JULIA EXTRA BAND 0261
ihr letzter Anruf gewesen war. Doch diesmal war sie entschlossen, sich nicht abwimmeln zu lassen. Es handelte sich schließlich um einen Notfall.
Zuerst antwortete ein Mann, dann bekam sie endlich ihre Zwillingsschwester an den Apparat.
„Rebecca? Hier ist Rachel. Es geht um Granpa William. Ich … ich fürchte, er liegt im Sterben.“
Vor Schreck hielt ihre Schwester den Atem an.
„Ich bitte dich, nimm das nächste Flugzeug, und komm hierher. Ich weiß nicht, wie lange er noch leben wird. Und wenn er nächste Woche stirbt und du nicht bei ihm bist, würdest du dir das sicher nie verzeihen.“
Einen Moment lang versagte ihr die Stimme. Dann fuhr sie fort: „Ich habe mir nie verziehen, dass ich es damals bei Mutter nicht rechtzeitig geschafft habe. Heute Abend hat Großvater über dich gesprochen. Er will dich sehen. Bitte, komm so schnell, wie du kannst.“
Während sie noch auf die Antwort wartete, hörte sie erneut die Stimme des Mannes.
„Rachel? Hier spricht Mitch Tucker. Ich werde dafür sorgen, dass Ihre Schwester das nächste Flugzeug nimmt.“
„Vielen Dank, Mr. Tucker. Ihre Familie braucht sie jetzt.“ Wer immer er auch sein mochte, sie war ihm sehr dankbar.
Dann ließ sie sich aufs Bett fallen und weinte bitterlich. Der Gedanke, dass ihr Großvater bald sterben würde, war unerträglich.
Es war einfach zu viel – dieser drohende Verlust und das Ende ihres Traums.
Ein Traum, der vielleicht zu schön gewesen war, um wahr zu sein. In Wirklichkeit hatte Luc die ganze Zeit um seine Frau getrauert, die zwischen Leben und Tod schwebte.
Drei Jahre war er jeden Morgen zu ihr ins Krankenhaus gefahren, ohne dass irgendjemand das von ihm erwartet hätte …
„Guten Abend, Sir. Willkommen im Bella Lucia. Speisen Sie allein, oder erwarten Sie noch jemanden?“
Luc erfasste das Interieur mit einem Blick. Vom Foyer aus führte die linke Tür in den Speisesaal und die rechte in die Bar.
„Ich möchte nichts essen, vielen Dank. Ich habe einen Termin mit Ihrer Einkäuferin, Miss Valentine.“
„Verstehe. Wie ist Ihr Name? Dann kann ich sie von Ihrem Eintreffen unterrichten.“
„Das wird nicht nötig sein. Sie meinte, ich könnte einfach zu ihr ins Büro gehen. Vielen Dank!“
Damit ging Luc den Korridor hinunter, als ob er sich in dem Restaurant auskannte. Aber es war ihm egal, wie viele Lügen er erzählen musste. Hauptsache, er konnte mit Rachel sprechen.
Als er sie nicht hinter der Bar entdeckte, ging er einfach weiter. Es gab mehrere Türen, aber nirgendwo hingen Schilder.
Weil er irgendwo anfangen musste, öffnete er eine Tür, doch die Einrichtung des Büros verriet ihm nichts über die Person, die hier arbeitete. Allerdings entdeckte er eine Flasche Chartier-Riesling auf dem Schreibtisch.
Hinter der nächsten Tür wurde er fündig. Auf diesem Schreibtisch standen mehrere gerahmte Fotos, unter anderem von der jungen Rachel mit ihrer Zwillingsschwester. Er ging davon aus, dass sie noch einmal ins Büro kam, bevor sie nach Hause fuhr; also wartete er.
Heute war Montag, vor zwei Tagen hatten sie sich zum letzten Mal gesehen.
Plötzlich hörte er Stimmen und stand schnell auf. Im nächsten Moment stieg ihm der Duft ihres Parfüms in die Nase. Ein schwacher Rosenduft, der auch noch in seiner Kleidung und der Bettwäsche hing.
Weil er sich hinter die Tür stellte, entdeckte sie ihn nicht gleich.
„Rachel?“
Sie drehte sich um und sah ihn entgeistert an. Wie viel blasser sie in den zwei Tagen geworden war. Selbst ihre Augen wirkten grau, das träumerische Blau, an das er sich so gut erinnerte, war verschwunden.
Sie wirkte krank. Das erschreckte ihn.
Ein größerer Kontrast zu ihrem letzten Treffen, wo sie in seinem Bett gelegen und wie das blühende Leben ausgesehen hatte, ließ sich kaum denken.
„Was willst du hier? Du verschwendest nur deine Zeit“, sagte sie ausdruckslos und ging zu ihrem Schreibtisch.
„Wir müssen reden. Meine Mutter hat mir gesagt, was passiert ist. Du hättest wissen sollen, dass es dir nichts nützt, nicht auf meine Anrufe zu reagieren.“
Ungerührt sah sie ihn an. „Und du hättest wissen müssen, dass du mich in Frieden lassen sollst, nachdem ich nicht darauf reagiert habe.“
„Nach allem, was wir miteinander erlebt haben, kann ich das einfach nicht akzeptieren.“
„Ich gebe zu, wir haben eine besondere Nacht miteinander verbracht. Aber das ist vorbei.“
„Es war viel mehr, und das weißt du auch. Paulette und ich leben seit drei Jahren
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