Julia Extra Band 0198
erkennen.”
„Warum nicht? Weil ich den Ratschlag eines Freundes befolgt habe?” Aufgebracht rieb er sich den Nacken. „Ich weiß nicht, was du von mir willst. Wie hätte ich dir sonst zeigen sollen, dass ich an dir interessiert bin. Ich habe dir Blumen geschickt, ich wollte mit dir ausgehen. Zwar bin ich zu spät nach Hause gekommen, um meiner Einladung ins Kino nachzukommen. Aber ich wäre heute Abend noch gern mit dir losgegangen, obwohl ich vollkommen kaputt bin.”
„Oh, das gibt mir ja ein grandioses Gefühl”, rief Abby und hätte am liebsten laut geschrien. „Warum nennst du das Kind nicht beim Namen und sagst gleich, dass ich ein Sozialfall bin?”
„Was?”, keuchte Hunter, und in seinen Augen funkelte es gefährlich.
„Sieh den Tatsachen ins Gesicht, Hunter! Ich bin die Mutter deines Sohnes. Eine Frau, die du sieben Jahre lang nicht gesehen hast und nun aus Anstand heiraten möchtest. Vielleicht siehst du mich nicht als Sozialfall, aber ich würde meinen letzten Dollar verwetten, dass dein Bild von mir nicht weit darüber liegt.”
Bevor Abby noch irgendetwas sagen konnte, hatte Hunter sie bei den Schultern gepackt und zu sich herangerissen. Wild und leidenschaftlich küsste er sie auf den Mund, und ihr blieb keine Zeit für große Überlegungen. Sie konnte nur noch darauf reagieren und ihn mit all der Gier zurückküssen, die Hunter ihr entgegenbrachte. Als er endlich von ihr abließ, fühlten sich ihre Muskeln und Knochen wie Pudding an. Unendliche Hitze schien jeden rationalen Gedanken aus ihrem Gehirn weggebrannt zu haben.
„Küsst so ein Mann eine Frau, die er für einen Sozialfall hält?”, stöhnte Hunter und ergriff ihr Kinn.
Sie schluckte schwer.
„Genau das Gleiche denke ich auch”, brummte er, ließ sie los und verschwand aus der Küche. Sie hörte ihn die Tür zu seinem Zimmer zuschlagen und danach nur noch das monotone Ticken der alten Küchenuhr.
Sprachlos und durcheinander stand sie da und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihre romantischen Märchenträume waren längst vergessen, und eine Anstandshochzeit kam nicht infrage, bevor sie sich nicht besser verstanden. Aber was blieb denn für sie beide übrig?
5. KAPITEL
Als Hunter am nächsten Morgen die Küche betrat, schlug Abby gerade ein paar Eier in die Pfanne. „Guten Morgen”, begrüßte sie ihn fröhlich, in der Hoffnung, sie könnten im stillen Einverständnis die Ereignisse des Vorabends ignorieren.
Weit gefehlt, wie sich herausstellte, nachdem Hunter sich ohne sie anzublicken auf einen Stuhl gesetzt hatte. „Guten Morgen”, knurrte er schließlich.
„Hey, Hunter”, sagte Tyler. Er kniete auf dem Stuhl genau gegenüber von dem seines Vaters, lächelte breit und schien das glücklichste Kind der Welt zu sein.
„Hey, Tyler”, gab Hunter zurück. Abby stellte einen Teller mit Schinken und Eiern vor ihn hin. „Wie war es gestern bei Claire?”
„Schön”, erwiderte Tyler einfach. „Ich war ja nicht allein, Cody war da”, fügte er hinzu. „Der ist lustig. Er fällt auf seinen Po, wenn er laufen will, und dann schreit er.”
„Er ist noch ein Baby”, erklärte Abby lachend und zerwühlte liebevoll Tylers Haare. „Hoffentlich hast du dich nicht über ihn lustig gemacht.”
„Nein, ich habe ihn aufgehoben und ihm geholfen, wieder zu stehen.”
„Das ist aber lieb”, lobte Abby ihn und setzte sich mit an den Tisch.
Das Gespräch zwischen ihnen erstarb, und Abby zermarterte sich ihr Gehirn nach etwas, das sie sagen konnte. Aber nichts ließ sie den wilden Kuss vom Abend zuvor vergessen.
Er hat mich nicht geküsst wie ein Mann, der nur einem Kind eine Familie geben will, ermutigte sie sich. So viel Leidenschaft in einem Kuss kann nicht gespielt sein. Da stimmte die Chemie, auch wenn es keine wahre Liebe war.
„Geh hinauf und hol deine Sachen!”, sagte Hunter zu Tyler und klang dabei wie ein Vater, der niemals von seinem Sohn getrennt gewesen war. Abby war sprachlos. „Dann bringe ich dich zur Schule.”
„Ist nicht nötig!”, protestierte Abby, aber Hunter brachte sie mit einem warnenden Blick zum Schweigen.
„Das weiß ich selbst”, sagte er, nachdem Tyler den Raum verlassen hatte. „Ich will es aber gern tun.”
Nachdem die beiden gegangen waren, machte Abby sich Gedanken, über die Möglichkeiten, die Hunter und ihr jetzt offenstanden. Natürlich wünschte sie sich noch weitere Kinder, aber nicht von einem Mann, der fremd war und der sie nicht liebte. Sie selbst
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