Julia Extra Band 0258
gelungen, Schlaf zu finden. Sie hatte nicht gehört, wie Hugh zurückkam.
Wieder läutete das Telefon. Was ging da vor? Rasch stand sie auf und eilte ins Nebenzimmer, um nach Ivy zu sehen. Sie war fort.
Jos erste Reaktion war, in Panik zu verfallen, aber dann sagte sie sich, dass das albern war. Dennoch wusch sie sich in Rekordzeit, zog sich hastig an und ging nur ganz kurz mit der Bürste durch ihr Haar, ehe sie nach unten stürmte.
Und natürlich hatte keinerlei Grund zur Panik bestanden.
Ivy saß noch in ihrem Schlafanzug am Frühstückstisch, und Hugh half ihr dabei, ein Ei zu köpfen, das in einem knallroten Eierbecher in Hühnerform steckte.
Er schenkte Jo ein eher grimmiges Lächeln, als sie in den Raum trat. „Guten Morgen.“
Ivy winkte fröhlich mit dem Eierlöffel nach ihr. „Wir habenschon ohne dich angefangen.“
„Es tut mir Leid, ich habe verschlafen.“
„Das ist ja auch kein Wunder, wenn man all die Telefonanrufe bedenkt“, sagte Hugh.
Also hatte sie Recht gehabt. Das Telefon hatte diverse Male geklingelt, schon bevor sie wach gewesen war. „Was ist passiert?“
Hugh zuckte mit den Schultern, so als wolle er das Ganze einfach so abtun, doch dann verzog er sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse. „Nimm dir lieber erst eine Tasse Tee, ehe du dem Tag die Stirn bietest.“
„Was soll das heißen?“, fragte sie, während sie die silberne Teekanne hochhob.
Er gab keine Antwort, aber seine grimmige Miene veränderte sich kein bisschen, während er Ivy dabei beobachtete, wie sie ein Stück Toast in ihr weich gekochtes Ei tunkte.
„Komm schon, Hugh, sag mir, was los ist.“ Die besorgte Anspannung in seinen Augen machte Jo allmählich Angst. „Betrifft es mich?“
„Ich fürchte ja.“ Sein Blick wanderte zu einer zusammengefalteten Zeitung auf dem Tisch.
Jo setzte rasch ihre Tasse Tee ab. Plötzlich wurde ihr übel. „Sag nicht, es gibt eine Geschichte in der Zeitung? Priscilla ist zur Presse gelaufen?“
„Mach dir keine Sorgen, es ist ein Haufen Blödsinn. Und dieses Blatt hat einen ganz schlechten Ruf. Niemand beachtet es.“
„Wenn es niemand beachtet, warum gab es dann so viele Anrufe?“
Hugh seufzte und beugte sich zu Ivy herüber. „Poppet, wie wäre es, wenn du noch mal zusammen mit Regina in der Küche frühstückst?“
Sie lächelte verschmitzt. „Und mit Marmaduke?“
„Ja, Marmaduke wird auch da sein.“
„Kann ich mein Ei mitnehmen?“
„Natürlich.“
„Kommt Jo auch mit?“
„Nein, Jo und ich müssen über etwas reden.“
Hughs düsterer Ton bereitete Jo ein flaues Gefühl im Magen. Sobald er mit Ivy den Raum verlassen hatte, griff sie nach derZeitung. Das Papier zitterte in ihren Händen, während sie die Zeitung aufschlug und die Schlagzeilen überflog. Zuerst fand sie nichts außer allgemeinen Nachrichten, doch dann entdeckte sie eine Kolumne – „Nelsons Kolumne“ – auf der linken Seite, und Hughs Name sprang ihr ins Auge.
Sie sank in ihren Stuhl und begann zu lesen.
Der Liebesspross des Lords
Der publicityscheue und angeblich tadellose Lord Hugh Stratland, einziger Sohn des Earls of Rychester, hat nun doch die blütenreine Weste seiner Familie besudelt.
Da er für gewöhnlich keine halben Sachen macht, steht Lord Hugh jetzt im Zentrum eines ausgewachsenen Skandals um den Selbstmord einer verlassenen Geliebten und das plötzliche Auftauchen eines illegitimen Kindes, das er Anfang der Woche aus Australien hergebracht hat.
Offensichtlich hat sich die mächtige und einflussreiche Familie bislang sehr darum bemüht, die Sache geheim zu halten, zumal Stratlands Liebesspross – ein krankes und zerbrechliches kleines Mädchen – schwer entstellt ist.
Nein! Oh Gott, nein! Jo ließ die Zeitung sinken und schlug die Hände vors Gesicht. Wie konnten die etwas so Schreckliches über Ivy schreiben? Das war viel schlimmer als sie befürchtet hatte. Sie war nicht sicher, ob sie es ertragen konnte.
Was mochte wohl noch kommen?
Voller Angst zwang sie sich dazu, weiterzulesen …
Und es hätte ein Familiengeheimnis bleiben können, wenn nicht ein unqualifiziertes australisches Kindermädchen die Kleine bei ihrem ersten gemeinsamen Ausflug in London verloren hätte.
Wie kann ein Kindermädchen beim Besuch eines der exklusivsten Londoner Hotels ein Kind verlieren?
Vermutlich ist es gar nicht so schwierig, wenn das attraktive, aber vollkommen orientierungslose Kindermädchen nur Augen für Lord Hugh hat …
Das Kindermädchen, eine gewisse Jo
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