JULIA EXTRA BAND 0261
Vasili. „Haben Sie vor, mich anzugreifen?“
Jetzt wirkte er leicht schockiert. „Natürlich nicht.“
Tina lächelte. „Wenn das so ist … vielen Dank.“
„Sie müssen den Chardonnay probieren“, wechselte er das Thema. „Dimitris Weinkeller ist einer der besten in Vaucluse.“
„Danke, ich trinke nicht.“
„Sie wissen nicht, was Ihnen entgeht“, erwiderte er ungläubig.
Und ob sie das wusste!
Die Vorspeise wurde serviert. Nic füllte ihr Glas mit eisgekühltem Wasser.
„Danke.“
„Du hast eine Eroberung gemacht“, sagte er ruhig.
„Eifersüchtig?“
„Sollte ich?“
Ihre Mundwinkel zuckten. „Ich schätze, ein frisch gebackener Ehemann darf besitzergreifend sein.“
Nic spießte einen Happen auf seine Gabel und hielt sie ihr an den Mund. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihm die Lippen zu öffnen.
„Danke, Darling.“
„Es war mir ein Vergnügen.“
Er war gut. So gut, dass es täuschend echt wirkte. Dennoch, dies blieb ein Spiel … eines, das sie ebenfalls beherrschte. Vasili und sie hatten es oft genug erprobt.
Worin besteht also der Unterschied?, fragte sie sich.
Vasili war wie ein Bruder gewesen, dem sie blind vertraute.
Nic hingegen war ihr ein Rätsel. Unter der Oberfläche verbarg sich mehr, als man ahnte. Wie bei einem Eisberg. Obwohl Eis nicht passte. Vasilis Bruder strahlte eine sexuelle Potenz aus, die jede Frau schwach machen würde.
Aber das war es nicht allein, was sie faszinierte. Es waren seine Augen, dunkel und wissend, die verrieten, dass er Menschen treffsicher einschätzen konnte. Ein erfahrener Mann.
Und als Liebhaber? Instinktiv spürte sie, dass er sich auskannte. Er wusste genau, wie er eine Frau berühren musste, um sie wild zu machen … nur um sie dann aufzufangen, wennsie fiel.
So sollte es doch sein, oder? Zwei Menschen beim Liebesspiel, innig verbunden beim Geben und Nehmen, in dem Bewusstsein, dass das, was sie teilten, nur ihnen allein gehörte?
Tina unterband ihre Fantasien energisch, bevor die erotischen Bilder ihr endgültig den Verstand vernebelten.
An einem festlich gedeckten Tisch, inmitten illustrer Gäste, durfte sie sich solche gedanklichen Eskapaden kaum erlauben!
„Meine Liebe, Sie müssen uns unbedingt verraten, wohin Nic Sie in die Flitterwochen entführen wird.“ Ein glockenhelles Lachen begleitete die Worte.
Tina lächelte schwach. „Zurzeit können wir beide keinen Urlaub nehmen.“
„Natürlich. Aber doch bald, oder?“
Tina wandte sich an Nic. „Die griechischen Inseln wären verlockend, Darling.“
Er hielt ihren Blick fest. „Lass dich von mir überraschen.“
„Ich kann es kaum erwarten“, gurrte sie. Ihre Fassade blieb intakt, als er sie anlächelte und mit den Fingern leicht ihre Wange streichelte.
Tina errötete ungewollt und widmete sich rasch ihrem letzten Bissen.
Das Servierpersonal begann, Teller und Besteck einzusammeln, um den nächsten Gang zu bringen. Jedes Gericht wurde mit einem anderen Wein gereicht. Die Gäste unterhielten sich angeregt, aber Tina kam es wie eine Ewigkeit vor, bis Dimitri endlich die Tafel aufhob und seine Freunde zum Kaffee ins Wohnzimmer bat.
„Müde?“
Tina sah Nic an. „Ein wenig.“
„Wir fahren bald.“
Ohne Verzögerung verabschiedete er sich herzlich von seinen Freunden. Minuten später saß Tina neben ihm im Lexus, und sie fuhren über die Hauptverkehrsstraße nach Rose Bay.
„Du hast jeden bezaubert“, sagte Nic, als sie das Haus betraten. „Ich vermute, ein paar neue Kundinnen sind dir sicher.“
„Meinst du? Freunde verlangen für gewöhnlich einen höheren Preisnachlass als üblich.“ Ungewollt klang sie zynisch und lächelte, um die Wirkung abzumildern. „Ich halte mich an eine feste Preispolitik. Keine Ausnahmen.“
Er hätte nichts dagegen, sie in Aktion zu erleben. Nic unterdrückte ein Schmunzeln. Junge Geschäftsfrau gegen steinreiche Matronen, die knallhart feilschen konnten. Weil sie den Kick brauchten.
Sie betraten das Obergeschoss, und Tina strebte in den Flügel, in dem ihre Zimmer lagen. „Gute Nacht.“
„Du hast etwas vergessen.“
„Was?“ Verwirrt hob sie den Blick.
„Dies.“ Er beugte sich vor und bedeckte ihren Mund mit seinen Lippen. Kurz, aber leidenschaftlich. Dann sah er ihr tief in die Augen.
Ohne dass sie in ihnen hätte lesen können.
„Gute Nacht.“
Nic ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Tina stand da wie erstarrt. Was war das gewesen?
Ein freundschaftlicher Gutenachtkuss?
Klar. Und Ferkel
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