Julia Extra Band 0213
Zustimmung signalisieren wollte?
All das war jedoch momentan nicht wichtig. Die wichtigste Frage war jetzt, wie sie sich von jetzt an verhalten sollte.
Sie konnte die Geschichte natürlich aus ihrem Blickwinkel erzählen. Sie konnte mit Brentons Vorgesetztem sprechen, oder sogar noch weiter nach oben gehen, zu Ken Stephens, den sie ja jetzt etwas besser kannte. Aber würde man ihr glauben? Recht unwahrscheinlich, dachte Hannah. Es wäre ihr Wort gegen das von Brenton – eines erfahrenen Juniorpartners; sie hingegen war nur eine Angestellte, die noch nicht einmal ein Jahr bei der Firma war.
Und selbst wenn man ihr glaubte – wozu sollte das führen? Brenton war ein Widerling, aber das war schließlich kein Verbrechen. Er hatte sich so bedeckt gehalten, dass sie ihm nichts beweisen konnte.
Auch heute Abend hatte sie nur an der Härte in seinem Blick ablesen können, dass ihr Job in Gefahr war. Sie wusste, dass er jederzeit überzeugend abstreiten würde, dass er sie loswerden wollte. Und doch war Hannah sich ganz sicher, dass ihr Schicksal besiegelt war.
Das Wasser kochte. Mechanisch holte sie einen Teebeutel aus der Schachtel, wollte eine Tasse aus dem Geschirrschrank nehmen und – griff ins Leere. Natürlich! Auch Isobels Alltagsgeschirr war feinstes Spode-Porzellan, hatte ihr also auch nicht gehört.
Hannah goss das kochende Wasser in den Ausguss.
Und jetzt? Was
konnte
sie überhaupt tun? Selbst kündigen, bevor Brenton einen Vorwand fand, sie zu feuern? Versuchen, in eine andere Abteilung der Firma versetzt zu werden?
Sie dachte lange Zeit nach. Dann beschloss sie mit einem Seufzen, die Stufen zum Penthouse hinaufzusteigen.
Cooper war zwar den gesamten Nachmittag im Büro gewesen, aber niemand hätte behaupten können, dass er dort viel zustande gebracht hatte.
Zweifellos hätte er auch an einem guten Tag Schwierigkeiten gehabt, sich auf den vorläufigen Entwurf des jährlichen Geschäftsberichts zu konzentrieren. Aber nach der Szene, die Hannah ihm bei Cicero’s geboten hatte, war so ein staubtrockener Finanzbericht noch weniger dazu geeignet, seine Aufmerksamkeit zu fesseln.
Balken- und Tortendiagramme hatten keine Chance gegen die zornigen grünen Augen, die er ständig vor sich sah. Schlichte Zusammenfassungen von Gewinnen und Verlusten konnten nicht mit der Erinnerung an diese tiefe, fast laszive Stimme konkurrieren.
Das musste er Hannah wirklich lassen. Dieser Abgang hätte Isobel in ihren besten Zeiten Ehre gemacht. Ob er wollte oder nicht, hatte er im Lauf der Jahre so manche Anekdote über Isobel gehört. Denn einige der alten Freunde seines Großvaters waren noch am Leben, und erinnerten sich gerne an ihre Jugendzeit. Seit Cooper zum Vorstand der – von seinem Großvater vor langer Zeit ins Leben gerufenen – wohltätigen Stiftung seiner Familie gehörte, hatte er die meisten von ihnen kennengelernt.
Und Cooper hörte ihnen geduldig zu, denn das war nur ein kleiner Preis für die großzügigen Schecks, die sie der Stiftung übergaben. Inzwischen müsste er eigentlich so ziemlich alle Geschichten gehört haben. Und er zweifelte nicht daran, dass sein Großvater nach Isobels Pfeife getanzt hatte.
Was hatte der alte Herr nur an der Frau gefunden, dass er sich so zum Narren gemacht hatte?
Als ob er nicht wüsste, worin die Anziehungskraft bestanden hatte – purer Sexappeal. Das hatte er ja selbst heute Nachmittag gespürt. Glücklicherweise hatte sich sein gesunder Selbsterhaltungstrieb noch rechtzeitig eingeschaltet. Das Bewusstsein, dass er in Versuchung gewesen war, bestärkte ihn in seinem Entschluss, Hannah die Hochzeitsschatulle wieder abzunehmen. Und zwar ohne etwas dafür zu bezahlen. Sie wusste es noch nicht, aber sie hatte ihre einzige Chance verspielt, etwas für die hölzerne Kiste zu bekommen.
Um ins Treppenhaus zu gelangen, musste Hannah sich an den Arbeitern vorbeischlängeln, die gerade den großen Kleiderschrank aus Isobels Schlafzimmer hinaustrugen. Sie machten schnelle Fortschritte – bei dem Tempo dürfte die Wohnung in einer halben Stunde leer geräumt sein.
Kitty Stephens war verschwunden, und der Mann, mit dem sie vorher diskutiert hatte, hielt jetzt das Klemmbrett. Er sprach Hannah an: “Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, Miss, aber wir haben die Kleidung im hinteren Schlafzimmer auf den Boden gelegt. Es gibt ja keine andere Ablagemöglichkeit mehr.” Hannah nickte nur.
Sie war noch nie zur obersten Etage von “Barron’s Court” hinaufgestiegen.
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