Julia Extra Band 0213
Bislang hatte sie immer versucht – wenn auch vergeblich – dem Bewohner des Penthouses aus dem Wege zu gehen.
Oben angelangt, öffnete Hannah die Feuertür, die das Treppenhaus von der kleinen Vorhalle trennte, die genauso aussah wie in den anderen sieben Etagen. Sie war irgendwie etwas enttäuscht, obwohl sie auch nicht wusste, was sie erwartet hatte. Etwa, dass die Wände mit Blattgold verziert waren? Noch einmal atmete sie tief durch und drückte dann auf die Klingel.
Die Tür wurde geräuschlos geöffnet, und Cooper, groß und breitschultrig in Pullover und Jeans, hob fragend eine Augenbraue.
Hannah fühlte sich sehr klein, als sie ihm so gegenüberstand. Sie hatte sich nicht so befangen und unfähig gefühlt, auch nur einen Ton herauszubringen, seit sie das erste Mal als Anwältin an einer Gerichtsverhandlung teilgenommen hatte. Sie schluckte heftig: “Ich würde gern mit Ihnen sprechen, falls Sie ein paar Minuten Zeit haben.”
Cooper musterte sie langsam von Kopf bis Fuß und wieder zurück. Dann bat er sie mit einer kleinen Handbewegung herein.
Sie hatte gewusst, dass das Penthouse riesig sein musste, denn jedes der unteren Stockwerke beherbergte vier bis acht geräumige Apartments. Aber auf eine Eingangshalle in der Größe eines Ballsaals, mit einer gewölbten Decke und Marmorsäulen, war sie nicht gefasst gewesen.
Dahinter befand sich ein großes Wohnzimmer, und an der einen Seite ging es in ein Esszimmer mit einem Tisch für mindestens achtzehn Personen.
“Sie kommen zu spät”, sagte Cooper kühl. “ Letztes Jahr hat meine Mutter die Wohnung vom Innenarchitekten herrichten lassen und hat Führungen zugunsten unserer Stiftung hier veranstaltet. Wenn ich mich das nächste Mal dazu entschließe, das Penthouse im Rahmen einer Spendensammlung für Besichtigungstouren zu öffnen, gebe ich Ihnen Bescheid, dann können Sie sich eine Eintrittskarte kaufen.”
“Habe ich so neugierig gestarrt? Entschuldigung, aber ich habe nie zuvor einen Raum gesehen, in dem ein ganzer Marmorsteinbruch verarbeitet wurde.”
Einen Moment lang befürchtete sie, er würde sie jetzt sofort hinauswerfen. Stattdessen zeigte er auf eine offene Tür am Ende eines Korridors zwischen Ess- und Wohnzimmer. Hannah folgte dieser wortlosen Aufforderung. Er schob die Tür noch weiter auf und geleitete sie in ein großes, gemütliches Zimmer.
Das war ganz offensichtlich der Raum, in dem er die meiste Zeit verbrachte. Auf dem Kaffeetisch lag die Fernbedienung für den Fernseher, eine Morgenzeitung und eine Aktentasche, aus der Papiere hervorquollen. Außerdem stand dort eine Riesenschüssel Popcorn.
Bis zu diesem Moment hatte Hannah ganz vergessen, dass sie weder zu Mittag noch zu Abend gegessen hatte. Nachdem ihr das Hungergefühl bewusst geworden war, würde ihr Magen keine Ruhe mehr geben.
Cooper ließ sie auf der Couch Platz nehmen und schaltete den Fernseher aus. “Was wollen Sie, Hannah?”
“Jetzt im Moment dieses Popcorn”, antwortete Hannah aufrichtig.
“Der Chefkoch vom ‘Flamingo Room’ wird wohl sehr enttäuscht sein, wenn er hört, dass es nichts auf der Speisekarte gab, das Sie zufriedenstellen konnte.” Er schob die Schüssel zu ihr hinüber.
“Ich bin gar nicht dort gewesen.”
Sie nahm sich eine Hand voll Popcorn. Es war noch heiß und ausgesprochen köstlich.
“Wenn Sie damit nach mir werfen, verursacht das wenigstens keinen bleibenden Schaden”, meinte Cooper.
Hannah konzentrierte sich auf die Popcornschüssel, damit sie ihn nicht ansehen musste. “Ich hätte den Wein nicht über Sie schütten sollen.”
Cooper hatte sich mit ausgestreckten Beinen ans andere Ende der Couch gesetzt, und sich halb zu ihr gewendet. “Ist das eine Entschuldigung oder ein Eröffnungsschachzug? Das ist zwar nicht besonders wichtig, aber ich bin neugierig.”
“Ich bezahle die Reinigung.”
“Sie glauben doch nicht im Ernst, dass es Zweck hat, ein mit Rotwein getränktes weißes Seidenhemd in die chemische Reinigung zu geben.”
“Das war Seide? Ja, dann haben Sie wohl recht.”
“Aber wenn Sie darauf bestehen, schicke ich Ihnen die Rechnung für das Ersatzhemd. Wenn das alles war, weswegen Sie gekommen sind …”
“Nein, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen. Es geht um die Hochzeitsschatulle.”
Cooper erwiderte trocken: “Das dachte ich mir. Ich muss Sie aber gleich warnen. Ich bin nicht mehr bereit, so viel zu zahlen wie heute Mittag.”
“Ich dachte dabei nicht an Geld.”
Nach einem langen
Weitere Kostenlose Bücher