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Julia Extra Band 0258

Julia Extra Band 0258

Titel: Julia Extra Band 0258 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia James
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beeindruckt.
    „Danke“, er strich über den zierlichen Rahmen und setzte hinzu: „Ich befürchte, sie war hier ziemlich einsam. An diesem Ort lebt man ziemlich isoliert. Das liegt in der Natur der Dinge. Da wurde es ihr ganzer Lebensinhalt, das Haus schöner und schöner zu gestalten.“
    Susan sah ihn an und fand, dass er jetzt ziemlich melancholisch aussah. Sie wusste gar nicht, was sie sagen sollte.
    Als er begriff, dass sie ihn beobachtete, gab er sich schnell wieder lässig und heiter. „Sind Sie schon hungrig?“
    „So langsam könnte ich etwas vertragen.“ Susan nahm jetzt die zweite Fotografie in näheren Augenschein. Sie war größer und zeigte eine Blondine, die etwas Ätherisches an sich hatte und sehr zerbrechlich wirkte – fast so, als sei sie nicht ganz von dieser Welt. Sie kam Susan ein bisschen wie ein Engel vor.
    Sie biss sich auf die Lippe. Das war dann wohl die legendäre Tatiana. Jeder in Portland – wahrscheinlich sogar in ganz Maine – wusste, dass Jake um seine Verlobte trauerte. Sie war eine Woche vor der Hochzeit bei einem Skiunfall ums Leben gekommen.
    Jake beugte sich vor und fuhr nun zärtlich über die Fotografie. Augenblicklich durchfuhr Susan ein ziehender Schmerz in der Magengegend.
    „Das ist meine …“
    „Ich weiß“, flüsterte Susan. „Das ist Tatiana.“
    Sie beobachtete Jake, der die Fotografie traurig betrachtete. „Haben Sie eben etwas gesagt?“, fragte er leise.
    Sie fühlte sich so elend, als habe sie etwas Wichtiges verloren. Aber das war verrückt. Denn dieser Mann hatte ihr ja noch nie gehört. Und sie hatte an so etwas bisher auch noch nicht mal im Traum gedacht.
    Verlegen meinte sie: „Ich sagte, das ist Tatiana.“
    Das überraschte ihn sichtlich, und sie beeilte sich zu erklären: „In ganz Portland kennt man doch die Geschichte.“ Dabei zeigte sie auf die Fotografie.
    „Wirklich? Jeder weiß davon?“
    Es gab Susan einen Stich, dass Tatiana so eine bildschöne Frau gewesen war. Deshalb wandte sie sich ab. „Das muss Ihnen doch klar sein, dass Ihre unglückliche Liebesgeschichte die Leute fasziniert hat, Mr. Merit.“
    Er räusperte sich. „Mr. Merit? Wo bleibt der Jake?“
    Sie kam sich dumm vor und meinte hölzern: „Ich habe Ihnen doch gerade erzählt, dass Sie eine tragische Figur sind. Da war mir danach, die Form zu wahren.“
    „Das ist nicht nötig, Susan, glauben Sie mir.“ Er nahm ihren Arm und führte sie aus dem Salon hinaus.
    „Ich verrate Ihnen jetzt etwas“, erzählte er. „Ich bekomme pro Monat fünf bis zehn alberne Briefe von irgendwelchen Schulmädchen, die von der Geschichte gehört haben und mich mit ihrer Liebe erretten wollen. Wenn die mich einfach Jakenennen – dann darf das meine Expertin für Mineralien auch. Okay, ist alles klar?“
    Obwohl ihr Gespräch über Tatiana bei ihm bestimmt alte Wunden aufgerissen hatte, gab er sich heiter. Und sie bemühte sich, es ihm gleichzutun.
    Munter erwiderte sie also: „Als Mineralogin würde ich sogar sagen, dass alles kristallklar ist.“
    „Das freut mich, Susan!“ Er lachte, und sie schmolz dahin. Eins wurde ihr immer klarer: Dieser August, den sie hier bei Jake verbrachte, würde ein aufregender Monat werden.

2. KAPITEL
    Susan saß an einem langen Esstisch aus Ebenholz. Jakes Vater George leistete ihr Gesellschaft.
    Auf dem Tisch stand feinstes Porzellan, das schwere silberne Besteck glänzte und die Kristallgläser waren bereits mit köstlichem Weißwein gefüllt.
    Dass ihr blaues Kleid und die Strickjacke als Dinnerkleidung nicht der große Hit waren, stand sowieso fest. In dieser gediegenen Umgebung kam sie sich darin allerdings geradezu ungepflegt vor.
    George Merit thronte am Kopfende des Tisches. Mit Smokinghemd, schwarzer Fliege und kastanienbraunem Samtjackett sah er irgendwie fürstlich aus.
    Ein traumhaft schöner Sonnenuntergang hatte vorübergehend alles in ein wunderbar mildes, rosafarbenes Licht getaucht. Inzwischen war es draußen dunkel geworden. Kerzen sorgten nun für einen sanften Schein. Sie wurden von drei schweren silbernen Kandelabern gehalten. Das war wunderbar romantisch. Eigentlich ganz gut, dass Jake nur fünf Minuten bei ihnen hatte bleiben können. Dann war er wegen irgendeiner wichtigen Angelegenheit fortgerufen worden.
    So hatte Susan den herrlichen Sonnenuntergang und den chinesisch zubereiteten Fisch in Gesellschaft von Jakes Vater „genossen“. Seine brummige Miene und seine prüfenden Blicke waren zwar nicht unbedingt das, was man

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