab er sich selbst bitter die Antwort, als er keine von den anderen beiden bekam.
Flora biss sich auf die Lippen, um ein Grinsen zu unterdrücken, als sie dabei zusah, wie der stämmige Typ leise vor sich hinfluchend in sein Auto stieg.
“Ich glaube, Sie haben ihn gekränkt.” Flora konnte es jetzt doch nicht lassen, ein wenig zu lästern. “Wollen Sie etwa mit einem platten Reifen weiterfahren?”
“Nein.”
“Das hätte mich auch gewundert.” Zufrieden atmete sie tief aus.
“Daddy!”
Dieses Mal nahm Josh zur Kenntnis, dass kräftig an seinem Hosenbein gezerrt wurde. “Was ist los, mein Prinz?”
“Ich glaube, mir wird schlecht!”
Ehe Flora sich’s versah, bewahrheitete sich diese Ankündigung, und in einer Mischung aus Faszination und Horror schaute sie hinab auf das Malheur, das auch ihre biskuitfarbene Hose und ihre Lieblingsschuhe – handgearbeitete Halbschuhe aus weichem Leder – nicht verschonte.
“Geht mir schon wieder besser”, meinte der kleine Liam alsdann leicht verstört und lächelte seinen Vater an.
Josh lächelte zurück, zog dabei rasch ein frisches Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte damit über den Mund des Kleinen; gleichzeitig blickte er die große, gertenschlanke Blonde an und erwartete, dass sie jeden Augenblick hysterisch aufschreien würde.
Seiner persönlichen Erfahrung zufolge hatten nämlich diejenigen Frauen, die immer wie aus dem Ei gepellt herumliefen, meist ihre Probleme mit den weniger appetitlichen Erscheinungen des Lebens.
“Ich freue mich, dass du dich schon wieder
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