Julia Extra Band 0198
sagtest doch, sie …”
“Ja, ich weiß, das stimmt auch. Aber …” Sie stockte. “Bitte, Ryan, versuche doch zu verstehen. Ich kann mich nicht für … für bedeutungslosen Sex hergeben, nur weil es sich gut anfühlt. Das ist doch genau das, wovon ich meine Tochter abhalten will. Ich muss ihr ein gutes Beispiel sein, diese Pflicht habe ich Kelly gegenüber.”
Er war so bestürzt, dass er eine Zeit lang brauchte, um sich zu fassen. “Bedeutungsloser Sex also”, murmelte er dann entgeistert vor sich hin.
Julia setzte sich auf und griff nach ihrer Bluse. Das Bedürfnis, sich zu bedecken, war übermächtig. Sie fühlte sich so nackt, so bloßgestellt, so voller Scham und Schuld.
“Moment!” Ryan hielt ihre Hand fest, bevor sie die Bluse hatte greifen können.
Julia starrte ihn an, und plötzlich erkannte sie, dass er wütend war. Die zusammengepressten Lippen, die angespannten Kinnmuskeln, die blauen Augen, die sie vorwurfsvoll anfunkelten.
“Es gibt da einen Riesenunterschied zwischen dem, wovon du Kelly abhalten willst, und dem, was hier zwischen uns passiert. Es ist etwas ganz anderes, wenn zwei Jugendliche auf dem Rücksitz eines Wagens ihre ersten Experimente mit Sex betreiben, oder wenn zwei erwachsene Menschen …” einen Moment lang schien er nicht zu wissen, wie er es ausdrücken sollte, “… wenn zwei erwachsene Menschen sich dazu entschließen, die Nähe des anderen zu genießen.”
Bei dieser gefühllosen Definition flammte unbändige Wut in ihr auf. “Das ist es also, was wir hier tun?” Sie riss ihre Hand los und angelte hektisch nach ihrer Bluse, um sie mit abrupten Bewegungen anzuziehen. “Wir genießen den Körper des anderen?” Sie zog die Worte angewidert in die Länge. “Es gibt eine klare Definition von richtig und falsch, Ryan! Und es ist falsch, Sex zu haben, nur um seine körperlichen Gelüste zu befriedigen.” Mit fahrigen Fingern knöpfte sie die Bluse zu. “Wie soll ich Kelly diese Regel verständlich machen, wenn ich nicht bereit bin, mich selbst an diese Regel zu halten?”
Sie funkelte ihn böse an und wusste, dass sein Ärger nichts anderes war als sexuelle Frustration. Nun, er würde darüber hinwegkommen müssen! Schließlich musste sie es ja auch!
“Da, wo ich herkomme, gibt es unterschiedliche Regeln für Kinder und Erwachsene”, knurrte er. “Eben weil Erwachsene erwachsen sind.”
“Ich denke, es ist besser, wenn du jetzt gehst, Ryan”, teilte sie ihm bestimmt mit. “Ebenso denke ich, dass wir unsere Abmachung aufheben sollten. Mit sofortiger Wirkung. Ich möchte mich nicht mehr mit dir treffen.”
Julia hatte das Gefühl zu ertrinken. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie diese Worte sagen würde. Sie zitterte am ganzen Körper, und Tränen brannten in ihren Augen.
Sie durfte nicht zulassen, dass er sie in Tränen ausbrechen sah!
Sie presste die Hand an den Mund, um das Schluchzen zu unterdrücken, und stürmte aus dem Zimmer, die Treppe hinauf in ihr Schlafzimmer, wo sie sich auf ihr Bett warf und stumm und endlos zu weinen begann.
10. KAPITEL
Es gab Dinge, die man tun musste. Es war nicht nur einfach schwer, sondern ihr grauste regelrecht davor. Aber während der letzten drei Tage hatte Julia ausreichend Zeit zum Nachdenken gehabt. Es gab keinen anderen Weg.
An dem Abend vor drei Tagen war sie aus dem Zimmer gestürzt und vor Ryan davongerannt. Seither hatte sie sich wie ein Automat bewegt, hatte sich in Arbeit gestürzt, um den quälenden Schmerz in ihrem Herzen zu betäuben. Sie hatte neue Rezepte ausprobiert, bis ihr der Schweiß auf der Stirn stand, hatte gerührt und geknetet, bis ihr die Arme wehtaten, hatte die Buchhaltung von Gold Ribbon aktualisiert und sogar die Kundenwerbeliste auf den neuesten Stand gebracht, eine eintönige Aufgabe, die sie bisher immer vor sich hergeschoben hatte. Allein die Arbeit hatte sie überleben lassen, hatte sie davon abgehalten, sich die Augen wegen dieses wunderbaren Mannes auszuweinen, der ihr Herz für sich eingenommen hatte – und fast auch ihren Körper.
Ja, ihren Körper hatte sie noch aufhalten können, aber ihr Herz … Sie hatte das Gefühl, als hätte Ryan ihr das Herz direkt aus der Brust geholt. Er hielt es in seiner Hand und wusste es noch nicht einmal.
Als Julia zum ersten Mal nach diesem Abend zu Charlotte gefahren war, hatte sie sich innerlich gestählt, um auf die Begegnung mit Ryan vorbereitet zu sein. Aber er war nicht da gewesen. Charlotte hatte ihr erzählt, dass er eine
Weitere Kostenlose Bücher