Julia Extra Band 0198
gekommen und bist offen und ehrlich gewesen, hast mir sogar das Schlimmste gestanden …”
“Du meinst das mit den Jungen?” Kelly grinste.
Julia kicherte. “Genau das meine ich. Aber du hast mir gezeigt, dass du erwachsen und reif genug bist, um für dich und das, was du willst, einzustehen. Du wirst langsam zu einer richtigen junge Dame.”
“Ach Mom”, winkte Kelly verlegen ab.
“Nein wirklich, Kelly, ich meine es ernst. Und ich glaube, dass ich dir vertrauen kann. Also, du kannst am Samstag zu Sheilas Party gehen. Ach und”, sie hielt kurz inne, “Sheilas Eltern sind doch zu Hause, oder?”
“Jaaa, Mom.” Kelly rollte entnervt mit den Augen.
“Tut mir leid, Kleines”, Julia griff abwesend nach einem Bleistift, “aber ich werde immer deine Mutter bleiben und dich vor allem beschützen wollen, ganz gleich, wie alt du bist.”
“Ich weiß”, flüsterte Kelly mit gesenktem Kopf. “Und deshalb kann ich mich auch immer sicher fühlen.” Dann schoss ihr Kopf hoch. “Wenn du Sheila erzählst, dass ich das gesagt habe, werde ich es bis zum letzten Atemzug leugnen!”
Julia seufzte und lachte gleichzeitig, und ihr Herz floss über vor Liebe zu ihrer Tochter. “Weißt du, Kelly, du bist wirklich und wahrhaftig das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist. Und ich bin Ryan sehr dankbar, dass er mich dazu gebracht hat, es bewusst zu erkennen.”
Jetzt stand Kelly auf, kam um den Tisch herum und legte ihrer Mutter den Arm um die Schultern. “Mom, ich weiß nicht, was sich zwischen euch abgespielt hat. Ich weiß nur, dass er nicht mehr herkommt und nicht mehr anruft. Es geht mich ja nichts an, wenn ihr euch nicht mehr treffen wollt, aber … Ryan hat dir gutgetan, Mom, er hat dich zum Lachen gebracht.”
Als Kelly sie fest drückte, hätte Julia vor Glück und Trauer zugleich laut weinen können. Glück darüber, dass ihre Tochter sich mit dem Heranwachsen auch zu einer Freundin entwickelte, Trauer über all das, was sie nicht mit Ryan würde teilen können. Liebe, Geborgenheit, Zuneigung.
Ja, Kelly hatte recht, Ryan hatte ihr gutgetan. Sie hatte Dinge gefühlt, die sie nie zuvor in ihrem Leben gefühlt hatte.
Aber wenn Liebe eine Zukunft haben sollte, musste sie von zwei Menschen empfunden werden.
Der Mond stand voll und silbern am Himmel, als Julia am Samstagabend den Wagen vor ihrem Haus parkte. Sie war todmüde, und ihre Füße schmerzten. Heute Abend hatten Charlotte und sie die größte Dinnerparty ihrer bisherigen Laufbahn arrangiert. Der Gewinn dieses einzigen Abends würde beiden Partnern des Gold Ribbon einen satten Bonus einbringen. Doch selbst das reichte nicht aus, um Julia zum Lächeln zu bringen.
Da saß sie nun hier in ihrem Auto im Dunkeln und starrte vor sich hin. Ihr Geschäft lief glänzend, ihre Beziehung zu Kelly war nie besser gewesen. Und sie blies Trübsal! Was war nur los mit ihr?
Die Antwort drängte sich von allein auf.
Ryan. Er fehlte ihr so schrecklich.
Sie seufzte und fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. Die Nacht war wunderbar, noch warm, aber schon erfüllt vom Geruch des nahenden Herbstes. Sie wünschte, sie könnte sie auf sich wirken lassen, wünschte, sie könnte diese quälende Einsamkeit endlich überwinden.
Oh, warum nur hatte sie es zugelassen, dass ihre Gefühle für Ryan so außer Kontrolle gerieten?
Ihr Mund zuckte selbstironisch. Als ob sie in Bezug auf Ryan ihre Gefühle je unter Kontrolle gehabt hätte!
Ein Happy End gab es eben nur in Liebesromanen.
Mit einem schweren Seufzer stieg sie aus dem Wagen und sah im Licht der Straßenlaterne auf ihre Uhr. In einer Stunde erst würde sie Kelly von Sheilas Party abholen, Zeit genug also für sie, sich ein warmes Bad zu gönnen. Und diesmal würde sie einen Liebesroman mit in die Badewanne nehmen. Es war schön zu wissen, dass sich die beiden Romanfiguren trotz aller Widrigkeiten am Ende doch noch glücklich in die Arme sanken.
Langsam stieg sie die Verandatreppe empor und suchte nach dem Hausschlüssel. Als jemand direkt neben ihr leise ihren Namen nannte, wäre sie vor Schreck fast aus der Haut gefahren.
Ryan! Er saß auf der Rattanbank neben der Haustür.
“Entschuldige, ich muss dich zu Tode erschreckt haben. Dabei habe ich mich ganz ruhig verhalten, um dich nicht zu ängstigen.”
Ja, ihr Herz pochte bis zum Hals, aber von dem Schreck hatte sie sich längst erholt. Es lag viel eher daran, wie er ihren Namen gerufen hatte, und wie schuldbewusst er jetzt dreinblickte. “Ist schon
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