Julia Extra Band 0198
Teufel sie war und was sie hier zu suchen hatte.
Nun, genau das wollte sie von ihm auch wissen.
Sag etwas, befahl sie sich still. Je länger du hier schweigend herumstehst und ihn anstarrst, desto idiotischer wirkst du.
In Ryans Kopf wirbelten die Fragen: Wer war diese dunkelhaarige Schönheit, die da so einfach in Charlottes Haus hereinspazierte? Wie war sie überhaupt hier hereingekommen? Was tat sie hier? Und wieso erlaubte sie es sich, ihn so anzustarren, als sei sie halb verhungert und er ein prämiertes, riesiges Stück Rinderfilet, das nur darauf wartete, gegrillt und verschlungen zu werden?
Ehrlich gesagt, diese träge, anerkennende Musterung aus den schwarzen Augen störte ihn noch nicht einmal so sehr. Vielleicht fand er es sogar ganz verführerisch. Allerdings wäre es ihm wesentlich lieber gewesen, er würde etwas mehr Kleidung tragen als dieses schmale Stückchen Stoff, das er sich in aller Eile um die Hüften geschlungen hatte.
Seit er in die Küche gestürmt gekommen war und endlich bemerkt hatte, dass er nicht allein war, hielt er den Blick unverwandt auf ihr Gesicht gerichtet. Irgendwie fiel es ihm immer noch schwer, ihre Anwesenheit zu akzeptieren. Und er wünschte sich sehnlichst, sein Verstand würde endlich wieder arbeiten und einen vollständigen Satz zusammensetzen können.
“Hi.”
Dieses kleine, leise vorgebrachte Grußwort hallte wie ein Donnerschlag in der seltsamen Atmosphäre aus Verwirrung, Erstaunen und Verlegenheit, die sich in Charlottes Küche ausgebreitet hatte. Und da ihm nichts Besseres einfiel, sagte auch er: “Hi.”
“Ich … ich habe den Kessel vom Feuer genommen.” Julia deutete mit dem Kopf zum Herd.
“Danke.” Es hörte sich geradezu lächerlich höflich an.
Wieder breitete sich Schweigen aus, wurde so dicht, dass man es fast mit der Hand greifen konnte.
Endlich gelang es Ryan, den Blick abzuwenden. Er sah zum Fenster in den Garten hinaus, ohne die Farbenpracht der Blumenrabatten zu erkennen. Diese lähmende Verblüffung, plötzlich eine fremde Person im Haus vorzufinden, war verständlich, aber warum fühlte er sich so verlegen? Gerade so, als sei er der Eindringling hier, als müsse er eine Erklärung, eine Rechtfertigung, eine Entschuldigung abgeben. Das war lächerlich. Überhaupt war die ganze Situation lächerlich!
Und endlich, endlich setzte sein Verstand wieder ein. “Wer sind Sie?” Sein Ton ließ keinen Zweifel daran, wie groß sein Erstaunen war.
Als Rechtsanwalt war er es gewöhnt, Fragen zu stellen. Sein ganzer Arbeitstag bestand praktisch aus nichts anderem als Fragenstellen. Warum also fühlte er sich bei dieser einen so … so unwohl, so, als hätte er kein Recht dazu?
Sie blinzelte, die langen dunklen Wimpern legten sich für einen Moment über die schwarzen Augen. “Ich bin Julia Jones”, sagte sie, als müsse das alles erklären.
Ihre dunkle, warme Stimme gefiel ihm, ja, sie klang sexy. Sehr sogar. Sie benetzte die vollen Lippen mit der Zungenspitze, eine Geste, bei der Ryan wieder den Faden verlor. Sie war so attraktiv, so anziehend.
Er hatte viele Frauen getroffen, die es bewusst darauf anlegten, ihre weiblichen Vorzüge ins rechte Licht zu rücken, mit kleinen Gesten erotische Spannung zu erzeugen. Aber die Sinnlichkeit, die von dieser Frau hier in Charlottes Küche ausging, war weder beabsichtigt noch bewusst, und die natürliche Art, wie sie mit ihren langen Wimpern flatterte, wie sie ihre roten Lippen befeuchtete, strahlte mehr Erotik aus, als gut für Ryan war.
“Und Sie sind?”, stellte Julia jetzt die Gegenfrage.
“Ryan Shane, Charlottes Cousin.”
“Aha. Charlottes Cousin also.” Julia nickte. “Seltsam, Charlotte hat nichts davon erwähnt, dass sie Familienbesuch bekommt”, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihm.
Ryan wollte gerade etwas erwidern, als ihr leises Lachen ihn davon abhielt.
“Nein, eigentlich nicht”, murmelte sie.
Ryan fand dieses Murmeln zwar sehr sexy, trotzdem war er verwirrt. “Eigentlich nicht – was?”
“Es ist nicht seltsam, dass sie nichts gesagt hat.” Julias schönes Gesicht wurde weicher. “Sie hat es wahrscheinlich einfach vergessen.”
Jetzt lächelten nicht nur ihre Lippen, sondern ihre Augen lachten auch. Ryans Herz begann einen dumpfen Rhythmus gegen seine Rippen zu schlagen. Kein Zweifel, diese Frau war einfach anbetungswürdig!
“Charlotte hat es vergessen, nicht wahr?”, fragte Julia gut gelaunt.
Ryan nickte. “Genau. Ich kam gestern Abend an. Als sie mir
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